Rheinland-Pfalz Der mit der Regierung ringt

Es ärgerte ihn, wenn Empfehlungen seiner Mitarbeiter ungehört verhalten: Klaus Behnke, der scheidende Präsident des Landesrechnu
Es ärgerte ihn, wenn Empfehlungen seiner Mitarbeiter ungehört verhalten: Klaus Behnke, der scheidende Präsident des Landesrechnungshofes Rheinland-Pfalz.

«MAINZ/SPEYER.» Morgen hat Klaus Behnke seinen letzten Arbeitstag. Danach nimmt der Präsident des Landesrechnungshofs seinen verbliebenen Urlaub. Ende Juni geht der Chef der Speyerer Behörde mit ihren rund 180 Bediensteten in den Ruhestand. Zehn Jahre lang stand Behnke an der Spitze der Kassenprüfer. Es waren turbulente Jahre. Mehr als einmal hat der Rechnungshof in dieser Zeit mit seinen Prüfberichten und Expertisen die Mainzer Landesregierung in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht.

Sein Verhältnis zu den Mitgliedern der rheinland-pfälzischen Landesregierung sei „nicht von inniger Freundschaft geprägt“, sagt Klaus Behnke am Ende seiner Amtszeit. Das ist mehr als untertrieben, das Verhältnis ist zerrüttet. Auf die Frage, ob die Landesregierung in der Causa Schlosshotel Edenkoben etwas richtig gemacht habe, antwortete Behnke vor Jahren, dass ihm da spontan nichts einfalle. Ruppige Retourkutschen sind zahlreich überliefert. Erst kürzlich ließ ein Regierungsmitglied wissen, bei ihm hätte der Rechnungshofpräsident die Juristen-Prüfung wohl nicht bestanden. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) lässt Behnkes Entlassungsurkunde von der Finanzministerin nach Speyer fahren. Als der damalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) im Frühjahr 2007 Klaus Behnke zum Rechnungshofpräsidenten machte, mochte niemand ahnen, wie oft der gebürtige Eifeler der Landesregierung die Leviten lesen würde – und wie oft vernichtender Kritik Konsequenzen für die Regierungspolitik folgen sollten. Nach dem Jurastudium kam Behnke zur rheinland-pfälzischen Finanzverwaltung. Er begann beim Finanzamt Koblenz, kam schließlich ins Mainzer Finanzministerium. Berufliche Zwischenstation machte er bei der Berliner Treuhand, die frühere DDR-Betriebe verwaltet und privatisiert hat. Als letzte Aufgabe vor seinem Wechsel nach Speyer übernahm Behnke Ende 2004 als Oberfinanzpräsident das Kommando über zwei Finanzbehörden mit damals zusammen rund 11.000 Mitarbeitern. Als Behnke am 1. Juni 2007 auf dem Chefsessel das Landesrechnungshofs Platz nahm, hatte er sich zum Ziel gesetzt, die Unabhängigkeit der Prüfbehörde zu wahren. Genau wie sein Vorgänger Volker Hartloff ist Behnke SPD-Mitglied, hat aber nie politische Ämter oder Parteifunktionen bekleidet. Die erste politische Affäre in der Amtszeit Behnkes war die Schwiegersohn-Affäre des früheren SPD-Innenministers Karl Peter Bruch. Er hatte einem Unternehmen seines späteren Schwiegersohns ohne Ausschreibung Aufträge des Ministeriums zukommen lassen. Die illegale Parteienfinanzierung des früheren CDU-Chefs Christoph Böhr kam nicht zuletzt durch die Prüfungsarbeit des Rechnungshofs ans Licht. Bei Becks Regierungstruppe machten sich Behnke zunächst nur durch hartnäckige Kritik an der bis vor einigen Jahren ungebremsten Schuldenpolitik des Landes unbeliebt. Doch schon bald wurden die Töne schärfer: Der erste Nürburgring-Bericht der Speyerer Kassenprüfer im Sommer 2010 erschütterte die damalige SPD-Alleinregierung bis in die Grundfesten. Das Papier legte das Versagen der Regierung bei der Finanzierung des überdimensionierten Ring-Projekts offen und trug so zu Insolvenz und Privatisierung der Rennstrecke bei. Weitere Rechnungshofberichte von politischer Tragweite sollten folgen. Beispiel Nürburgring zwei: Die Prüfung des ebenfalls gescheiterten Rettungskonzepts für den Ring führte im November 2014 mit dazu, dass die Minister Kühl und Hering gehen mussten. Zum damaligen Zeitpunkt war nicht auszuschließen, dass der Staatsanwalt gegen sie ermitteln würde. Beispiel Landesstraßen: Im August 2015 veröffentlichte der Rechnungshof eine „beratende Äußerung“, wonach fast eine Milliarde Euro ausgegeben werden müsse, um das Straßennetz zu erhalten. Inzwischen stellt die Koalition dafür deutlich mehr Geld für die Landesstraßen bereit. Beispiel Pensionsfonds: Im Frühjahr 2010 nannte der Rechnungshof den Pensionsfonds für die Beamtenversorgung, der ganz überwiegend mit Schulden „gefüllt“ wird, erstmals nutzlos und verfassungswidrig. Vor wenigen Monaten hat der Verfassungsgerichtshof auf Antrag der CDU-Opposition diese Auffassung weitgehend bestätigt. Macht der Rechnungshof häufig Schlagzeilen, weil die Politik oft miserabel ist – oder macht der Rechnungshof inzwischen selbst Politik, wie die Kontrollierten gerne kolportieren? Klaus Behnke macht keinen Hehl daraus, dass es ihn wurmt, wenn Forderungen und Vorschläge seiner Truppe ungehört verhallen: „Es ärgert mich, wenn ich Argumente höre, die keine sind.“ Es fuchst ihn, wenn beispielsweise ein Appell, die Verwendung von Zuschüssen für Behindertenwerkstätten besser zu kontrollieren, aus seiner Sicht ignoriert werden. Am Ende seiner Amtszeit äußerte er einen „Wunsch“, den man seinen Nachfolgern wohl kaum erfüllen wird: Ein eigenes Klagerecht des Rechnungshofs beim Koblenzer Verfassungsgerichtshof. Und Behnke weiß auch: Nicht selten ist es die Politik selbst, die nach Äußerungen des Rechnungshofs ruft – ob Regierung, oder Opposition, oder beide zusammen. Am Ende seiner Amtszeit hat der scheidende Kassenprüfer tatsächlich auch noch Versöhnliches parat: Dem gesamten Landtag sei er zu Dank verpflichtet. Die personelle und materielle Ausstattung des Rechnungshofs sei gut.

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