Rheinland-Pfalz Die CDU brödelt zurück

In der nächsten Woche beschäftigt sich der Mainzer Landtag mit der Frage, ob die Landesregierung der Ansicht ist, „dass am Mittelrhein jeder vor sich hin brödelt“. So jedenfalls kündigten es am Donnerstag die CDU-Abgeordneten Hans-Josef Bracht und Matthias Lammert an. Es handelt sich beim Mainzer Landtag nicht um einen Loriot-Fanclub zur Auffrischung des Jodel-Diploms: Di dudel dö, brödel di brö. Vielmehr ist der Landtag nach eigener Definition „das vom Volk gewählte oberste Organ der politischen Willensbildung. Er vertritt das Volk, wählt den Ministerpräsidenten und bestätigt die Landesregierung, beschließt die Gesetze und den Landeshaushalt, kontrolliert die vollziehende Gewalt und wirkt an der Willensbildung des Landes mit.“ Deshalb muss die Brödel-Frage der CDU im staatlichen, wenn nicht gar staatstragenden Kontext betrachtet werden. Ausgangspunkt ist ein Interview, der Burgenbloggerin Jessica Schober mit Kulturstaatssekretär Walter Schumacher (SPD), das Anfang der Woche in der Koblenzer „Rhein-Zeitung“ erschien. Schober (27) lebt auf Einladung der Generaldirektion Kulturelles Erbe, der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz und der „Rhein-Zeitung“ für ein halbes Jahr auf der Burg Sooneck und berichtet von dort über das Mittelrheintal. Schumacher ist Pfälzer, genauer aus Kaiserslautern, aber Kraft seines Amtes ist er Welterbe-Beauftragter des Landes und deshalb oberster Hüter des Mittelrheintals. Auf die Frage, wie die Menschen dort ticken, antwortete er: „Jeder brödelt da so vor sich hin. Man hat hier noch Zäune um die Orte rum.“ Der Duden kennt „bröckeln“, „brodeln“ oder „bröseln“ – „brödeln“ kennt er nicht. Selbst unser aller Suchmaschine „Google“ weicht aus. Das Wort erinnert an „Eigenbrötler“ und der Kontext weist auch in die Richtung, insofern sind Schumachers Worte durchaus zu verstehen. Der Staatssekretär sagte der netten Bloggerin noch viel mehr: „Die Unesco hat das Tal anerkannt, wie es ist. Das heißt aber nicht, dass jeder siffige Campingplatz gleich Weltkulturerbe ist. Auch die Loreley ist ja dafür, dass das ein weltberühmter Platz ist, relativ versifft.“ Wer die Loreley in jüngerer Zeit besucht hat, weiß sofort, wovon Schumacher spricht. Und wer den sagenumwobenen Felsen nicht kennt, braucht nur wenig Fantasie. Seine Wortwahl ist für einen Politiker ungewöhnlich – klar. Meist versuchen die Volksvertreter, hässliche Dinge vornehm zu umschreiben, um dem Volk nicht auf die Füße zu treten. Deshalb ist die politische Sprache in einer Art Baukastensystem aufgebaut. Wie es funktioniert, zeigt die Replik der CDU auf Schumacher. Sie setzt den Erweiterungskasten „parlamentarische Empörungsrhetorik“ ein, was zu einer unfreiwilligen Komik führt, wenn sie mit Schumachers Wortschöpfung zusammentrifft: „Wir sind erschüttert über die Aussagen von Herrn Schumacher. Das kann so nicht stehen bleiben. Wir wollen wissen, wie die rot-grüne Landesregierung die Äußerungen bewertet und ob sie ebenfalls der Ansicht ist, dass am Mittelrhein jeder vor sich hin brödelt.“ Aus dem Baukasten „lieb und teuer“ kam Schumachers Antwort auf die CDU, er verwies auf eine halbe Milliarde Fördergelder für die Region. Seine Worte über die Freilichtbühne auf der Loreley sollten im Baukasten „Emotionales“ abgelegt werden: „Wenn Sie da oben sitzen und die Sonne geht unter: Sie heulen, so schön ist das!“

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