Rheinpfalz Im Bauhof weht ein anderer Wind

91-87535559.jpg
Homburg

. Die Spatzen pfiffen es seit 20 Jahren von den Dächern: Angeblich nehmen es die Trupps vom Baubetriebshof mit der Arbeitszeit nicht so genau, und böse Zungen behaupten, im Bauhof könne die Stadt kaum noch Werkzeug oder Baumaterialien lagern, sonst würden die bald geklaut. „Das ist übertrieben; das Gros der BBH-Beschäftigten arbeitet ehrlich und ordentlich“, sagt Rüdiger Schneidewind (SPD), der am 1. Oktober 2014 das Amt des Homburger Oberbürgermeisters von Karlheinz Schöner (CDU) übernommen hat. Damals verkündete er, dass Dinge, die dort mit den Jahren bei der Stadt aus dem Ruder gelaufen seien, abgestellt würden. Ende 2015 nahm der neue OB den Baubetriebshof ins Visier. „Ich habe konkrete Hinweise auf Fehlverhalten und Arbeitszeitverstöße von bestimmten Mitarbeitern erhalten, die bis in die kriminelle Ebene gehen“, sagt Schneidewind und betont, es gehe hier „nicht darum, dass mal einer rüber in die Bäckerei zum Brötchenholen geht“. Vorigen Herbst erteilte er einer Düsseldorfer Detektei den Auftrag, vier verdächtige Personen während deren Arbeit beim BBH zu observieren. Als erstes Ergebnis dieser Überwachung, so der OB Mitte Juli vor dem Stadtrat, seien ein Vorarbeiter fristlos gekündigt und die drei anderen Männer abgemahnt worden: Bei diesen sei eine Kündigung nicht möglich, weil sie bereits seit mehr als 15 Jahren bei der Stadt im öffentlichen Dienst angestellt gewesen seien. Gleichwohl wurden Strafanzeigen gestellt. Zudem will Schneidewind den BBH an seine persönliche Kandare nehmen. Mitarbeiter dürfen ab sofort keine Nebentätigkeiten mehr annehmen, auch die Ausleihe von Fahrzeugen oder Werkzeugen für private Zwecke ist fortan untersagt. Die Zufahrt zum Bauhof wird durch eine Pforte abgesichert; der bisherige BBH-Leiter wurde abgelöst und mit neuen Aufgaben im Rathaus betraut. Für sein Durchgreifen, so sagte der OB gestern, stoße er auf wachsende Zustimmung „in der Bevölkerung, bei Firmen und von anderen Kommunalpolitikern“: Viele Dinge seien heute „einfach nicht mehr hinnehmbar, die bei uns im Saarland früher vielleicht mal als traditionelles Gewohnheitsrecht durchgegangen sind“. Hier sei nur an den Brauch erinnert, dass sich Stahlarbeiter einst während der Maloche „uff de Hitt“ das Metall „ausborgten“, um daraus ihren privaten Schwenkgrill zu fabrizieren. Allerdings stößt Schneidewinds Handeln nicht nur auf Zustimmung: So ließ der Rathaus-Personalrat einen Anwalt nachprüfen, ob der OB an diesem Gremium vorbei einfach Detektive auf städtische Mitarbeiter ansetzen durfte. Durfte er wohl, auch wenn dies der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht gerade dienlich ist, wie der Anwalt befand. Viel zu erklären hat Schneidewind jedoch ob der stolzen 240.000 Euro Honorar, die die finanzschwache Stadt Homburg bereits an die Privatermittler zu berappen hatte. Und damit nicht genug: Weitere 60.000 Euro, die die Detektive obendrein noch in Rechnung stellten, hält die Stadt bis dato zurück. Über die Höhe des Honorars wird es demnächst vermutlich zum Rechtsstreit kommen. Aus eigener Initiative heraus darf der Homburger Rathauschef eigentlich nur über Beträge bis zu 50.000 Euro verfügen. Dass die Kosten derart massiv in die Höhe schnellen würden, habe er, so Schneidewind, seinerzeit nicht abschätzen können: Denn erst im Zuge der Ermittlungen seien immer mehr Verfehlungen der observierten BBH-Mitarbeiter ans Licht gekommen. Während die Detektive länger und länger Fakten sammelten, tickte sozusagen das Taxameter weiter. Der Oberbürgermeister argumentiert, dass man die Verfehlungen „über die üblichen Hierarchien im Rathaus“, also ohne Detektive, in dieser Form nie hätte aufklären können. Immerhin sei auch ein recht hochgestellter Rathaus-Abteilungsleiter Teil dieser „Hierarchien“: eine Führungskraft, die jetzt ihrerseits die Kündigung erhalten hat, weil sie angeblich private Bauarbeiten an zwei eigenen Häusern von BBH-Mitarbeitern hat ausführen lassen. Und auch gegen Schneidewinds Amtsvorgänger Schöner hat die Stadt jetzt Strafanzeige gestellt: Zwar warnt der OB vor Vorverurteilung, doch stehen Gefälligkeitsarbeiten an Schöners Privathaus zur Debatte, die noch in dessen Amtszeit 2013 geleistet worden sein sollen. All diese Enthüllungen ändern nichts daran, dass die Opposition im Homburger Rathaus einerseits von einer eklatanten Kompetenz-Überschreitung Schneidewinds spricht, der Steuergelder aus dem Fenster hinaus werfe - und andererseits von Bespitzelung, die zu einem „Klima der Angst“ im Baubetriebshof führe. Derweil sagt der OB unter Verweis auf die Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten, dass er bis heute nicht das Recht habe, klipp und klar darzulegen, welche Delikte genau den angezeigten BBH-Mitarbeitern denn nun eigentlich zur Last gelegt werden.

x