Zweibrücken Entscheidung ist gefallen: Bei Tadano wird gestreikt
Am Donnerstagmorgen beginnt um 4.30 Uhr in den beiden Zweibrücker Tadano-Werken der unbefristete Streik. Bei der Urabstimmung am Dienstag und Mittwoch haben 92,95 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten für den Arbeitskampf gestimmt. Mit dem Ausstand soll die Geschäftsführung gezwungen werden, ihre Werksschließungs- und Entlassungspläne aufzugeben. An der Urabstimmung teilnehmen durften alle Beschäftigten, die Mitglieder der IG Metall sind. Das gilt für gut 90 Prozent der Tadano-Mitarbeiter in Zweibrücken. Laut Gesetz darf nur dann gestreikt werden, wenn mindestens 75 Prozent der abgegebenen Stimmen mit Ja votiert haben.
Salvatore Vicari, Bevollmächtigter der IG Metall, kündigt für Donnerstag Protestzüge durch die Innenstadt und eine Versammlung im angemieteten Streikbüro im ehemaligen City-Outlet an. Dort tragen sich die Streikenden in Listen ein, damit sie ihr Geld für im Arbeitskampf ausgefallenen Lohn beantragen können.
Kritik von der Geschäftsführung
Die Geschäftsführung nennt den Arbeitskampf „vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens unverantwortlich“. Der unbefristete Streik werde die finanzielle Situation der Tadano Demag GmbH noch weiter verschlechtern.
Bereits am Vormittag war Vicari davon ausgegangen, dass die Zustimmungsrate „91 Prozent Minimum“ betragen werde. „Noch am Dienstagabend um 18.30 Uhr hatte die Geschäftsführung die Belegschaft aufgerufen, in der Urabstimmung mit Nein zu votieren. Dabei war um diese Zeit die Messe schon längst gelesen.“ Denn wie Gewerkschaftssekretär Uwe Zabel am Mittwochmorgen sagte, war „das gesetzliche Quorum von 75 Prozent Ja-Stimmen für den Streik auf jeden Fall schon frühzeitig erreicht“ worden.
Geschäftsführung kommt nicht zurück
Um den Tadano-Mitarbeitern Zeit zur Teilnahme an der Urabstimmung und zum Einwerfen ihrer Wahlzettel in die Urnen zu geben, hatte der Betriebsrat am Dienstagmittag eine Betriebsversammlung in der Zweibrücker Festhalle bis zum Folgetag unterbrochen. Als diese Zusammenkunft am Mittwochmorgen fortgesetzt wurde, glänzte die Riege der Geschäftsführung um Europa-Chef Kenichi Sawada durch Abwesenheit. Der Betriebsratsvorsitzende Eduard Glass bedauerte dies: „Das ist sehr schade. Denn laut Tagesordnung wäre jetzt eigentlich der Bericht der Geschäftsführung zur wirtschaftlichen Situation an die Reihe gekommen. Das wäre die Gelegenheit gewesen, uns endlich mal ein klares Zahlenwerk vorzulegen. Denn seit Monaten heißt es immer nur schwammig, dass die Lage sehr schlecht wär’. Und auch die Frage, warum von den drei defizitären Tadano-Werken in Europa nun ausgerechnet der modernste Standort auf dem Wallerscheid geschlossen werden soll, wurde uns bis heute nicht beantwortet.“
Am Dienstag, im ersten Teil der Betriebsversammlung, war Kenichi Sawada in der Festhalle noch zugegen. In einem Redebeitrag sprach er dort von „neuen Berechnungen“, laut derer man bei Tadano in Zweibrücken „die Gesamtzahl der bisher veranschlagten gut 400 Aufhebungsverträge und betriebsbedingten Kündigungen auf 300 reduzieren“ könne. Und Beschäftigte, die bis November freiwillig zum Ausscheiden bereit seien, dürften mit höheren Abfindungen rechnen.
Müssen „nur noch“ 300 Mitarbeiter gehen?
Eduard Glass bezeichnet dies als „wundersame Reduzierung“ der Entlassungszahlen: „Dass jetzt auf einmal die Zahl 300 im Raum steht, hängt damit zusammen, dass befristete Verträge ausgelaufen sind und viele Kollegen von sich aus gekündigt haben. Die Zahl 300 bedeutet also kein Entgegenkommen der Geschäftsführung, sondern ist einfach die Folge davon, dass Menschen schon gegangen sind.“
Um eine stärkere Position zu erlangen, sei der Betriebsrat auf die fachliche und logistische Hilfe der Gewerkschaft angewiesen. „Urabstimmung und Streik sind uns nur mit der IG Metall möglich“, betont Glass. „Als die Geschäftsführung im Februar ihre Pläne offenlegte, das Werk Wallerscheid zu schließen, 400 Mitarbeiter zu entlassen und Produktionsteile auszulagern, hätten wir als Betriebsrat höchstens über einen Interessensausgleich und einen Sozialplan verhandeln können. Dann wären heute die Kündigungen schon längst ausgesprochen. Aber dass diese Belegschaft fest entschlossen und bereit ist, um ihre Arbeitsplätze zu kämpfen, damit hat die Geschäftsführung nicht gerechnet. Wann erkennen die endlich, dass es statt Kündigungen viel besser wäre, im Miteinander mit diesen hochmotivierten Mitarbeitern die Firma nach vorne zu bringen? Angebote, die Krise gemeinsam zu überwinden, haben wir genug gemacht.“
Betriebsrat: „Mit Schutzschirmverfahren gesundgestoßen“
Vorwürfe an die Chefetage erhebt ein anderes Betriebsratsmitglied: „Die haben sich mit dem Schutzschirmverfahren saniert und gesundgestoßen. Aber in den drei Jahren, die seitdem vergangen sind, ist überhaupt nichts mehr passiert, um die Zweibrücker Werke voranzubringen. Die Kahlschlag-Pläne, die uns jetzt präsentiert werden, kommen nicht von der Tadano-Zentrale aus Japan. Die kommen hier aus dem Management in Zweibrücken, das versagt hat und jetzt versucht, seine Haut zu retten.“ Die Verantwortlichen vor Ort träten ihre „Fürsorgepflicht mit Füßen“ und hätten jegliches Vertrauen verspielt. Daher müsse „das Management ausgetauscht werden“.
Ein Tadano-Kollege erzählte am Mittwoch, dass er bis in die 1990er-Jahre in einem Bergwerk gearbeitet hatte. „Damals haben wir am Schluss auch gestreikt, sind mit Bussen nach Bonn gefahren. Aber damals, in der Bergbaukrise, haben die Arbeitgeber immer mit offenen Karten gespielt und uns ihre Zahlen vorgelegt. Hier bei Tadano ist ein Austausch auf Augenhöhe anscheinend nicht möglich.“