Sport Schürrle im Rausch

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KAMEN. Dieser eine Stern mehr auf dem Trikot, er zeigt Wirkung. „Das Ansehen im Verein hat sich durch den WM-Titel schon geändert. Das tut mir gut. Ich bin selbstbewusster geworden“, sagt André Schürrle. Er bekomme beim FC Chelsea nun häufiger den Ball zugespielt. Das Standing bei den Kollegen sei besser geworden.

Dieser eine Stern, er zeigt aber auch negative Wirkung. Schürrle sprach im Sporthotel Kaiserau offen darüber: „Wir sind noch ein bisschen in einem Rausch.“ Es sei schwierig, knapp zwei Monate nach der mit Bravour bestandenen Herausforderung der WM nun eine Qualifikation zur Europameisterschaft zu beginnen, die aufgrund des erweiterten Teilnehmerfeldes einer lästigen Pflichtaufgabe ähnelt. „Aber es hilft ja nichts“, fasste Schürrle zusammen. Heute geht es los, um 20.45 Uhr (live, RTL) wird in Dortmund die Partie gegen Schottland angepfiffen. Weitere Gegner sind Polen, Irland, Georgien und Gibraltar. „Ich denke, dass wir eine relativ schwierige Gruppe erwischt haben, bin mir aber auch sicher, dass wir Erster werden“, sagte Schürrle. Er war der dritte Vertreter aus dem Kreis der Nationalmannschaft, der über eine gewisse mentale Müdigkeit klagte. Torhüter Manuel Neuer tat es, auch der Bundestrainer. Zwar habe er seine Motivation wieder richtig hochgefahren. Aber ein paar Wochen Urlaub hätten es mehr sein dürfen, sagte Joachim Löw. Er bereitete die Fans auf eine etwas holprige Zeit vor: „Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Einige unserer Spieler können die Belastungen der WM nicht so einfach wegstecken.“ Deshalb schone er in den Testspielen (von denen es in dieser Saison noch zwei gibt) die Leistungsträger. Löw sprach von einem Einschnitt, den jedes große Turnier nach sich ziehe. Nach den Rücktritten von Philipp Lahm, Per Mertesacker und Miroslav Klose forderte er Geduld für die jungen Spieler ein, die in die Mannschaft eingebaut werden sollen. Über Kandidaten, die im aktuellen Kader noch fehlen, schwieg Löw sich weiter aus. Ausführlich nahm er Stellung zu Erik Durm, der beim 2:4 gegen Argentinien am Mittwoch vor allem von Angel Di Maria vorgeführt worden war. „Erik ist erst 22 Jahre alt. Er hat die internationale Erfahrung noch nicht. Dafür ist er wahnsinnig wissbegierig und lernt schnell hinzu“, meinte Löw. Anders als sein Dortmunder Mannschaftskollege Matthias Ginter, der dem wieder einsatzbereiten Jerome Boateng weicht, wird Durm gegen Schottland in der Startelf erwartet. Schon in Düsseldorf vor dem Spiel gegen Argentinien sagte Löw, dass Durm künftig eine wichtigere Rolle einnimmt. Das deutet auf einen Sinneswandel des Bundestrainers hin, der auf der Position des Linksverteidigers viele Kandidaten testete, nachdem Lahm die Seiten gewechselt hatte (und kurzfristig selbst wieder zurückkehrte). Der Vertrauensvorschuss für Durm ist enorm, was auch schon die Zusammenstellung des aktuellen Kaders zeigt. Da Löw Benedikt Höwedes nur noch als Innenverteidiger ansieht, gibt es für Durm keine Alternative. Diesen Status hätte Mario Gomez, falls nur Stürmer gefragt wären, die am oder im Strafraum auf Zuspiele und Flanken warten. Löw dürfte aber gegen die Schotten auf Mario Götze setzen. Durch die Blume sagte der Bundestrainer: „Es ist nicht das Entscheidende für Mario Gomez, ob er in der Startelf steht.“ Wichtiger sei nach den Pfiffen von Düsseldorf, dass er vom Publikum fair behandelt werde. Gleiches erwartet er für Götze, den ehemaligen Spieler der Dortmunder Borussia. Da dürfte aber selbst der vierte Stern wenig helfen.

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