Weinbau Studierende erzeugen Orange Weine

 Auch Winzer Steffen Burnikel aus Niederkirchen hat während des Studiums mit Orange Weinen experimentiert.
Auch Winzer Steffen Burnikel aus Niederkirchen hat während des Studiums mit Orange Weinen experimentiert.

Sie fallen aus den üblichen Kategorien heraus. Wann aber ein Orange Wein sich auch so nennen darf, ist nicht immer klar. Studenten am Weincampus in Neustadt haben sich mit dem Thema beschäftigt.

Orange Weine haben ein uraltes Vorbild: Archäologische Funde aus dem Zeitraum von rund 5000 Jahren vor Christus erklären Georgien zum Ursprungsland der Weinbereitung. Weinsteinreste in antiken Tongefäßen deuten auf die Lagerung von Wein vor 7000 Jahren auf heute georgischem Staatsgebiet hin. Ursprünglich wurde der Wein in Georgien in eiförmigen Tongefäßen, den sogenannten „Qvevris“, und ausschließlich mittels Maischegärung hergestellt. Die Verwendung von Schwefeldioxid zur Stabilisierung der Weine war noch nicht bekannt.

Die Trauben wurden bei der traditionellen Art der Weinbereitung entrappt, gequetscht und inklusive der Häute und Kerne in Qvevris gefüllt. Diese waren in der Erde vergraben, was für stabile Temperaturen während der Gärung und Reifung des Weines sorgte, und verblieben dort über viele Monate bis zum Frühjahr. Heute weiß man, dass die dicht verschlossen Amphoren und die Gärungskohlensäure vor Oxidation schützten und die Weine auch auf der Maische über Monate reifen konnten. Im Unterschied zur heutigen Rotweinbereitung war die Maischekontaktzeit der antiken Weine jedoch deutlich länger. Die modernen Orange Weine orientieren sich am antiken Vorbild und lassen sich nicht in die klassischen Kategorien Rot-, Weiß- oder Roséwein einfügen. Sie unterscheiden sich von ihnen sowohl in der Farbe als auch im Bouquet.

Maischegärung Thema am Weincampus

Früher oder später stößt jeder Oenologe auf das Thema Orange Wein und sucht nach einer Einordnung dieser vierten Weinfarbe in der Philosophie des eigenen Betriebs. Warum also nicht das Weinbau-Studium nutzen, um einen Orange Wein herzustellen?

Im Rahmen von oenologischen Praxisprojekten am Weincampus Neustadt beschäftigen sich die Studierenden mit der Maischegärung von weißen Trauben, also einem wichtigen Teil der Herstellung von Orange Weinen. Die Studien werden in Kooperationsbetrieben durchgeführt. Die Studierenden sind häufig zum ersten Mal für den Ausbau eines Weines selbst verantwortlich und gewinnen dabei auch erstaunliche Erkenntnisse.

Das Lesegut wird in zwei Teile aufgeteilt, eine Variante wird sofort gekeltert und der Most vergoren, die andere Variante wird nur entrappt und die nicht-gekelterten Beeren werden maischevergoren. Im Lehr- und Versuchsweingut in Bernkastel-Kues an der Mosel hat beispielsweise Student Paul Knop im Herbst 2023 einen maischevergorenen Riesling hergestellt und zur Gegenkontrolle auch eine klassische Mostgärung angelegt, die vor der Gärung gekeltert wurde. Am Ende ließ er die beiden Versuchsweine analytisch und sensorisch testen.

Härteres Mundgefühl

Knop konnte zeigen, dass die lange Maischegärung viele Stoffe aus den Traubenschalen und -kernen aus dem Riesling gelöst hatte, die dann für die orange Farbe, das Bouquet und den Körper der Weine verantwortlich waren. Da Orange Weine meist ganz ohne Schwefeldioxid ausgebaut werden, kam die Farbe sehr deutlich zum Vorschein. Der Kontakt mit der Maische führte zu einem höheren Gesamtphenolgehalt und einem härteren Mundgefühl. „Die meisten Verkoster haben den klassischen Riesling mit Mostgärung in der Blindprobe bevorzugt“, stellte Knop fest. Beim maischevergorenen Riesling seien sich die Prüfer nicht ganz einig gewesen. Vereinzelt wurden die Orange Weine allerdings auch gut oder sogar sehr gut beurteilt. Knop folgerte daraus, dass die Maischegärung eine Ergänzung des Portfolios von Weingütern sein kann, um experimentierfreudige Weinkunden zu begeistern.

Im Herbst 2023 wurde eine ähnliche Versuchsidee von Studierenden in Weingütern in der Pfalz, Baden und Württemberg mit der Rebsorte Grauburgunder umgesetzt. Da die Rebsorte in der Schale geringe Gehalte an Rotweinfarbstoffen aufweist, zeigte sich in den Versuchen der Studierenden Eléonore Kauffmann und Madeline Garke bereits nach wenigen Tagen Maischegärung ein ansprechender rosé-farbener Ton. Die Grauburgunder-Weine von Aylin Bader und Christian Bauer waren nach mehrwöchiger Maischegärung so intensiv rot gefärbt, dass man optisch sogar auf Rotwein hätte schließen können.

Alle kamen bei ihren Experimenten letztlich übereinstimmend zu dem Schluss, dass sich Weinstile verändern, seit es Wein gibt. Das werde auch in Zukunft so sein. Orange Wein sei dabei sicherlich kein kurzlebiger Trend – vielmehr zeige sich darin das Streben des Winzers nach Authentizität.

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