Rheinpfalz Die Waffe der Opposition

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MAINZ. Heute Nachmittag wird die CDU im Mainzer Landtag ein Misstrauensvotum gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) beantragen. Das Misstrauensvotum ist eine der schärfsten Waffen, die die Opposition gegen den Regierungschef einsetzen kann. Wie berichtet, macht die CDU Dreyer persönlich dafür verantwortlich, dass der Verkauf des Flughafens Hahns gescheitert ist und zur Blamage der Landesregierung wurde. Abgestimmt werden soll über den CDU-Antrag am Donnerstag.

Misstrauensvoten des Landtags (siehe „Zur Sache“) können sich gegen den Ministerpräsidenten oder gegen einzelne Minister richten. In der bisherigen Geschichte des rheinland-pfälzischen Parlaments wurden sie insgesamt nur sieben Mal eingesetzt. Dabei hatte allein der allererste Versuch Erfolg: 1948 fegte die CDU den KPD-Minister Willy Feller aus dem Amt und damit die Kommunisten aus der Regierung. Feller hatte sich zuvor als Minister für Wiederaufbau gegen den amerikanischen Marshall-Plan für den Wiederaufbau Deutschlands ausgesprochen. In den Jahren 1979 und 1985 hat die damalige SPD-Opposition zwei Misstrauensanträge – jeweils erfolglos gegen die CDU-Justizminister Heribert Bickel und Otto Theisen – versucht. Beispiel Bickel: Ihm warf die SPD „eine Summe von Fehlleistungen“ vor. Diese reichten nach SPD Ansicht von der Einmischung in schwebende Verfahren bis hin zur fahrlässigen Hervorrufung des Eindrucks, im Land sei das Recht nach Gutdünken manipulierbar. Umgekehrt scheiterte 2010 die damals von CDU und FDP gebildete Opposition beim Versuch, SPD-Justizminister Heinz Georg Bamberger aus dem Amt zu drängen. Die absolute Mehrheit der Sozialdemokraten stand einmütig hinter dem Minister. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Bamberger zuvor bescheinigt, bei der Besetzung eines hohen Richteramtes unrechtmäßig und teilweise willkürlich gehandelt zu haben. CDU und FDP warfen dem Minister vor, das Vertrauen in die Justiz heftig erschüttert zu haben. Versuche, den Ministerpräsidenten selbst zu stürzen, hat es nach Angaben der Landtagsverwaltung bisher drei gegeben. Im Juli 1949 beantragte die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein Misstrauensvotum gegen CDU-Ministerpräsident Altmeier, der von 1947 bis 1969 insgesamt 22 Jahre lang das Land regierte. Die KPD warf dem CDU-Mann ebenso wie den Regierungschefs der anderen zehn Bundesländer vor, bei der Schaffung des Wahlrechts für den ersten Bundestag mit Hilfe der Alliierten unter anderem die Fünf-Prozent-Hürde durchgesetzt und damit gegen die Verfassung verstoßen zu haben. Die KPD-Attacke gegen Altmeier war so chancen- wie folgenlos. Nur sieben Abgeordnete verweigerten dem Ministerpräsidenten das Vertrauen. Am seidenen Faden hing Altmeiers politisches Schicksal allerdings im März 1952. Im Land war es zu heftigem Streit über die Einführung von Konfessionsschulen in Rheinhessen gekommen. Als die FDP, damals Koalitionspartnerin in der Regierung Altmeier, mit der SPD gegen diese Pläne stimmte, sahen die Sozialdemokraten die Chance für einen Regierungswechsel gekommen. Sie beantragten, Altmeier das Vertrauen zu entziehen, weil er gegen den Willen der Landtagsmehrheit den „inneren Frieden im Land“ gefährde. Der Antrag scheiterte nach Ansicht von Historikern auch deshalb, weil die Spitze der Bundes-FDP den Bruch der Koalition in Mainz verhinderte, um die damalige schwarz-gelbe Zusammenarbeit im Bund nicht zu gefährden. Im August 2012 musste sich Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) wegen der Nürburgring-Pleite einem Misstrauensvotum stellen. CDU-Fraktionschefin Klöckner warf dem SPD-Politiker vor, dem Land geschadet zu haben und nicht mit Fehlern umgehen zu können: Beck habe beim Nürburgring sein Wissen nicht zum Wohle des Landes genutzt und die Wähler getäuscht. Der Misstrauensantrag scheiterte: 59 Abgeordnete aus den Reihen der damaligen Regierungskoalition von SPD und Grünen stimmten gegen die Antrag der CDU, 41 Parlamentarier – über genauso viele Sitze verfügt seinerzeit die CDU – votierten dafür. Lange blieb Beck allerdings nicht mehr Ministerpräsident: Viereinhalb Monate später trat er zurück und übergab das Amt an Malu Dreyer. Sie sieht sich jetzt ebenfalls mit einem Misstrauensantrag der Opposition konfrontiert. Um Ministerpräsidentin Dryer zu stürzen, müssten nach der gesetzlich festgelegten Mehrheit 51 Abgeordnete für den CDU-Antrag stimmen – und das unabhängig davon, ob Abgeordnete erkrankt sind oder aus anderen Gründen fehlen. Eine einfache Mehrheit der Anwesenden reicht nicht aus. Die Opposition aus CDU und AfD verfügt zusammen über 49 Sitze, die Regierungskoalition aus SPD, FDP und Grünen über 52 Sitze. Die Opposition ist daher auf mindestens zwei Abweichler aus der „Ampelkoalition“ von SPD, FDP und Grünen angewiesen. Der Verkauf des Flughafens Hahn war noch von der Vorgängerregierung auf den Weg gebracht worden, an der die Liberalen noch nicht beteiligt waren. Daher hofft die CDU offenbar darauf, dass der eine oder andere FDP-Abgeordnete Malu Dreyer die Unterstützung entzieht. Die drei Regierungsparteien in Rheinland-Pfalz sind allerdings zuversichtlich, dass Dreyer die Vertrauensabstimmung überstehen wird. Der Antrag auf Entziehung des Vertrauens sei eine überzogene „Maßnahme, die wie ein Vorschlaghammer daher kommt“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Schweitzer gestern in Mainz. Bei allen kritischen Fragen zum Verkauf des Flughafens Hahn habe der Antrag die Koalition noch enger zusammengebracht. Für die FDP sagte Fraktionschef Thomas Roth: „Wir sind alle der Überzeugung, dass die Ministerpräsidentin hier nicht zur Disposition steht.“ Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Bernhard Braun kritisierte, der Antrag sei unbegründet und schwer nachvollziehbar. Alle drei Fraktionen zeigten sich allerdings offen gegenüber der möglichen Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. „Wir haben durchaus Bedarf, auch die Rolle der Wirtschaftsprüfer aufzuklären“, sagte Braun. Einwurf |nob/ros/lrs

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