Meinung Labour führt,wird aber nicht geliebt

Er führte seine Partei rigoros zurück in die Mitte: Keir Starmer.
Er führte seine Partei rigoros zurück in die Mitte: Keir Starmer.

Bloß keine Fehler machen, nichts Falsches sagen: Diese Strategie dürfte Keir Starmer und Labour in Großbritannien an die Macht bringen. Zur überzeugenden Alternative macht das die Partei noch nicht.

Man nennt sie seine „Starmtruppen“: die loyalen, dem Parteichef Keir Starmer ergebenen Unterhaus-Kandidaten. Am Dienstag hat der Labour-Vorstand endgültig bestimmt, welche Kandidaten in welchen Wahlkreisen am 4. Juli kämpfen dürfen, wenn das neue britische Unterhaus bestimmt wird. Für die „Starmtruppen“ sind die Sitze mit den sichersten Siegchancen gedacht, während die Kandidaten der harten Linken entweder ganz blockiert werden oder nur in Wahlbezirken antreten dürfen, die für Labour kaum zu gewinnen sind.

Es ist der letzte Schritt in einem Programm, mit dem Keir Starmer seinen Weg zur Macht gebahnt hat. Er führt damit seine Partei rigoros zurück in die Mitte, weg von den sozialistischen Positionen, mit denen man bei der letzten Wahl 2019 krachend unterging. Damals war Jeremy Corbyn der Parteichef, der mit seiner Ablehnung von Nato und Monarchie, seiner Sympathie für Hamas und Hisbollah und seinem Programm der Verstaatlichung von Wasser- und Elektrizitätsunternehmen die Wähler gründlich verschreckt hatte.

Die „Ming-Vasen-Strategie“

Als Starmer 2020 das Steuer übernahm, begann, was seine Kritiker die „große Säuberung“ nennen. Er schloss Corbyn aus der Fraktion aus, nachdem der Altsozialist immer noch links-antisemitische Positionen vertreten wollte. Er isolierte dessen Fan-Club „Momentum“ innerhalb der Partei und besetzte das Schattenkabinett mit Zentristen. Er holte alterprobte Parteistrategen zurück, die schon unter Tony Blair gedient hatten. Mittlerweile ist der linke Flügel völlig entmachtet und Labour grundsolide in der Mitte aufgestellt, während die Konservativen weiter nach rechts gerückt sind.

Starmers Säuberung ging einher mit einem Kurs, den man als „Ming-Vasen-Strategie“ bezeichnet hat. So wie man eine kostbare Vase vorsichtig über spiegelglatten Parkettboden trägt und alles vermeiden will, um nicht auszurutschen, so hat Starmer in den zurückliegenden vier Jahren vor allem eins im Sinn gehabt: nur keinen Fehler machen, nur nicht die falschen Sachen sagen, nur nichts politisch Riskantes anbieten, dann kann auch umso weniger angegriffen werden. Das hat ihm den Vorwurf der Inhaltsleere und des politischen Vakuums eingebracht. Die Partei profitiert zwar von der beispiellosen Unpopularität der Konservativen Partei. Aber Labour hat dem Wähler wenig Gründe anzubieten, sie als eine überzeugende Alternative zu sehen. Labour führt zwar konstant mit über 20 Prozentpunkten vor den Torys, aber geliebt wird sie nicht.

Andererseits gilt: Man kann trotzdem alternativlos sein. Und das liegt am britischen Mehrheitswahlrecht. Immer nur zwischen den beiden größten Parteien wird ausgemacht wird, wer die Regierung stellt. Bei dieser Wahl wird es angesichts der eindeutigen Meinungsumfragen nur darum gehen, wie groß die Mehrheit von Labour ausfallen wird. Keir Starmer weiß, dass er alles getan hat, um den Sieg möglich zu machen: Er hat seine Partei in die Mitte gerückt, seine „Starmtruppen“ in Stellung gebracht und ist mit der Ming-Vase vorsichtig umgegangen. Vorsichtig will er weiterhin bleiben. „Nachdem ich sie so lange mit mir herum getragen habe“, sagte er am Wochenende, „werde ich der Versuchung widerstehen, jetzt mit ihr zu jonglieren.“

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