Kultur Südpfalz Jeder Kuss ein herzhaftes Niesen

Für die Ausstatter war die Lebensgeschichte des Hochstplers Frank Abagnale Jr. eine wahre Steilvorlage.
Für die Ausstatter war die Lebensgeschichte des Hochstplers Frank Abagnale Jr. eine wahre Steilvorlage.

„Catch Me if You Can“ ist eine Gaunerkomödie par excellence. Steven Spielberg hat sie 2003 mit Leonardo DiCaprio und Tom Hanks verfilmt und landete einen Kinohit. Am Mittwoch kam sie als frisches und quirliges Musical von Marc Shaiman auf die Bühne der Festhalle Landau. Es war ein Fest fürs Auge – aber eine Folter für die Ohren. Die Tontechnik hat auf ganzer Linie versagt und alles Musikalische zu einem übersteuerten, viel zu lauten Brei zermalmt.

Es ist nicht zum ersten Mal, dass ein Musical in der Festhalle zur Tortur wird. Aber so schlimm wie diesmal war es selten. Erst hat die Musik das gesprochene Wort vollends übertönt, dann war beides so laut ausbalanciert, dass sämtliche Liedbeiträge wie eine Parodie auf sich selbst klangen. In der Atmosphäre waberte ein Grundrauschen, das sich bei Einsetzen der hinter der Bühne agierenden sechsköpfigen Liveband so anhörte, als habe man einen alten Lautsprecher überdreht. Selbst bei einfachen Sprechszenen knackten die Mikrofone der Agierenden zum Erbarmen. Nahezu jeder Kuss klang da wie ein herzhaftes Niesen. Gesundheit, kann man der kränkelnden Technik da nur wünschen, so wie das auch Hauptdarsteller Philipp Moschitz geistesgegenwärtig in einem besonders heiklen Moment getan hat. Wäre die Story, die auf wahren Tatsachen beruht, nicht so attraktiv, die Präsenz der ambitionierten Interpreten nicht so packend und die Gesamtausstattung nicht so erfrischend gewesen: Die Zuschauerreihen hätten sich in der Pause sicher noch stärker gelichtet. Wer zwei Stunden durchhielt, wurde mit einer tollen Story belohnt, die auch zündete, wenn man sie bereits hinreichend kennt. „Fang mich, wenn Du kannst“, heißt der Titel. Und dieses Katz-und-Maus-Spiel handelt von Frank Abagnale Jr., dem jüngsten Hochstapler aller Zeiten, der mit 16 Jahren von daheim ausbüxt, um dem Scheidungskrieg der Eltern zu entkommen, und in New York sein Glück sucht. Fast zufällig – und weil er ein so geschickter Urkundenfälscher ist – stolpert der mittellose, aber fantasiereiche Schwindler von einer Lebenslüge in die nächste, schlägt sich als Pilot, Arzt, Anwalt und Lutheraner durch und hält FBI-Agent Carl Hanratty, der ihm auf den Fersen ist, vier Jahre lang auf Trab, bis er sich in Brenda (Carina Böhmer) verliebt und seine Flunkereien aufgibt. In der Produktion des Altonaer Theaters Hamburg spielt Philipp Moschitz den smarten Hochstapler mit jugendlicher Leichtigkeit und genussvoller Lebensfreude, aber stets mit dem Herz am rechten Fleck. Die Beziehung zur untreuen Mutter (Lillemor Spitzer), vor allem aber zu seinem desillusionierten Vater (Georg Münzel), dessen träumerische Melancholie er geerbt hat, ist stimmig. Und die Dialoge sind von erstaunlicher Relevanz. Ilja Richter verkörpert perfekt einen FBI-Mann, der über sein grüblerisches Pflichtbewusstsein hinaus zunehmend Gefallen an diesem Räuber-und-Gendarm-Spiel und sogar an seinem Gegenpart persönlich findet. Gut wird bei aller Turbulenz der Verfolgungsszenen herausgearbeitet, dass beide Protagonisten im Grunde sehr einsam sind und sich deshalb immer stärker einander zugeneigt fühlen. Das Bühnenbild (Johannes Fischer) ist einfach, aber sehr effektvoll und profitiert von einer klaren Lichttechnik (Mathias Wicher). Für die Ausstatter war die Story eine wahre Steilvorlage. Bei den Kostümen im Stil der 60er-Jahre schöpft Volker Deutschmann aus allem, was der Plot zu bieten hatten: angefangen beim klassischen grauen Hut mit Mantel über den Nadelstreifenanzug und die flotten Uniformen der Stewardessen bis hin zum kitschigen Krankenschwestern-Outfit und den witzigen personalisierten Reklameobjekten. Die Tanznummern (Choreographie Sven Niemeyer) sind nicht atemberaubend, aber solide, und die Musik speist sich aus einer flotten, manchmal swingenden Mischung amerikanischer Ohrwürmer. Ihre Ausführung freilich kann man bei diesem Technikdesaster nicht beurteilen.

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