Fußball Hansi Flick und die Veränderung: Keine Pfiffe beim deutschen Sieg gegen Holland

Der Bundestrainer und der Matchwinner: Julian Nagelsmann herzt Jamie Leweling.
Der Bundestrainer und der Matchwinner: Julian Nagelsmann herzt Jamie Leweling.

Mitunter ist der Klassiker zwischen Deutschland und Holland dröge. Am Ende wird trotzdem gejubelt, weil die Debütanten überzeugen.

Was wohl Hansi Flick gedacht hat, irgendwann Mitte der zweiten Halbzeit? Diese Frage dürfte unbeantwortet bleiben, dabei war sie die vielleicht spannendste an diesem Montagabend. Flick, der die deutsche Nationalmannschaft bis September 2023 verantwortete, hat längst einen neuen aufregenden Job, denn er coacht die Profis des ruhmreichen FC Barcelona. Falls der Hansi aus Bammental bei Heidelberg am Montag aber irgendwo vor dem Fernseher saß, um sich anzuschauen, was seine ehemaligen Spieler unter seinem Nachfolger Julian Nagelsmann zuwege brachten, wäre seine Reaktion darauf interessant gewesen.

Beim Klassiker Deutschland gegen die Niederlande in der imposanten Arena in München war lange wenig los. Deutschland gewann am Ende verdient 1:0, weil es in der ersten Halbzeit gut war. Aber berauschend war das Aufeinandertreffen der Rivalen nur in wenigen Momenten. Trainer sprechen nach derlei Spielen gerne und oft von den taktischen Feinheiten, die das Geschehen auf dem Rasen spannend machen, aber eigentlich war der Kick in vielen Phasen mau. Nagelsmann sprach gar von der „besten ersten Halbzeit in diesem Jahr“, was den speziellen Blick eines Fußballlehrers unter Beweis stellte.

Es hat sich viel verändert

Beide Mannschaften hatten vor allem in der zweiten Halbzeit Angst, einen Gegentreffer zu kassieren und vielleicht war der ein oder andere Akteur auf dem Rasen bedacht, sich nicht gänzlich zu verausgaben, da ein paar Tage später die nächsten Partien im Klub anstehen. Wer sich das oft minutenlange Ball-hin-und-her-Geschiebe anschaute, ohne dass die fast 70.000 Menschen in der Arena ihren Unmut äußerten, hätte gerne gewusst, was Flick davon hält. Vor etwas mehr als einem Jahr, das scheint sicher, wäre die deutsche Mannschaft mit dem Bundestrainer Flick für einen über ähnlichen Auftritt ausgepfiffen worden.

Starkes Debüt: Torwart Oliver Baumann.
Starkes Debüt: Torwart Oliver Baumann.

Es hat sich seither viel verändert. Die Nationalmannschaft hat sich Vertrauen erarbeitet, nicht nur durch die Euphorie, die sie bei der Heim-EM im Sommer entfachte. Davon profitierte sie im Duell gegen enttäuschende Niederländer. Bondscoach Ronald Koeman musste deshalb nach dem Spiel bissige Fragen der holländischen Reporter abwehren, weil die Niederländer, einst als nicht immer erfolgreiche, aber immer filigrane Ästheten bekannt, viel zurückhaltender Fußball spielten als die Deutschen.

Leweling trifft zwei Mal

Flick, sofern er das Spiel denn verfolgte, wird vielleicht darüber nachgedacht haben, welchen Weg seine Mannschaft ohne ihn genommen hat. Wobei in München gar nicht mehr so viel Flick-Personal auf dem Rasen stand. Oliver Baumann, Maximilian Mittelstädt, Angelo Stiller, Aleksander Pavlovic, Jamie Leweling und Tim Kleindienst wurden erst unter Nagelsmann Nationalspieler, Baumann und Leweling feierten gegen die Niederländer gar ihre Premiere im DFB-Dress. Es hat sich eben viel verändert.

Die Münchner Arena bei Nacht.
Die Münchner Arena bei Nacht.

Gegen die Niederländer waren ausgerechnet die Debütanten die Matchwinner. Jamie Leweling sorgte in der 64. Minute für den Siegtreffer und war auch darüber hinaus der auffälligste deutsche Feldspieler. „Er hat ein überragendes Debüt gefeiert“, lobte Kapitän Joshua Kimmich den Mittelfeldspieler des VfB Stuttgart. „Das gibt es nicht oft, dass die Allianz-Arena bei einem Debütanten aufsteht und klatscht“, fügte Kimmich an, der als Bayern-Profi die Gepflogenheiten in der Heimstätte des FCB gut kennt. Leweling hatte Pech, dass er sein erstes Länderspiel nicht als Doppeltorschütze beendete, denn er hatte den Ball schon in der zweiten Minute ins Tor der Niederländer geschossen, aber der Treffer fand nach einem VAR-Einsatz wegen einer Abseitsstellung keine Anerkennung.

Oliver Baumann kriegt die Note 1

Deshalb blieb es in die Schlussphase hinein spannend, so dass Baumann noch zum Helden werden konnte. Lange blieb der Schlussmann der TSG Hoffenheim bei seinem Einstand ohne Möglichkeit, sich auszuzeichnen, aber in der 90. Minute zeigte er bei einer Parade gegen einen 18-Meter-Schuss von Donyell Malen sein Können. „Geil war's. Perfekter hätte der Tag und das Spiel nicht sein können. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen“, sagte Baumann später und bekam ein Lob vom Bundestrainer. „Das war insgesamt eine 1, nicht nur wegen der Parade zum Schluss“, sagte Nagelsmann.

Mit dem dritten Sieg im vierten Spiel der Nations League haben die Deutschen vorzeitig den Sprung ins Viertelfinale des Wettbewerbs geschafft. Das war unter der Anleitung von Flick nicht gelungen.

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