Rheinpfalz Wie das Uniklinikum gegen Kindesmissbrauch vorgeht

Die Universitätsklinik in Homburg zieht weitreichende Konsequenzen aus den Missbrauchsfällen.
Die Universitätsklinik in Homburg zieht weitreichende Konsequenzen aus den Missbrauchsfällen.

«Homburg». Am 23. Juni wurde bekannt, dass ein mittlerweile verstorbener Kinderarzt in Homburg angebliche Routineuntersuchungen zu sexuellen Übergriffen auf Patienten genutzt haben soll. Der Arzt soll zum Ende seiner Beschäftigung 2014 in der Ausscheidungsambulanz 280 Kinder behandelt haben. Davon seien 34 von den Übergriffen betroffen gewesen, hieß es zunächst. Inzwischen geht das Uniklinikum (UKS) von 58 Fällen aus. 314 Betroffene und deren Familien seien schriftlich informiert worden. Externe Gutachterin eingeschaltet Es sei ein „wichtiger Baustein im Aufarbeitungsprozess der Missbrauchsverdachtsfälle im Bereich der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Zeit bis 2014“, teilte Pressesprecher Christian Schütz in einer Erklärung mit. Für die Aufarbeitung der Ursprungs-Verdachtsfälle sei eine externe Gutachterin verpflichtet worden, welche die Akten der 34 Verdachtsfälle und die Ausgangslage noch einmal überprüfen soll. Seit Juni läuft die Aufarbeitung. Dazu gehören die Gespräche mit den Betroffenen und ihren Familien. Personelle Konsequenzen „In Abstimmung mit dem UKS-Vorstand lässt Alexander von Gontard, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, auf eigenen Wunsch die Leitung der Klinik als auch die reguläre Tätigkeit in der Krankenversorgung bis auf Weiteres ruhen, um die Klinik vor Schaden zu bewahren“, heißt es in der Erklärung. Gegen Gontard sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Die kommissarische Leitung der Klinik übernimmt der Stellvertretende Ärztliche Direktor des UKS, Michael Zemlin. Die Ende Juni gegründete Taskforce Kinderschutz am Uniklinikum hat jetzt ein Kinderschutzkonzept vorgelegt. Das „Präventionskonzept gegen sexuellen Missbrauch und Gewalt am UKS“ soll derartigen Übergriffen vorbeugen und den Mitarbeitern des Klinikums „Handlungssicherheit im Umgang mit schwierigen Situationen geben“. Erweitertes Führungszeugnis Das Konzept setze bei der Personalauswahl an. Neu eingestellte Beschäftigte sollen künftig ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, wenn die Bewerber regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen arbeiten wollen. Darin werden Verurteilungen wegen Sexualdelikten aufgeführt, die im einfachen Führungszeugnis nicht enthalten sind, um Vorbestraften die Resozialisierung zu erleichtern. Darüber hinaus habe das Uniklinikum einen Verhaltenskodex entwickelt und verlange eine zusätzliche freiwillige Selbstauskunft. Damit soll neuen Beschäftigten aufgezeigt werden welche Bedeutung der Kinderschutz am Uniklinikum hat. Potenzielle Täter sollen abgeschreckt, bereits belastete Bewerber im Vorfeld aussortiert werden, so das Unikinikum. Mehraugenprinzip bei Kindern Neben den Bewerbern will das Uniklinikum auch den bereits in der Kindermedizin beschäftigten Mitarbeitern auf die Finger schauen. So soll ein Mehraugenprinzip bei der Behandlung von Kindern Übergriffe verhindern. Schulungen sollen Ärzte und Pflegepersonal für Grenzverletzungen sensibilisieren und zum Eingreifen ermutigen. Zugleich sollen Beschäftigte vor falschen Verdächtigungen bewahrt werden. Um den gegenläufigen Ansprüchen des Konzepts gerecht zu werden, habe die Taskforce Kinderschutz einen „Stufeninterventionsplan“ entworfen. Der soll den Mitarbeitern zeigen, zu welcher Zeit wie vorgegangen werden muss. Vom ersten Hinweis auf eine sexuelle Grenzverletzung bis hin zur arbeitsrechtlichen Konsequenz soll das Richtige getan werden. Für Fragen stünden den Beschäftigen des Uniklinikums sowohl interne als auch betriebsfremde Ansprechpartner zur Verfügung. Die saarländische Staatskanzlei habe einen Sonderermittler benannt, der im Auftrag der Landesregierung die Verdachtsfälle der Vergangenheit untersuchen soll. „Das Universitätsklinikum des Saarlandes wird dessen Arbeit selbstverständlich bestmöglich unterstützen“, so die Erklärung des Uniklinikums.

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