Wochenend-Meinung Flüchtlingsunterkünfte: Noch mehr Ausreden

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Es kommt einem vor, als würden ständig neue Ausreden gesucht, warum die Betonhäuschen auf dem Flugplatzgelände auf gar keinen Fall ihrer ursprünglichen Bestimmung zugeführt werden können: Menschen, die auf der Flucht sind oder aus anderem Grund ihr Zuhause verloren haben, vorübergehend eine ordentliche Unterkunft zu bieten. Als die Hochwasserhilfe sie 2021 für Flutopfer im Ahrtal abrufen wollte, hieß es erst, sie seien gar nicht angefordert worden, dann, als das nicht mehr zu halten war, dass ihr Transport zu kompliziert gewesen wäre. Letzteres bestreitet die Hochwasserhilfe vehement.

Aktuell kommen verstärkt Flüchtende aus der Ukraine nach Deutschland, und mancherorts werden die Notunterkünfte knapp. Da drängt sich wieder die Frage auf, warum man nicht auf die seit 2016 leerstehenden, nagelneuen, weil so gut wie nie bewohnten und auch von der Bundespolizei bisher nicht genutzten Shelter vom Zweibrücken Flughafen zurückgreift. Die Antwort diesmal: Weil sie zu alt sind und von der Konstruktion her nicht passen.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die Betonteile für die Häuschen wurden 2015 gegossen und 2016 in Zweibrücken zusammengesetzt. Es handelt sich also nicht um marode Bruchbuden aus dem vorigen Jahrhundert, sondern um Bauten, die noch keine zehn Jahre alt sind. Und was die Konstruktion angeht: Es sind keine Räume, die ursprünglich für einen ganz anderen Zweck gebaut wurden, sondern sie wurden exakt dafür konstruiert, dass Menschen darin menschenwürdig wohnen können.

Die Beton-Shelter hat der Bonner Ingenieur Peter Görgen entworfen, als Alternative zu Turnhallen, Zelten, Containern und sonstigen Behelfsunterkünften. Auch die Doppelhäuschen auf dem Flugplatz – eine Hälfte hat eine Grundfläche von rund 15 Quadratmetern – wurden als Notunterkünfte aufgebaut, die zwar nicht groß sind, aber immerhin ein bisschen Privatsphäre bieten, abschließbare Türen haben. Dach und Außenwände sind wärmegedämmt, Anschlüsse für Heizung und Strom vorhanden. Allemal besser als im Zelt Feldbett an Feldbett zu schlafen. Und es wurde 2016 mehrfach erwähnt, wie praktisch die Häuschen seien, jederzeit leicht ab- und woanders wieder aufzubauen.

Wo also liegt das Problem? Es bleibt rätselhaft. Auch dem Hersteller fällt kein einziger Grund ein, warum die Häuschen nicht beziehungsweise nicht mehr zur Unterbringung von Menschen geeignet sein sollten.

Es verfestigt sich der Eindruck: Mit diesen Notunterkünften will sich schlicht keiner mehr rumärgern, der Bundespolizei wurden sie vom Land nur überlassen, damit man in Mainz Ruhe hat. Dass die Bundespolizei sie wirklich braucht, ist schwer vorstellbar. Wäre dem so, hätte sie sie in den vergangenen fünf Jahren längst abgeholt.

Sigrid Sebald
Sigrid Sebald
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