Meinung Beim Bürgerrat hat der Bundestag eine Chance vertan

Mitglieder des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“ präsentierten Anfang des Jahres mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (Mitte) ihr
Mitglieder des Bürgerrats »Ernährung im Wandel« präsentierten Anfang des Jahres mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (Mitte) ihre Empfehlungen .

Mit viel Tamtam wurde vor einem Jahr ein Bürgerrat eingesetzt. Dessen Empfehlungen verschwinden aber im Archiv. Das ist schäbig.

Nichts ruft so sicher und so kalkulierbar Reaktionen hervor wie ein beherztes Bekenntnis zum Schweinsbraten oder – umgekehrt – die Forderung, dem Klima und Tierwohl zuliebe doch bitte auf eine Buchweizen-Linsen-Pfanne umzusteigen. Wie weit darf der Staat gehen bei Fragen, die unsere Ernährung betreffen? Ist er berechtigt, einen „Veggie-Day“ einzuführen, darf er seine Bürger zu gesunder Ernährung zwingen? Soll er Menschen finanziell helfen, die sich Bio-Lebensmittel nicht leisten können? Darf der Staat die Steuern auf zuckerhaltige und damit ungesunde Lebensmittel erhöhen?

Ohne Schaum vor dem Mund

Es war zweifellos eine gute Idee, genau diese Fragen in den Mittelpunkt des ersten Bürgerrates des Bundestages zu stellen. 160 Freiwillige diskutierten untereinander und mit Experten. Sie taten dies mit Fleiß und ohne Schaum vor dem Mund. Man muss den Teilnehmern Respekt zollen für ihre Arbeit.

Grundsätzlich sollen Bürgerräte keine Parlamentsentscheidungen ersetzen. Das Gremium gilt vielmehr als Instrument zur sinnvollen Ergänzung der parlamentarischen Demokratie. Doch das deutsche Parlament interessiert sich nicht die Bohne für den Rat der Bürger, obwohl viele Menschen das Vertrauen in die gewählten Vertreter in unseren Parlamenten verloren haben.

Keine Konkurrenz geduldet

In anderen Ländern funktionieren Bürgerräte als modernes Beteiligungsformat. Dort werden sie als Chance gesehen, ein Problem zu versachlichen und praktische Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Im Bundestag aber will man keine Konkurrenz dulden. Wie schäbig.

x