Saarbrücken The Gaslight Anthem begeistern in der ausverkauften Garage

Brian Fallon ist der kreative Kopf und die Stimme der US-Band The Gaslight Anthem.
Brian Fallon ist der kreative Kopf und die Stimme der US-Band The Gaslight Anthem.

Nach zehn Jahren ist der Songwriter Brian Fallon mit seiner Punkrock-Band The Gaslight Anthem wieder in Saarbrücken aufgetreten, in der ausverkauften Garage. Bei dem Konzert faszinierte aber auch die Vorband.

„Support“ steht ganz klein unten auf den Plakaten. Und ganz klein ist meist auch das Interesse des Publikums an diesen Bands, die im Vorprogramm der Künstler auftreten, für die sich die Besucher eigentlich die Karten gekauft haben. Doch es gibt immer wieder positive Überraschungen. War es in der Saarbrücker Garage vor zwei Wochen der Country-Songwriter Corb Lund als Support von The Dead South, so war es an gleicher Stelle am Sonntag das US-Quintett Spanish Love Songs.

Dabei haben die Musiker alles andere als zu Herzen gehende, romantische Liebeslieder zu bieten. Der Name könnte nicht irreführender sein, denn hinter den Love Songs verbirgt sich eine Punk-Band aus Los Angeles mit druckvollen Sounds und Texten über Beklemmung und Selbstzweifel. Sängers Dylan Slocum beschreibt seine Mittzwanziger anhand von Songs über Apathie, Angst und eine langsam zerfallende Ehe, begleitet von schnellen Drums. Zuweilen wird es dann aber auch geradezu hymnisch, wenn Slocum versucht, positive Wege zu finden, um mit dem Leben umzugehen. Ihren ganz eigenen, typischen Bandsound verdankt die Gruppe der Keyboarderin Meredith Van Woert, die immer wieder genrefremde Elemente einbringt. Mit zehn Songs schaffen es die Kalifornier bei ihrem Saarland-Debüt, die Besucher zu begeistern, von denen sich viele nach dem Auftritt mit einem Run auf den Souvenir-Stand bedanken.

Vorliebe für gelebte Poesie

Doch damit nicht genug in der ausverkauften, zur Sauna aufgeheizten Garage, wo The Gaslight Anthem zuletzt vor genau zehn Jahren zu Gast war. 2010 und 2022 spielten Sänger Brian Fallon und seine Mannen zudem in Püttlingen beim Festival Rocco del Schlacko.

Spätestens nach seinem Solo-Album 2020 verkündete Fallon, die Band bestehe zwar weiter, gebe auch Konzerte, veröffentliche aber keine neuen Songs mehr. Im Oktober vergangenen Jahres dann die Überraschung: Neun Jahre nach „Get Hurt“ erscheint „History Books“ und klettert in Deutschland bis auf Platz 13 der Charts. Es enthält zehn neue Songs mit Texten, die Fallons Vorliebe für gelebte Poesie wieder einmal auf den Punkt bringen – Texte über Vergänglichkeit, Transzendenz und den unausweichlichen Schmerz des Lebens. Sechs der zehn Songs des neuen Albums stehen dann auch auf dem 21-teiligen Programmzettel des Saarbrücker Konzerts, dem letzten von fünf Auftritten in Deutschland. Es sind Songs, die ganz in der Tradition der Band alles von Sterblichkeit über Geisteskrankheiten bis hin zu den prekären Dimensionen menschlicher Beziehungen erkunden. Sie sind schwer, nachdenklich, voller Metaphern und Doppeldeutigkeiten und bringen das Kunststück fertig, jeden Nerv zu treffen und gleichzeitig zum Mitsingen zu animieren.

Zusammenarbeit mit dem Boss

Ist das Publikum zunächst noch etwas verhalten, vielleicht überrascht von der Wucht, mit der die Punkrocker mit ihrem Hit „45“ loslegen, so erklingt doch zum Finale mit den Nummern „Pet Sematary“, „Mae“, „Great Expectations“ und vor allem dem Klassiker „The `59 Sound“ ein vielstimmiger Chor, in den sich sogar die sich im Foyer ausruhenden Besucher einreihen.

Vor diesem Schluss-Quartett steht „History Books“ auf der Setliste, der Song, der dem neuen Album seinen Namen gab und mit dem Bruce Springsteen, der Rock-Altmeister aus New Jersey, seine Landsleute adelte und den oft gebrauchten Vergleichen Fallons mit ihm neue Nahrung gibt. So geht die Anregung zu dem Song auf Springsteen zurück, der bei den Aufnahmen dann auch den Leadgesang in der zweiten Strophe übernahm.

Herz auf der Zunge

Das Thema ist ergreifend, Fallon denkt über die Verbindungen und Bekanntschaften seines Lebens nach, die er vielleicht hinter sich lassen möchte. Das nimmt spätestens dann einen besonders eindringlichen Ton an, wenn es aus Springsteens Mund kommt, der in den vergangenen Jahren viel Zeit damit verbracht hat, über sein eigenes Vermächtnis und seine Karriere nachzudenken – und sich damit auseinanderzusetzen.

Als Songwriter hat Fallon schon lange bewiesen, dass er in der Lage ist, das Herz auf der Zunge zu tragen und seit seinen Jahren im Punkrock-Keller so zu reifen, dass immer mehr Zuhörer gewinnt – so war nicht nur das Saarbrücker Konzert, sondern die komplette Tournee durch Deutschland ausverkauft.

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