Fischerei Eine Krabbe bedroht nicht nur „Spaghetti alle vongole“

Soll nun selbst gegessen werden: Ein italienischer Fischer zeigt seinen Fang von Blaukrabben vor.
Soll nun selbst gegessen werden: Ein italienischer Fischer zeigt seinen Fang von Blaukrabben vor.

Italiens Fischer sehen die Muschelproduktion durch die Blaukrabbe bedroht. Diese eingeschleppte Art entwickelt sich besonders im Mittelmeer zur Plage.

Italien sieht sich in diesem Sommer mit einer Blaukrabben-Plage konfrontiert. Fischer, Umweltschützer und Politiker warnen vor der Ausbreitung des sich schnell vermehrenden Schalentiers, das dort früher nicht heimisch war. Die Krabben können das ökologische Gleichgewicht beeinträchtigen und richten bereits beträchtliche Schäden unter Fischen und bei der Muschelzucht an.

Die Blaukrabbe (Callinectes sapidus) stammt ursprünglich von der Atlantikküste Nord- und Südamerikas. Ihren Namen verdanken die Tiere ihrer auffälligen Blaufärbung. Wahrscheinlich über das Ballastwasser von Schiffen wurde sie unter anderem in japanische Gewässer, das Mittelmeer und in die Nordsee eingeschleppt. Im Mai war ein erster Fund in der südlichen Ostsee gemeldet worden, auf Usedom.

Scharfe Scheren

Im Mittelmeer ist die Art bereits stark verbreitet. Experten zufolge bedroht sie heimische Meerestiere wie Muscheln sowie bestimmte Fische – sie selbst hat als invasive Art kaum Fressfeinde. Auch der Fang dieser Krabben ist nicht einfach, da die Tiere mit ihren scharfen Scheren Fischernetze zerschneiden können.

Besonders betroffen ist derzeit die Adria-Küste, und dort die lagunenartige Region im Nordosten des Mittelmeerlandes. Auch an der toskanischen Küste tummeln sich die Tiere. Angesichts der Verbreitung des „Killers der Meere“, wie Fischer und Politiker die Krabbe nennen, macht sich Italien Sorgen um seine Stellung als weltweit führender Muschelproduzent. Hinter Italien liegen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge China und Südkorea.

Sorgen um Spezialitäten

Die italienische Agrarvereinigung Coldiretti warnt, dass durch das Unwesen der Blaukrabben der Umsatz kleiner Fischer in Gefahr sei: „Das Phänomen nimmt in der Tat das Ausmaß einer Naturkatastrophe an, die das Überleben der Fischereiwirtschaft in vielen Regionen bedroht.“ Der Verband Fedagripesca schätzt, dass im Jahr 2023 über 50 Prozent der Muschelproduktion durch die Blaukrabbe beeinträchtigt werden.

Gefressen werden von dieser Krabbe unter anderem Venus- und Miesmuscheln – dies sind alles Zutaten für beliebte Gerichte wie „Spaghetti alle vongole“, Spaghetti mit Venusmuscheln. In sozialen Medien machen sich Menschen Sorgen, dass solche Spezialitäten von der Speisekarte verschwinden könnten.

Anfang August gab es nun ein Regierungsdekret von der Regierung in Rom. 2,9 Millionen Euro sollen in Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Krabbenart investiert werden. Ein ebenso pragmatischer wie erfolgversprechender Ansatz wird ebenfalls verfolgt: Die Krabbe soll selbst auf dem Teller landen. An der US-Ostküste werden Blaukrabben schon lange gefangen, auch in Griechenland werden sie kommerziell gefischt.

Ursache auch der Klimawandel?

Von der Krabbenplage betroffene Fischer an der Adriaküste beliefern Medienberichten zufolge bereits seit einiger Zeit Restaurants im Nordosten des Landes mit den Krabben. Diese führen neben traditionellen Gerichten nun auch Speisen mit Blaukrabbe. Die Agrarvereinigung Coldiretti veröffentlichte bereits eine Liste mit Rezepten für Gastronomen.

Auch Regierungspolitiker werben für die Nutzung der Blaukrabbe in der heimischen Küche. Kürzlich teilte Italiens Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida, zugleich Schwager von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, ein Foto von der Regierungschefin aus dem Urlaub. Dieses zeigt Meloni mit einem Teller, auf dem zubereitete Blaukrabben zu sehen sind.

Wieso sich das Schalentier in diesem Sommer derart rasant im Mittelmeer vermehrt, ist laut Experten nicht völlig klar. Die Agrarexperten bei Coldiretti und weitere Beobachter sind davon überzeugt, dass die Ausbreitung auf den Klimawandel und die damit einhergehende Erwärmung der Gewässer zurückzuführen ist.

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