Meinung Die Ruhepause für Präsident Macron endet

Der Präsident als Fan: Emmanuel Macron bei den olympischen Schwimmwettbewerben.
Der Präsident als Fan: Emmanuel Macron bei den olympischen Schwimmwettbewerben.

Die Olympischen Spiele in Paris haben die politische Tristesse, in der Frankreich steckt, vorübergehend vergessen lassen. Gelöst sind die Probleme aber keineswegs.

Die Organisatoren der Olympischen Spiele in Paris hatten es immer versichert: Diese Sommerspiele in der französischen Hauptstadt würden außerordentlich. Bis jetzt behielten sie recht, auch wenn ihnen zumindest in Frankreich lange kaum jemand glaubte. Es überwogen der eingeübt wirkende Pessimismus, die ungesunde Lust am Schlechtmachen und die – sicherlich nicht unberechtigte – Angst vor einem Anschlag.

Umso verblüffender sind die aktuelle ausgelassene Stimmung, die Freude am gemeinsamen Anfeuern und Mitfiebern, am vorurteilslosen Zusammensein unter Fremden vor einer Traumkulisse.

Politische Blockade nach den Parlamentswahlen

Paris in diesem Sommer 2024 setzt einen weltoffenen Kontrapunkt gegen die unheilvolle und belastende politische Phase, die Frankreich gerade durchlebt. Die Parlamentswahlen brachten Anfang Juli den Rechtsextremen eine historische Anzahl von Sitzen in der Nationalversammlung ein, auch wenn sie nicht an die Macht kamen. Es offenbarte sich die Zerrissenheit der französischen Gesellschaft, eine politische Blockade entstand.

Macron hatte für die Zeit der Olympischen Spiele eine „politische Ruhepause“ angekündigt. Die bisherige Regierung, wenn auch zurückgetreten, werde das Land weiter verwalten, ein neuer Premierminister frühestens Mitte, Ende August ernannt.

Auch der Präsident sonnt sich im Glanz der Spiele

Momentan sonnt sich auch der Präsident im Glanz dieser Spiele, die nicht nur besonders nachhaltig und vergleichsweise sparsam sind, sondern auch ein regelrechtes Volksfest. Aber die überraschende Auflösung der Nationalversammlung am Abend der Europawahlen Anfang Juni als Reaktion auf das schlechte Abschneiden seiner Partei haben ihm auch bisherige Anhänger und Mitstreiter nicht verziehen. Die Neuwahlen führten zu einer neuen Sitzaufteilung in der Nationalversammlung. Keiner der drei großen Blöcke – das links-grüne Bündnis Neue Volksfront (NFP), Macrons Mitte-Lager und der rechtsextreme Rassemblement National – verfügt über eine absolute Mehrheit. Gegen eine neue Regierung, wie sie auch aussieht, kann damit ein Misstrauensantrag leicht Erfolg haben.

Ja, er habe Sitze verloren, räumte der Präsident in einem Interview ein. Um fast trotzig hinzuzufügen: „Aber niemand hat gewonnen.“ Er ignoriert den Druck, den die NFP mit ihrer Kandidatin Lucie Castets als nächste Premierministerin in spe ausübt, die eifrig durch das Land reist und Interviews gibt. Die Allianz aus Linkspartei LFI, Sozialisten, Grünen und Kommunisten hält sich für legitimiert, die nächste Regierungschefin zu stellen. Doch sie hat zwar die meisten Abgeordneten, aber zur absoluten Mehrheit fehlen mehr als 100 Sitze.

Hoffen auf konstruktivere Auseinandersetzungen

Es heißt, Macron orientiere sich eher in Richtung der gemäßigten Rechten. Der frühere Minister unter Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und aktuelle Regionalratspräsident der Region Hauts-de-France, Bertrand Xavier, wird als möglicher neuer Premier gehandelt. Doch er ist nicht nur Außenseiter in der eigenen Partei; selbst für die Republikaner und Macrons Lager reicht es nicht für eine absolute Mehrheit.

Bleibt nur die Hoffnung, dass die Olympischen Spiele wie eine Art Kraftriegel für konstruktivere Auseinandersetzungen wirken, als sie das bisher waren.

x