Rheinpfalz Halligalli auf der Hallig

Wie macht man aus völlig zerstrittenen Geschwistern wieder eine harmonische Familie? Vor diesem Problem steht der prominente Dr. Budenthal kurz vor seinem 75. Geburtstag. Deshalb lockt er seine erwachsenen Kinder auf eine einsame Hallig in der Nordsee, die sie nicht verlassen können, und engagiert einen Familiencoach. Wie erfolgreich sein Plan ist, zeigt die Komödie „Barfuß im Schnee“ von Bernd Spehling, die die Theatergruppe des Heimat- und Kulturvereins Relsberg aufführt.

Halligbewohner Hein Pedersen (Klaus Laub) geleitet einen ersten Gast durch das Wohnzimmer im Leuchtfeuerdienstgehöft auf der Hallig Ödebraurup: die Russin Svetlana Nukova (Manuela Gaß) ist die Geliebte des Familiencoachs. Sie will ihn später überraschen und verschwindet in einem der Zimmer. Der Reihe nach kommen die Mitglieder der Familie Budenthal auf der Hallig an. Robert (Matthias Rahm) ist Lehrer, kaut ständig an seinen Fingernägeln und hat die zwanghafte Angewohnheit, seine Mitmenschen zu verbessern. Sein Bruder Freddy (Kai Laub) ist Geschäftsmann, der alles Mögliche günstig verkauft. Schwester Ulli (Tina Conde) ist Soldatin, springt mit dem Fallschirm ab und plant sofort, die „Zivilisten“ zu evakuieren. Zur Familie gehören auch Roberts Frau Brigitte (Irena Hentzel) und Freddys Lebensgefährtin Angela (Julia Petzold). Andy McHunter (Jürgen Jensen), ein berühmter Familiencoach, merkt schon bald, dass er keine leichte Aufgabe übernommen hat. Die Geschwister streiten und werfen sich unflätige Beleidigungen an den Kopf. Die beiden Brüder prügeln sich sogar. Da helfen McHunters pastorales Auftreten und die bewährten Therapien nicht weiter. Kurzerhand nimmt er den Budenthals die Akkus aus ihren Handys und wirft sie in den Schnee. Schließlich gibt es für alle eine gemeinsame Aufgabe: Sie müssen barfuß durch den Schnee laufen. Aber was der professionelle Familiencoach mit seinen Methoden nicht erreicht, gelingt Svetlana, die als seine Assistentin auftritt. Durch ihre verführerische Kleidung und einige Runden Wodka lockert sie die Beziehungen rasch auf. Die Geschwister verstehen sich nun besser und drehen den Spieß um: Jetzt büßt der Familiencoach den Akku seines Handys ein, und Freddy macht mit dem Handy, das er Hein Pedersen verkauft hat, ein kompromittierendes Foto von McHunter, das er im Internet veröffentlicht. Jetzt ist auf der ruhigen Insel die Hölle los. Vier Reporter (Janine Hentzel, Axel Steil, Marco Werner und Timo Hentzel) bestürmen McHunter und wollen ein Interview mit ihm. Wird es ihm gelingen, seine Haut zu retten? Das soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Das Publikum kam bei der Premiere erst langsam in Schwung. Doch das Stück ist auch keine platte Komödie, sondern es macht auch nachdenklich. Denn die Handlung zeigt, wie schwierig es ist, Vorurteile abzubauen und tief sitzende Zwietracht zu überwinden. Außerdem ist die Komödie eine gelungene Satire, in der die Grenzen von Psychologie und Gruppendynamik aufgezeigt werden. Die Relsberger Theatergruppe präsentierte sich wieder als sehr gut eingespieltes Team. Das wurde auch daran deutlich, dass die Rolle von Hein Pedersen einen Tag vor der Premiere neu besetzt werden musste. Klaus Laub löste seine Aufgabe bravourös, auch wenn er gelegentlich einen Blick in das Textbuch werfen musste. Mit einem kräftigen Schlussbeifall bedankten sich die Zuschauer für einen kurzweiligen und anregenden Theaterabend. (dhb)

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