Eisenberg „Ein Beispiel zeitgemäßen Wohnens“

Auf den Tag genau vor 50 Jahren, am 26. Mai 1965, begann offiziell die Geschichte der neuen Steinbornsiedlung. Der damalige Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung, Paul Lücke, und der rheinland-pfälzische Staatsminister für Finanzen und Wiederaufbau, Fritz Glahn, legten um 16.45 Uhr auf der „Baustelle Eisenberg-Steinborn“ den Grundstein für das „Demonstrativbauvorhaben von Land und Bund“ gemeinsam mit der Wormser „Gemeinnützigen Siedlungsbaugesellschaft ,Das familiengerechte Heim’“, besser bekannt unter der Abkürzung „dfh“.

Dieser Grundstein mit der Jahreszahl „1965“ ist immer noch in der Außenmauer des Grundstücks Uhlandstraße 1 zu sehen. Bei der damaligen Feier sprach laut Programm Bürgermeister Heinrich Rauschkolb vor der Grundsteinlegung durch die beiden Minister „einführende Worte“. Es folgten die obligatorischen Grußworte der Gäste. Die gesamte Zeremonie war zeitlich sehr knapp gestaltet, denn das Programm nennt bereits den Anschlusstermin eine Dreiviertelstunde später. Um 17.30 Uhr folgte in Anwesenheit der beiden hochrangigen Politiker in der Realschule ein „Empfang mit Imbiss“, der durch den Chor und Instrumentalkreis der Realschule Eisenberg und eine Bläsergruppe des Orchesters Eisenberg musikalisch umrahmt wurde. Im „Goldenen Buch“ der Stadt haben sich die Teilnehmer der Feier verewigt. An der Spitze Bundesminister Lücke mit einem Zitat des Schweizer Pfarrers und Schriftstellers Jeremias Gotthelf: „Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterland“. Gemeint ist damit das Vorbild der Familie, die den Kindern Grundwerte für das weitere Leben vermittelt. Denn, so der Dichter, nur auf einem stabilen und guten Fundament kann erfolgreich weiter gebaut werden. „Glück und Segen für das mutige Vorhaben“ wünschte der Mainzer Minister. Danach folgen rund 70 weitere Einträge illustrer Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Bereits zwei Jahre vorher, im Eisenberger Jubiläumsjahr 1963, hatte der Stadtrat einstimmig beschlossen, dem geplanten neuen Wohngebiet in der Gemarkung „In den Mühlhecken“ einschließlich der vorhandenen Karl-Liebknecht-Straße (heute Paul-Münch-Straße) in der „alten“ 1936 gegründeten Siedlung die Wohnplatzbezeichnung „Eisenberg-Steinborn“ zu geben. 1964 stellte das Bad Godesberger Institut für Raumforschung in einem Gutachten zur Standortwahl die positiven Voraussetzungen für die Entwicklung eines Ortsteils „nach zeitgemäßen städtebaulichen Grundsätzen“ fest. Denn: Das zur Verfügung stehende Gelände im „Anschluss an einen bescheidenen Siedlungsansatz aus der Vorkriegszeit“ sei für eine landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet, komme aber als Baugelände in Betracht. Und in einem Prospekt lobte das „dfh“ das Demonstrativbauvorhaben der Bundesregierung als „eine der interessantesten Wohnanlagen der Pfalz für rund 3000 Menschen ( in waldreicher, gegenüber Industrie und Lärm abgeschirmter und doch verkehrsgünstiger Lage“, in der Wohnhäuser „verschiedenster Art nach Gesichtspunkten modernen Städtebaus erstellt“ werden und ein „Beispiel zeitgemäßen Wohnens“ darstellen. Interessant auch die ursprünglich vorgesehenen Einrichtungen, wie „eine Volksschule mit Sportanlage und Turnhalle, ein Bürgerhaus, das als Festsaal oder Kino genutzt werden kann, ein Ladenzentrum mit allen erforderlichen Einkaufsstätten des täglichen Bedarfs, ein Jugendheim, einen Kindergarten, Kirchen beider Konfessionen sowie Zweigstellen von Post, Verwaltung und Banken“. Jeder Bauwillige könne in dieser landschaftlich schönen Lage wohnen, heißt es weiter. „Auch Interessenten mit geringen finanziellen Möglichkeiten können ein Eigenheim erwerben. Dies umso mehr, als durch Selbsthilfe ein erheblicher Teil der Eigenleistungen erarbeitet werden kann.“ Bezugsfertig seien die Gebäude in wenigen Monaten, „nicht etwa in Fertigbauweise, sondern Stein auf Stein vermauert, mit massiven Fertigbaudecken und dem Attribut eines solide gebauten Hauses“. Die Kosten der verschieden großen Eigenheime lagen zwischen 96.000 und 140.000 Mark. Darin waren enthalten: „Das Grundstück einschließlich der Erschließung, das gesamte Haus mit einer guten Ausstattung sowie einer Garage, die Außenanlage mit Einfriedung und Terrasse, alle Nebenkosten und Finanzierungskosten“. Die gemeinnützige Siedlungsbaugesellschaft ermöglichte es „jedem Bauinteressenten, ein Eigenheim in diesem bevorzugten Baugebiet zu erwerben, sofern er den ernsthaften Willen dazu mitbringt“, ist in dem dfh-Prospekt zu lesen. Denn „die Bedingungen sind bei diesem Demonstrativ-Bauvorhaben der Bundesregierung in Eisenberg-Steinborn so günstig, dass man diese Chance nicht achtlos an sich vorübergehen lassen sollte.“ Info Anlässlich des Grundstein-Jubiläums findet am morgigen Mittwoch, 18 Uhr, im Rahmen der Sitzung des Ortsbeirats eine Feierstunde im Steinborner Haus der Kirche statt. Dazu sind alle Einwohner, insbesondere die Zeitzeugen der Grundsteinlegung, eingeladen.

x