Zweibrücken Euroclassic-Festival: Wenn die Pferde der Musik den Rang ablaufen
Zweieinhalb Stunden, 20 Nummern, sieben Musiker, zwei Moderatoren und viele Pferde in verschiedenen Konstellationen – das bietet die Pferde-Gala beim Euroclassic-Festival am Samstag, 14. September, 19.30 Uhr, im Zweibrücker Landgestüt. Der musikalische Kopf ist – wie 2019 – der Saarbrücker Wolfgang Mertes (58), Violinist, Erster Konzertmeister des Saarländischen Staatsorchesters seit 1999, Arrangeur, Wanderer zwischen Klassik und Jazz und Crossover-Projekten.
Was reizt ihn daran, Musik für Pferde aufzuführen? „Die Kombination von Pferdeshow und Livemusik hat Herausforderungen, die man sonst nicht hat. Man muss auf die Tiere reagieren. Wir können nicht einfach aufhören zu spielen, wir müssen schauen, wie lange muss das Stück sein, vielleicht sind die Tiere noch nicht fertig. Wir müssen jedes Stück so planen, dass wir es vielleicht ad hoc verlängern oder verkürzen können. Diese Optionen sind wahnsinnig spannend.“
Welturaufführungen
Wir, das sind die Musiker der Gruppe The Yellow Cello (Potsdam/Saarbrücken), zu der Mertes auch gehört. Man kennt sie, weil sie häufiger schon im Saarländischen Staatstheater spielte. Für diese Besetzung hat Mertes vieles neu arrangiert, so dass selbst Klassiker wie Bizets „Carmen“-Ouvertüre, Mozarts Divertimento in D-Dur (dazu gibt es keine Pferde-, sondern eine Hunde-Comedy-Nummer von Leonid Beljakow) und der „Sommer“ aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ anders klingt als man es gewohnt ist.
Der Cellist kommt tatsächlich mit einem gelben Cello und Mertes spielt auf einer schwarzen Hybridgeige (mit Tonabnehmer), damit er sich auf der Bühne frei bewegen und die Einsätze geben kann. Den Löwenanteil des Musikprogramms macht Filmmusik aus – vom „Fluch der Karibik“ über „Der mit dem Wolf tanzt“ (zu Reitern der Kavallerie mit US-Flagge), „Game of Thrones“ (Dressurquadrille des Reitvereins Gersweiler aus dem Saarland) bis zu „Schindlers Liste“, einer der beiden Titel, wo die Musiker allein spielen ohne Pferde oder andere Tiere. „Vieles ist eine Welturaufführung“, freut sich Mertes.
Wind untern Ballontuch
Extra für die Pferde-Gala hat Mertes auch Mozart umgewidmet: den letzten Satz aus der 40. Sinfonie. „Davon habe ich die Melodie genommen und als Salsa arrangiert.“ Dazu gibt es „Atlantis“, die wohl spektakulärste Nummer der Show, freut sich Marion Müller, die Geschäftsführerin des Landgestüts.
Tatjana Früh und Sandra Fass (aus Heimsheim bei Stuttgart) kommen mit zwei Friesen, das sind schwarze Pferde: „Ernie ist 18 und hat eine Mähne, die bis zum Boden reicht, Julius ist zehn. Die Pferde mit ihren Reiterinnen bewegen sich auf einem Ballontuch. Das ist so groß wie drei Viertel der Halle. Dann wird Wind unter das Ballontuch geblasen – das sieht so aus, als würden die Pferde auf dem Wasser reiten. Das steigert sich, bis die Pferde komplett unter dem Tuch sind – und schließlich wieder herauskommen. Das ist die höchste Stufe des Vertrauens, das ein Pferd zu seinem Reiter haben kann“, erläutert Müller, man dürfe ja nicht vergessen, dass Pferde Fluchttiere seien, führt Müller hinzu, die zusammen mit Kulturamtsleiter Thilo Huble den Abend moderiert. Ihr ist es wichtig, dass auch Amateure mitwirken – dafür sorgt auch Resi Dangl, die Showmanagerin. Beide Frauen waren schon 2019 bei der ersten Euroclassic-Pferde-Gala dabei – wie Wolfgang Mertes (damals allerdings mit einem klassischen Kammerorchester).
Nicht nur Pferde
Die Pferdeteams haben mit Youtube-Videos der Musikstücke geübt, die Mertes vorschlug. Live ist dann alles anders. Denn es gibt keine gemeinsame Probe, der Abend ist spontan. Dass die Pferde, die statt einer Kutsche eine 230-Liter-Mülltonne hinter sich herziehen, punktgenau mit dem letzten Ton des „Säbeltanzes“ enden, kann nicht erwartet werden. „Schlimm ist es, wenn man mit der Musik früher fertig ist als die Pferde, dann wiederholen wir noch einmal eine Passage“, erklärt Mertes. Einige Stücke waren schon 2019 dabei, wie „Palladio“, eine Komposition, die jeder im Kopf hat, weil sie im Fernsehen mal Werbung für Diamanten war.
Fünf bis sieben Minuten ist jedes Stück lang. Die Pferde sind auf einer 63 mal 20 Meter langen Fläche unterwegs, die Bühne mit den Musikern steht in der Mitte. Für Abwechslung zwischen den Dressuren und Sprüngen der Pferde sorgen eine Western-Show mit Lasso, Comedy-Nummern mit Hunden und die fünf Adler der Greifvogelstation Hellenthal (Eifel), die zu Brahms’ „Ungarischen Tänzen“ durch die Halle fliegen.
Info
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