Rheinpfalz „Ich mache einfach“

Will die Pfarrer entlasten: Marianne Wagner.
Will die Pfarrer entlasten: Marianne Wagner.

«Speyer.» Marianne Wagner ist die erste Pfarrerin im Führungsgremium der Evangelischen Kirche der Pfalz. Sie bringt die weibliche Note rein und nimmt den Spagat zwischen immer weniger Pfarrern und immer mehr Herausforderungen für Gemeinden sportlich.

Marianne Wagner

nimmt in ihrem dunkelblauen Kleid Platz an ihrem Besprechungstisch. „Kirche lässt sich schlecht im Sitzen bewegen“, sagt sie und lacht. Ihr Büro liegt gegenüber dem Historischen Museum in Speyer. Seit sie im September 2016 offiziell in ihr Amt eingeführt wurde, waren 80 Prozent der Gespräche Einzelgespräche, erzählt sie. Die Leute wollten die Neue kennenlernen, die verantwortlich ist für das theologische Personal. Viele kamen auch mit persönlichen Anliegen. Wenn sie bei ihrem Gegenüber das Bedürfnis spüre, setze sie sich auch mit Pfarrern und Kollegen hin und bete mit ihnen, erzählt die Oberkirchenrätin. Mit einigen gehe sie am Rhein spazieren – andere Atmosphäre, anderes Denken, immer in Bewegung. Das bewegt den Geist. Dass sie Kirche nicht im Sitzen bewegt, zeigt sie auch mit ihren Reisen durch die Pfalz und ins Ausland. Wagner ist zuständig für die Dekanate Alsenz und Lauter, Bad Dürkheim-Grünstadt, Donnersberg, Frankenthal und Ludwigshafen. Sie selbst kommt aus dem nordpfälzischen Niedermoschel, ist in Bad Kreuznach und Winnweiler zur Schule gegangen. Mittlerweile lebt sie in Neustadt-Gimmeldingen. Wagner ist die erste Pfarrerin in der Historie der Evangelischen Kirche der Pfalz, die Oberkirchenrätin wurde. Sie und Oberkirchenrätin Karin Kessel – ihres Zeichens Juristin – sind die einzigen Frauen in der Leitungsebene. Sie habe der Synode eine Alternative bieten wollen in einer für sie aussichtslosen Wahl, sagt Wagner über ihre Kandidatur. Das klappte. Die Pfarrerin im Missionarisch-Ökumenischen Dienst der Landeskirche wechselte von Landau nach Speyer. Sie habe sich sehr willkommen geheißen gefühlt. „Ich habe gespürt, dass die Mitarbeiter stolz gewesen sind, dass es nun eine Frau wurde“, sagt Wagner. Bis Mai waren in ihrer Abteilung nur Frauen. Auch in den Gemeinden habe es viel Zuspruch gegeben. Wagner ist die Minderheitenposition, wie sie es nennt, gewöhnt. „Ich war früher in Führungspositionen die einzige Frau, etwa bei der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. Ich mache einfach, das wirkt schon.“ Wagner ist keine Frau, die die feministische Fahne hochhält. „Ich möchte diese Rolle selbstverständlich ausfüllen“, betont sie. Ihr ist aber auch klar: „Bei Männern laufen Entscheidungsprozesse anders. Da werden Dinge auch by the way in der Zigarettenpause geklärt und dann später in der Sitzung beschlossen.“ Was Frauen von Männern noch unterscheidet: Wenn Frauen Fehler passierten, würden sie sich das mehr zu Herzen nehmen. Doch gerade Letzteres ist ihr in der Landeskirche wichtig: „Wir brauchen eine Fehlerkultur.“ Außerdem wolle sie die Kompetenzen vor Ort stärken. „Ich komme nicht mit einem vorgefertigten Konzept und stülpe es den Gemeinden über“, sagt sie. Wagner will Ehrenamtliche stärken. „Die Gemeindeglieder vor Ort können auch ohne Pfarrer Gott feiern. Ich denke da beispielsweise an Bibelhauskreise.“ Gerade ende die Erprobungsphase der Pfarrassistenz. Gemeinden teilen sich eine Verwaltungskraft. „Ein Büro zu organisieren, muss man lernen“, sagt sie. Zudem sollen Pfarrer entlastet werden und Freiräume für Seelsorge haben. „Dann hätten sie Zeit für religionspädagogische Arbeit in Kitas.“ Da könnten die Protestanten sich auch etwas abschauen von den Katholiken, die ihre Gemeindereform bereits umgesetzt haben. Die Menschen wieder zur Kirche bringen, ist ihr großes Ziel. „Wir brauchen eine Sprachfähigkeit im Glauben, müssen noch mehr die andere Seite dazu denken“, sagt Wagner. Sie spüre eine Sehnsucht der Menschen. „Sie suchen nach Orientierung, fragen sich: ,Was soll ich tun, damit meine Kinder keine Leistungsroboter werden, die später beim Psychiater sitzen’“, berichtet Wagner. Viele Antworten böten die alten Quellen des christlichen Glaubens. „Man muss auch einiges Gott überlassen“, sagt sie. Das ist auch Marianne Wagners eigenes Motto.

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