Rheinpfalz Bausünden legalisieren

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Da stutzten am Dienstag selbst die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses, als Gastredner Klaus Zimmermann vom Ingenieurbüro Isu aus Bitburg erklärte: „Wenn der Stadtrat den geänderten Bebauungsplan ablehnt, kann diese Entscheidung das Aus für das Café Flory am jetzigen Standort bedeuten.“

So weit wollte es der Ausschuss indessen nicht kommen lassen. Er empfahl dem Stadtrat zuzustimmen, lediglich Peter Pfundstein (FWG) enthielt sich der Stimme. Pfundstein störte sich daran, dass die Konditorei/Bäckerei in der Lohnstraße „bis zu 30 Mitarbeiter“, wenngleich viele in Teilzeit, beschäftige. „Das ist mitten im allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig“, wandte er ein. Zustimmung hatte allerdings bereits die Kreisverwaltung Südwestpfalz signalisiert. „Was vorhanden ist, wird legalisiert“, fasste Zimmermann zusammen, „es darf aber nichts Neues entstehen“. Gerhard und Ilse Flory hatten sich im Juni 2011 nach 40 Jahren in den Ruhestand verabschiedet (die RHEINPFALZ berichtete). Eineinhalb Jahre später hatten sie mit Martina und Holger Gravius die geeigneten Nachfolger für ihr Geschäft gefunden, das sie mit „viel Herzblut“ betrieben hatten. Durch den Verkauf des Café-Ladengeschäfts samt dem rechts angrenzenden zweistöckigen Wohngebäude sind laut dem Isu-Planer „Bausünden durch Anfügen von Bauteilen“ festgestellt worden. Diese „kleinen Verstöße“ seien für die damalige Zeit „durchaus üblich“ gewesen. Der alte Bebauungsplan stamme noch aus dem Jahr 1979. Hier sei die Bebauung noch nach einer Baulinie vorgeschrieben worden. Der Plan habe auch eine Garagenlinie beinhaltet und durchgängig Grünflächen verordnet. „Die Erweiterung der baulichen Anlagen“ habe zwar den Wünschen der Anlieger entsprochen, nicht aber dem Bebauungsplan, merkte Zimmermann an. Nun habe die Kreisverwaltung die Änderung des Bebauungsplans für erforderlich gehalten, damit „eine Genehmigung überhaupt möglich“ sei. Aus baulicher Sicht habe schon die „Verschmelzung“ der beiden Grundstücke, auf denen das Ladengeschäft und das Wohngebäude stehen, zur Behebung von „Bausünden“ beigetragen. Das Gebäude neben dem Ladengeschäft dient den neuen Besitzern als Wohnhaus. Hier stehen im Untergeschoss auch Räume für die Belegschaft zur Verfügung: Aufenthalts und Sanitärräume. Parkplätze für die Mitarbeiter seien ausgewiesen. Auf Beschwerden von benachbarten Anliegern („ganz vereinzelt“, so Bürgermeister Wilhelm Matheis) habe der Betrieb reagiert. Zur Verbesserung des Lärmschutzes habe das vor zwei Jahren in Auftrag gegebene schalltechnische Gutachten beigetragen. Wie der Stadtbürgermeister mitteilte, seien die Kühlaggregate im Freien weggeräumt und im Haus untergebracht worden. Die An- und Abfahrten von Lastern dürften frühestens ab 6 Uhr erfolgen und müssten spätestens bis 22 Uhr beendet sein. Hinter dem Betrieb sei noch ein Sichtschutzzaun zu errichten. Mittlerweile gebe es gar keine Beschwerden mehr, die Nachbarn seien zufrieden. Trotzdem: Der „Vorhaben bezogene Bebauungsplan“ gelange jetzt in das übliche Verfahren, werde öffentlich ausgelegt für Anregungen und Bedenken, sagte Zimmermann. Dann finde die „Abwägung der Belange“ statt. Nicht allzu streng solle mit der Auflage umgegangen werden, wonach die Bäckerei „ausschließlich das Wohngebiet“ zu versorgen habe, meinte Zimmermann. Natürlich fänden sich auch Kunden von außerhalb in dem Geschäft ein, und dies sei „bestimmt kein Grund zur Beanstandung“. Helmar Brauer (WIR) hob hervor, dass das Café Flory „die einzige Bäckerei“ für die Stadtteile Lohn, Heide und Neuhof sei und hier eine gerne genutzte Einkehrmöglichkeit biete. Ende gut, alles gut? Im Haupt- und Finanzausschuss überwog Zustimmung.

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