Rheinpfalz Gaukler, Ritter und Badezuber

Severinus und sein Helfer Ludovico erklärten ihren Zuschauern Brücke und Rad von Leonardo da Vinci.
Severinus und sein Helfer Ludovico erklärten ihren Zuschauern Brücke und Rad von Leonardo da Vinci.

Ein wahrlich buntes Treiben herrschte am Wochenende rund um die katholische Kirche und das Kulturhaus von Kübelberg. Für zwei Tage hatte die Gemeinde zum Mittelaltermarkt eingeladen. Denn vor genau 1000 Jahren wurden Kübelberg die Marktrechte verliehen. Ein Ereignis, das es gebührend zu feiern galt. Der Aufwand hat sich gelohnt: Den verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen gelang es perfekt, die Welt und den Alltag vor Hunderten von Jahren aufleben zu lassen. Zahlreiche Besucher ließen sich gern mit auf die Zeitreise nehmen.

Eine kleine Prozession anscheinend hoher Persönlichkeiten – umrahmt von Spielleuten und Rittern – zieht auf den Platz, steigt die Treppe hinauf und lässt sich vom Volk bejubeln. Der Herold sowie Ortsbürgermeister Josef Weis heißen die Gäste willkommen. Die Geschichte des Ortes Kübelberg rollt Markus Bauer nach einem Vortrag von Kreisheimatpfleger Dieter Zenglein auf. Entscheidend ist, dass „Kaiser Heinrich II. dem Domstift Worms am 9. Juni 1018 das Zoll- und Marktrecht, also die Handelsgaben von Kauf und Verkauf der Waren auf dem Markt in loco qui dicitur Kebelinbach“ bewilligte. Dass Kebelinbach für das Kirchdorf und Gericht Kübelberg steht, sei heute anerkannt. Das Marktrecht stärkte die Finanzkraft des Ortes und die Einnahmen. Denn die Gemeinde konnte eine Abgabe vom gesamten Markt- und Handelsverkehr und eine Gebühr für die Benutzung der örtlichen Markteinrichtungen verlangen, wie Bauer ausführte. Die verschiedenen Märkte wurden wohl rund um die alte Kirche begangen. Es kamen Leute aus dem ganzen Kübelberger Gericht zusammen, dazu zählten Schönenberg, Kübelberg, Schmittweiler, Sand, Miesau, Elschbach, Brücken, Nieder-Ohmbach, Dittweiler, Altenkirchen und Frohnhofen, um Waren feilzubieten und zu erwerben. Spielleute und fahrende Gaukler sorgten damals für Unterhaltung. Die hohen Herrschaften aus der Politik, darunter Schirmherr Landrat Otto Rubly, Wirtschaft und Kirche tragen sich nun ins Goldene Buch ein, das der Kurator des Kulturhauses, Johann Haiduk, mitgebracht hat. Nach dem Dankeschön an alle Helfer und Mitwirkenden gibt Marktmeister Thomas Wolf den Startschuss für den Markt. Typische mittelalterliche Musik hebt an. Die Klänge von Trommeln, Dudelsäcken, Flöten und Leiern erfüllen den Platz. Die Freude am Tun ist den Mitgliedern der Spielleut` Ranunculus anzusehen und zu hören. Die Zuschauer lassen sich anstecken, wippen im Takt und fallen in die Refrains der Lieder ein. Zwei Tänzerinnen bewegen sich anmutig zu den ruhigeren Melodien. Nicht nur die Kleinen sind begeistert von den Späßen und Zaubereien, die der Wegelagerer und Magier Kalibo auf Lager hat. Mit seiner orangefarbenen Kostümierung und dem passenden Hut zieht der Mann schon von weitem die Blicke auf sich. Einen richtig ekligen Kartentrick werde er zeigen, kündigt er an. Ein lautes bäh des Publikums ist die Antwort. Tanja aus Waldmohr pickt sich der Zauberer als Helferin heraus. Sie muss immer wieder eine Karte ziehen – und ja, es ist jedes Mal die Karo 2. Kalibo erklärt wortreich das eigentlich Offensichtliche, doch am Ende schafft er es doch, die Leute zu verblüffen. Viel „Handgeklapper“, ein paar Silberlinge und sogar Scheine sind sein Lohn. Kinder begeistert besonders der Ritterkampf, bei dem sie selbst mitwirken dürfen. Mit Schaumstoffnudeln hauen sie auf starke Ritter ein, die bald zu Boden gehen. Der Sieg ist den jungen tapferen Kämpfern, die Eleonore und ihr Reich gegen Eindringlinge verteidigt haben, sicher. Wer es lieber ruhiger mag, setzt sich in eins der vier Drachenboote. Ein Schubs genügt und das Schifflein schaukelt kräftig hin und her. Stände mit Schmuck, Spielsachen, Töpferwaren, Kostümen, Accessoires, aber auch mit Essen und Getränken ziehen die Besucher an. Ein Schmied animiert zum Zuschauen. Danach tut eine Abkühlung im Badezuber gut. Auf dem weitläufigen Gelände haben die Glanländer und das Bündnis der Wölfe ihre Lager aufgebaut. Einige der Zelte sind besetzt, es wird geredet, gelacht, gegessen und getrunken. Über einem Feuer dreht sich ein Stück Fleisch. Anderswo wird detailliert erklärt, was es mit den Unehrbaren im Mittelalter auf sich hatte. Auch werden frisch gezogene Kerzen, Lakritze, Gewürze und Liköre angeboten. Auf unterhaltsame Art erklärt Severinus das Da-Vinci-Rad, das sein Helfer Ludovico baut. Allein durch Ineinander- und Zusammenstecken von verschieden geformten Hölzern entsteht in Windeseile zuerst eine Brücke, dann das Rad. Auch ein magisches Quadrat – als Grundlage nimmt er das Alter eines Zuschauers – löst Severinus in kürzester Zeit. Etwas Ruhe in der Taverne tut gut. Gestärkt geht’s ins Kulturhaus. Dort betrachten die Besucher die verschiedenen Siegel von Schiffen und Städten, von deutschen Kaisern und Königen, dem Gericht Kübelberg und Leihgaben aus dem elsässischen Museum in La Petit Pierre. Zusammengestellt hat sie Kurator Johann Haiduk. Sondermarken und Sonderstempel dürfen nicht fehlen. Schließlich lädt eine Ausstellung mit Tafeln, Exponaten und Videodarbietung ein, sich näher mit der Geschichte des Orts und des Gerichts Kübelbergs zu befassen.

Proppenvoll war es beim mittelalterlichen Treiben rund um Kirche und Kulturhaus in Kübelberg.
Proppenvoll war es beim mittelalterlichen Treiben rund um Kirche und Kulturhaus in Kübelberg.
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