Zweibrücken Ein Zweibrücker Patient über Leukämie: Passender Spender ist einzige Rettung

Thorsten Siegrist und seine Frau Janine; die beiden Kinder sind bewusst nur von hinten zu sehen.
Thorsten Siegrist und seine Frau Janine; die beiden Kinder sind bewusst nur von hinten zu sehen.

Thorsten Siegrist braucht zum Überleben eine Stammzellenspende. Der 44-Jährige aus Rimschweiler hat Leukämie, in einer Form, die mit keiner anderen medizinischen Behandlung in den Griff zu kriegen ist. Da bisher kein Spender gefunden wurde, gibt es am Sonntag, 22. September, eine Typisierungsaktion.

Sitzt man mit Thorsten Siegrist zuhause an seinem Esstisch, sieht und merkt man ihm die lebensbedrohliche Krankheit nicht an. Ihm gehe es zurzeit körperlich einigermaßen gut, sagt der junge Vater. Eine Spritzentherapie und Eisenzufuhr schlügen gut an, „die Erschöpfungszustände sind weniger geworden“. Die Medikamente helfen akut, bekämpfen die Symptome, heilen können sie ihn nicht. Thorsten Siegrist ist darauf angewiesen, dass sich ein genetischer Zwilling findet, also jemand, der in entscheidenden Gewebemerkmalen mit ihm übereinstimmt und ihm Stammzellen spendet. Bis dieser jemand gefunden ist, macht die Familie auch emotional jeden Tag eine Achterbahn durch, schwankt zwischen Verzweiflung und Hoffnung.

Der an Blutkrebs Erkrankte und seine Frau Janine (39) sind keine scheuen Menschen, aber auch keine, die gerne im Fokus stehen. „Die Sache mit der Typisierungsaktion kostet uns Überwindung. Aber wir müssen ja einen Spender finden, und da geht es nicht ohne Öffentlichkeit“, sagt Janine, die, ebenso wie ihr Mann, sehr ruhig und gefasst wirkt beim Gespräch und ihre Worte klar wählt. Das Paar hat zwei Kinder, eine 14-jährige Tochter und einen zehnjährigen Sohn, die sie vor der Aufmerksamkeit, die der Familie nun zwangsläufig zuteil wird, etwas abschirmen wollen.

Thorsten Siegrist erzählt, dass er immer schon sportbegeistert war. 30 Jahre lang habe er Fußball gespielt, als er damit aufhörte, sei er mehrere Halbmarathons gelaufen. Als die Siegrists 2019 nach Rimschweiler zogen, wo sie ein Haus gekauft hatten, „da hat mich ein netter Nachbar gleich mitgeschleppt zum TuS Rimschweiler“, wo er dann ein gutes Jahr lang regelmäßig bei den Alten Herren trainiert und gespielt habe. Dann habe er sich an der Achillessehne verletzt, parallel etwa zur Coronazeit, und deshalb längere Zeit pausiert.

Mit „null Kondition mehr“ fing es an

Als die Verletzung auskuriert und Corona vorbei war, fing der gebürtige Kirrberger wieder an mit Laufen und Fußball. Trainingsziel war ein Marathon, zum Fußball sei er wegen der netten Gesellschaft gegangen. Beim Sport habe er nun immer wieder bemerkt, „dass ich null Kondition mehr hatte“. Er habe das auf die lange Pause und sein Alter geschoben, zu diesem Zeitpunkt noch darüber gewitzelt. „Im Oktober 2022 hätte ich dann draufkommen können, dass mit mir was nicht stimmt“, meint er im Rückblick. Er sei mit dem Mann seiner Cousine laufen gewesen, „und schon nach ganz kurzer Zeit musste ich abbrechen, weil es mir richtig schlecht ging“. Er sei völlig erschöpft und außer Atem gewesen.

Statt zum Arzt zu gehen, habe er noch eine Sportpause eingelegt. Zu dieser Zeit ließen seine Kräfte immer mehr nach, erinnern sich die Siegrists. „Er kam von der Arbeit heim und musste sich direkt ausruhen, war immer kolossal müde“, so Janine Siegrist. Bei einem weiteren Laufversuch habe er sich nach zwei Kilometern auf dem Weg nach Althornbach in die Wiese setzen müssen, weil sein Kreislauf verrücktspielte. Doch noch immer schob er das alles auf seine mangelnde Kondition.

Die körperlichen Beschwerden wurden mehr. Nach Wanderungen im Österreich-Urlaub in den Sommerferien 2023 bekam Thorsten Siegrist geschwollene Füße. Im September sei er bei einer Einladung abends um halb acht beinah am Tisch eingeschlafen, erzählt seine Frau. „Da habe ich gesagt, du gehst jetzt zum Arzt, du hast bestimmt Eisenmangel.“ Bei einem weiteren Joggingversuch kollabierte Thorsten Siegrist fast, bevor er im Oktober 2023 zum Arzt ging, wo das kleine Blutbild eine Blutarmut anzeigte. Dabei sollte es nicht bleiben.

Die Diagnose war ein Schock

Nach einem großen Blutbild lag der Verdacht auf Leukämie nah. Das erfuhr das Paar telefonisch, als es gerade mit einer von Janine geleiteten Jugendgruppe im Europapark war. „Ich weiß heute nicht mehr, wie wir den Tag dort rumgebracht haben“, erinnert sich Janine. Es sei ein Schock gewesen. Die gesicherte Diagnose hätten sie dann am 9. Dezember 2023 erhalten, und nach einer Knochenmarkpunktion stand fest, dass es sich um ein Myelodysplastisches Syndrom (MDS) handelt, bei dem sich veränderte blutbildende Zellen im Knochenmark entwickeln. Und diesem kann man nur mit einer Stammzellspende begegnen.

Über das DKMS wurde eine weltweite Suche gestartet, doch bislang kein passender Spender für Thorsten Siegrist gefunden. Es gehe jetzt also darum, möglichst viele Menschen, die noch nicht typisiert sind, zu aktivieren. Das könne man am 22. September in Rimschweiler tun oder auch über ein Typisierungsset, das einem das DKMS zuschickt.

Zwischen Hoffen und Bangen

Der Bankangestellte und seine Frau – sie leitet den Dialyse-Standort Zweibrücken im Nardini-Klinikum – sind seit Langem unzertrennlich. Die 39-jährige Janine kommt aus Reichweiler bei Kusel. Kennen gelernt hat sie Thorsten aus Kirrberg, als sie an der Uniklinik Homburg ihre erste Ausbildung zur Krankenschwester machte und ein Zimmer im Wohnheim hatte, die Nummer elf. Direkt gegenüber in der 13 wohnte der damalige Zivi Thorsten. „Ja, und so fing das dann an“, sagt Janine, und die beiden lächeln sich an. Sie heirateten, bekamen zwei Kinder, fanden in Rimschweiler ihr Traumhaus, wie sie sagen, und haben Freundschaften am neuen Wohnort geschlossen. „Alles war so, wie wir es wollten, wir waren angekommen im gemeinsamen Leben“, sagt Thorsten.

Jetzt müssen beide und die Kinder mit Thorstens lebensbedrohlicher Krankheit klarkommen. „Wir stehen das zusammen durch“, bekräftigen sie. „Sie ist eine Kämpferin“, sagt Thorsten, „und er ein Optimist“, ergänzt Janine. Die Siegrists hoffen inständig auf die einzige Chance die Thorsten zum Überleben hat: das Finden eines passenden Stammzellenspenders.

 

Typisierungsaktion

Am Sonntag, 22. September, findet in der Kultushalle Zweibrücken-Rimschweiler von 11 bis 16 Uhr eine Typisierungsaktion des DKMS statt. Es gibt Gegrilltes, Getränke und Kuchen, der Erlös wird gespendet. Von 11 bis 12 Uhr spielen und singen die Zweibrücker Musiker Sabine Deller und Volker Siener.

Wer darf spenden?

Grundsätzlich kann jeder im Alter zwischen 17 und 55 Jahren als potenzieller Stammzellspender registriert werden. Registrierte 17-Jährige dürfen dann zwar noch keine Stammzellspenden spenden, werden aber ab dem 18. Geburtstag automatisch in der DKMS-Datei aktiviert und bei der Suche nach Spendern entsprechend berücksichtigt. Es gibt auch einige Ausschlusskriterien, sie sind einsehbar auf der DKMS-Homepage dkms.de. Hier kann man auch online ein kostenfreies Registrierungsset anfordern.

 

Wie läuft eine Stammzellspende ab?

Ist ein passender Spender gefunden, wird zu 90 Prozent die periphere Stammzellentnahme angewandt. Das heißt: Die Stammzellen werden aus dem Blut gewonnen. In beiden Armvenen wird dazu jeweils ein Zugang gelegt. Zuvor nehmen Spender fünf Tage lang ein Medikament mit dem Wachstumsfaktor G-CSF ein. Der hormonähnliche, körpereigene Stoff sorgt für eine vermehrte Produktion von Stammzellen und deren Ausschwemmung in die Blutbahn. Die periphere Stammzellentnahme dauert in der Regel drei, höchstens fünf Stunden. Bei etwa zehn Prozent der Stammzellspenden kommt die Knochenmarkentnahme zum Einsatz. Hier wird dem Spender in einer zertifizierten Klinik unter Vollnarkose Knochenmark-Blut-Gemisch aus dem Beckenkamm entnommen. Im Anschluss ist es möglich, dass für wenige Tage ein lokaler Wundschmerz auftritt, ähnlich dem bei einer Prellung. Zur Knochenmarkentnahme bleiben Spender ein bis zwei Nächte in der Klinik. Das gesundheitliche Risiko der Knochenmarkentnahme ist gering. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf das allgemeine Risiko, das mit jeder Operation unter Vollnarkose einhergeht

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