Südwest Mutiger Menschenfreund: Limburgs Altbischof Kamphaus ist tot
Limburg/Frankfurt (dpa) - Limburgs Altbischof Bischof Franz Kamphaus ist tot. Er starb am Montagmorgen im Sankt Vincenzstift in Rüdesheim, wie das Bistum Limburg mitteilte. Er wurde 92 Jahre alt. Kamphaus war fast 25 Jahren Bischof, bis er 2007 aus Altersgründen aus dem Amt schied. Er galt als unermüdlich und mutig.
Als Bischof meldete es sich meist leise, aber entschieden zu Wort - ob es um die mögliche Gefährdung der Menschenwürde in der Gentechnik-Debatte, den Weltfrieden oder die Diskrepanz von Wohlstand bei Armen und Reichen ging. Bundesweit Aufsehen erregte er aber vor allem durch sein Festhalten an der Schwangerschaftskonfliktberatung gegen den Willen von Papst Johannes Paul II.
Position gegen Papst bei Schwangerschaftskonfliktberatung
Seinen bischöflichen Wahlspruch «Den Armen das Evangelium verkünden» versuchte Kamphaus zu leben, seitdem der Pastoraltheologe aus Münster und frühere Leiter eines Priesterseminars im Juni 1982 Oberhirte wurde.
«Bischof Kamphaus hat überall im Bistum große Spuren hinterlassen, denen ich sehr oft begegne und die mich staunen lassen. Sie zeugen von einer theologischen Tiefe, von Klugheit, einem tiefen Glauben und einer großen Menschenfreundlichkeit», sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Bischof von Limburg, Georg Bätzing. Das Bistum Limburg liegt zu Teilen in Hessen und in Rheinland-Pfalz.
Bätzing würdigte Kamphaus als einen charismatischen Prediger, frommen Priester, engagierten Bischof, der bescheiden war, klug handelte, sich an die Seite der Armen stellte und den Menschen zugewandt war. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) reagierte ebenfalls betroffen: «Kamphaus war eine prägende Gestalt der Katholischen Kirche und ein einfühlsamer Seelsorger, der sich Zeit seines Lebens für die Schwachen und Benachteiligten eingesetzt hat», sagte Rhein. Hessen verliere eine bedeutende geistliche Persönlichkeit.
Mit seinem Lebensstil setzt der fromme Asket Zeichen. Als Bischof wohnte Kamphaus in einer Drei-Zimmer-Wohnung des Limburger Priesterseminars, seine Bischofsresidenz überließ er jahrelang einer Flüchtlingsfamilie mit drei Kindern aus Eritrea. Statt der formal korrekten Anrede «Ihre Exzellenz» hörte er lieber «Herr Bischof». Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt lebte er lange im Sankt Vincenzstift, wo er nun auch starb.
Kamphaus galt als bescheiden - anders als sein Nachfolger
Seine Bescheidenheit und seine persönliche Glaubwürdigkeit hatte dem Bischof hohes Ansehen und viel Sympathie gebracht. Anders verhielt es sich dagegen mit seinem Nachfolger: Wegen der Explosion der Baukosten seines Dienst- und Wohnsitzes auf rund 31 Millionen Euro und heftiger Kritik an seiner Amtsführung hatte Franz-Peter Tebartz-van Elst im Jahr 2014 sein Amt in Limburg aufgeben müssen.
In Sachen Schwangerschaftsberatung bot das Bistum Limburg unter Kamphaus – anders als vom Papst angeordnet – den Frauen zunächst weiter Gespräche an und stellte zudem Beratungsscheine für eine straffreie Abtreibung aus. Obwohl seine Haltung gegenüber Rom am Ende erfolglos blieb, fand Kamphaus dennoch viel Anerkennung und Dankbarkeit - weil er seinen Einsatz für die Beratung als Einsatz für die Frauen und die ungeborenen Kinder empfand und niemals als Widerstand gegen Rom. «Ich war nie gegen den Papst, sondern immer für die Frauen in Not», sagte er einmal.
Und: Immerhin erreichte der 1932 im westfälischen Lüdinghausen als Bauernsohn geborene Kamphaus, dass sein Bistum mehr als ein Jahr als letzte Diözese in Deutschland in der staatlichen Konfliktberatung blieb.
In die Amtszeit von Kamphaus fallen auch Missbrauchsvorwürfe in seinem Bistum. So soll ein Priester von 1986 bis 1993 seinen minderjährigen Pflegesohn mehrfach sexuell missbraucht haben. Kamphaus erklärte dazu im Jahr 2019, dass er keine Kenntnisse von diesem Fall gehabt habe. Im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen gegen einen anderen Priester sei ihm aber heute klar, dass er entschiedener hätte durchgreifen müssen, erklärte er damals. Zudem sprach er von «schweren Fehlern» - und dass er «schwere Schuld» auf sich geladen hätte. Die Opfer bat er um Verzeihung.
«Die Weltkirche war seine Heimat»
Kamphaus bezog aber auch immer wieder offen Position: «Die Kirche gerät immer mehr ins Abseits dadurch, dass sie sich nur mit sich selbst beschäftigte», sagte er einmal. Statt über Kirchenaustritte und die verbreitete Abkehr von der Kirche vor der eigenen Haustür zu grübeln, müsse die Kirche ihren Blick für die Globalisierung, für Afrika, Asien und Lateinamerika öffnen und dann handeln - im Sinne Jesu, der Partei für die Schwachen ergriffen habe.
In der Deutschen Bischofskonferenz hatte er viele Jahre den Vorsitz der Kommission Weltkirche übernommen und wirkte außerdem in der Unterkommission für Missionsfragen mit. «Die Weltkirche war gleichsam seine Heimat. Keine Reise war ihm zu weit, denn es ging Bischof Kamphaus darum, bei den Menschen zu sein», erklärte Bätzing.