Rheinpfalz Eine Frage von Bewusstsein und Zeit
„Es darf nicht nur um immer schneller, höher, weiter gehen. Sondern auch darum, wie man sich gegenüber seiner Umwelt verhält“, ist die Überzeugung von Martin Löhr aus Birkweiler. Im Umkreis kenne er mittlerweile einige Bio-Winzer, die wie er auf tierische Bestandteile zur Klärung des Wein (siehe Stichwort) verzichteten, aber er sei wohl mit der erste in der Region, der dies auch auf dem Etikett gekennzeichnet hat. Bereits seit sechs, sieben Jahren baut er seinen Wein vegan aus, seit einem Dreivierteljahr zeugt auch ein entsprechendes Zeichen auf den Flaschen davon: das Wort „vegan“ neben einer Traube. Dieses habe er extra gestalten und schützen lassen. Aktuell gebe es noch so viele Vegan-Kennzeichnungen, „da mache ich lieber mein eigenes Ding“, habe er sich gesagt. Stefan Kuntz, Bioland-Winzer aus Landau-Mörzheim, setzt dagegen als seines Wissens nach erster der Region auf das V-Label der European Vegetarian Union, habe sich extra zertifizieren lassen. Seit dieser Saison sind alle seine Weine damit versehen. Wie das Weingut Lencer-Löhr hat er tierische Klärungsmittel aber schon seit vielen Jahren aus dem Keller verbannt. Von Kunden sei er immer wieder auf das Thema angesprochen worden – sei es nun aus ethischen oder aus gesundheitlichen Gründen. „Ich denke, besonders Bio-Kunden sind sensibler für ihre Umwelt und wollen bewusst leben“, sagt Kuntz. Früher nutzte er Gelatine und Hühnereiweiß, heute setzt er auf die Zeit. Wenn man gute Trauben vom Wingert bringe und dem Wein genügend Reifezeit lasse, könne er sich ganz alleine klären, beschreibt Kuntz sein Vorgehen. „Es passt doch gar nicht zusammen, so viel Arbeit am Weinberg zu investieren, und dann den Wein im Keller zu vergewaltigen“, findet er. „Wir wollen, dass der Wein schön in den Keller kommt, dann muss er danach nicht mehr geschönt werden.“ Zur Filtration verwende er lediglich Kieselgur und bei Fäulnisproblemen Aktivkohle. Zudem habe er die Hornspäne zum Düngen durch pflanzliche Melasse ersetzt. Auch Martin Löhr sagt: „Unsere Leitlinie ist es, im Keller nur das zu machen, was nötig ist, nicht alles, was geht.“ Es sei eine Sache von „Willen, Planung und Bewusstsein“, so der Birkweilerer, der früher Gelatine, Hausenblase und Eiweiß benutzte und nun mit dem einzigen Hilfsmittel Tonerde mit rund ein bis zwei Wochen mehr Reifezeit rechnet. Im Herbst habe er erstmals Versuche mit Erbseneiweiß gestartet – eine ganze neue Methode. Den Ausschlag zur Umstellung hat bei ihm die Schweineprotein-Allergie seiner Frau gegeben. Auch er sei Allergiker und sie hätten einfach nicht weiter einen Weg gehen wollen, der für den Anwender schädlich sein kann. Als Bio-Winzer sei die Umstellung auf veganen Wein für Löhr und Kuntz der nächste logische Schritt gewesen, berichten die zwei, die selbst Fleisch essen – in Maßen, wenn es aus guter Haltung komme. „Das steckt für mich alles in Bioland drin – ökologischer Anbau, gescheiter Umgang mit den Mitarbeitern, Verpackungsbewusstsein und eben auch der Umgang mit den Lebewesen“, so Kuntz. Er stehe in Kontakt mit der Landauer Vegan-Gruppe und wolle beim Birkweilerer Weinfrühling seine Weine erstmals zusammen mit einem Caterer anbieten, der auch vegetarische und vegane Schmankerl anbieten wird, berichtet Löhr. „Es betrifft vielleicht nur eine Randgruppe, aber auch die sind froh, wenn man sich um sie kümmert.“ Und besonders in und um Landau sei die vegane Szene recht groß. Auch Kuntz berichtet von zahlreichen Kunden, die sich explizit auf die V-Kennzeichnung hin bei ihm gemeldet haben: „Wir verkaufen deutschlandweit an Händler und die gehobene Gastronomie, die nach veganem Wein gefragt haben.“ Besonders unter Bio-Winzer haben die beiden eine Abkehr von tierischen und überhaupt Schönungsmitteln bemerkt. „Bio-Anbau und vegane Weine sind eine Sache der Überzeugung. Und wir sind Überzeugungstäter“, sagt Löhr. Bio-Winzer seien eben innovativer, findet Kuntz, der nun auch zwei histaminfreie Weinsorten entwickelt hat.