Bahnverkehr GDL-Streik belastet Wirtschaft schwer

Vor allem im Einzelwagenverkehr werden die Folgen des GDL-Streiks massiv sein, weil hier fast nur die DB aktiv ist. Das Foto ent
Vor allem im Einzelwagenverkehr werden die Folgen des GDL-Streiks massiv sein, weil hier fast nur die DB aktiv ist. Das Foto entstand auf dem Rangierbahnhof Maschen bei Hamburg.

Der sechstägige Streik der Lokführergewerkschaft GDL trifft auch den Güterverkehr ganz massiv. Manche Branche wie die Chemie und damit auch die BASF stellt das bei der Logistik vor große Probleme. Wirtschaftsexperten beziffern den gesamtwirtschaftlichen Schaden durch den Streik auf bis zu 1 Milliarde Euro.

Die deutsche Industrie muss sich aufgrund des sechstägigen GDL-Streiks auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Insbesondere Branchen mit hohem Schienengüter-Anteil müssen umdisponieren. „Der angekündigte sechstägige Bahnstreik belastet die Transportlogistik in Deutschland und Europa und damit auch Unternehmen der deutschen Automobilindustrie“, teilte etwa der Verband der Automobilindustrie (VDA) auf Anfrage mit.

Zu den besonders massiv betroffenen Branchen gehört die Chemische Industrie und damit gerade auch die BASF, die schon seit einiger Zeit eigentlich bemüht ist, den Anteil der energieeffizienten Schiene an ihren Transporten zu erhöhen. Nun sieht sich die BASF zum Gegenteil gezwungen und verlagert notgedrungen Transporte von der Schiene auf die Straße.

Die Folgen des sechstägigen Streiks werden deutlich gravierender sein als die der bisherigen kürzeren Streiks. Dazu teilte der Ludwigshafener Chemiekonzern am Dienstag mit: „Die negativen Auswirkungen des angekündigten Streiks im Vergleich zum vorherigen Streik werden größer ausfallen: Die extrem lange Streikdauer wird zu unvermeidbaren Brüchen in etablierten Lieferketten führen. Die Tatsache, dass die Streiks sehr kurz hintereinander stattfinden, BASF nur wenig Vorbereitungszeit gegeben wird und der noch bestehende Bearbeitungsrückstand aufgrund der Schneefälle der letzten Woche noch nicht aufgearbeitet werden konnte, erschweren die Situation maßgeblich. Solche Aktionen schaden der deutschen Industrie und dem Standort Deutschland.“

BASF: Einzelwagenverkehr besonders stark betroffen

Die BASF erwartet, dass der Einzelwagenverkehr, der vorwiegend für die Belieferung der BASF-Kunden eingesetzt wird, durch den Streik deutlich stärker beeinträchtigt sein wird als beim vorherigen Streik . Im Gegensatz dazu dürften die Ganzzug-Verbindungen, die die BASF-Standorte mit wichtigen Rohstoffen versorgen, in geringerem Maße betroffen sein.

Vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) hieß es, die Unternehmen hätten umgehend versucht, flexible Lösungen zu entwickeln. „Diese können die Einschränkungen und Verzögerungen in der Bahnlogistik aber nur teilweise kompensieren“, betonte der VCI. Ähnlich äußerte sich der Automobilindustrieverband VDA. Zwar reagierten die Unternehmen und stellten, wo möglich, Liefer- und Logistikketten um. „Allerdings ist eine kurzfristige Verlagerung von der Schiene auf die Straße außerordentlich schwierig“, hieß es.

Die GDL hatte in der Nacht auf Montag den mehrtägigen Streik in der Tarifauseinandersetzung mit der Deutschen Bahn (DB) angekündigt. Der Beginn des Streiks im Personenverkehr wurde für Mittwoch, 2 Uhr, angekündigt, für den Güterverkehr für Dienstagabend ab 18 Uhr. Erst am Montagabend soll der Arbeitskampf um 18 Uhr enden. Das wären 144 Stunden im Güterverkehr und 136 Stunden im Personenverkehr.

Die DB erwartet massive wirtschaftliche Auswirkungen des Streiks. Ein so langer Arbeitskampf sei „ein Streik auch gegen die deutsche Wirtschaft“, sagte DB-Sprecherin Anja Bröker. Beim Güterverkehr „geht es ja um die Versorgung der Kraftwerke, der Raffinerien. DB Cargo wird alles versuchen, das sicherzustellen, aber ganz klar wird es Auswirkungen haben auf die Lieferketten“.

DB Cargo hat Marktanteil von rund 40 Prozent

Der Verband „Die Güterbahnen“, in dem Konkurrenten von DB Cargo organisiert sind, verwies indes darauf, dass die DB im Güterverkehr auf der Schiene in Deutschland nur noch einen Marktanteil von rund 40 Prozent habe. „60 Prozent des Schienengüterverkehrs rollen wie üblich“, teilte Verbandsgeschäftsführer Peter Westenberger mit. Dies gilt allerdings nur, solange keine Fahrdienstleiter streiken. DB Cargo verwies auf die eigene Bedeutung für den europäischen Güterverkehr. „Denn DB Cargo ist eine europäische Netzwerkbahn, anders als viele Mitbewerber, die vor allem einfache Shuttleverkehre anbieten“, teilte die DB mit. Betroffen sei insbesondere der Einzelwagenverkehr, bei dem Waren direkt beim Kunden abgeholt werden. Die Waggons werden dann in Rangierbahnhöfen zu langen Güterzügen zusammengesetzt und am anderen Ende des Weges wieder auseinander genommen. In diesem Segment ist fast nur die DB aktiv. Einer der größten deutschen Rangierbahnhöfe befindet sich in Mannheim.

Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) entsteht wirtschaftlicher Schaden auch durch die Beeinträchtigungen im Personenverkehr. „Ein eintägiger bundesweiter Bahnstreik kostet etwa 100 Millionen Euro am Tag an Wirtschaftsleistung“, sagte Michael Grömling, Konjunkturchef des IW, dem „Spiegel“. Bei der nun angekündigten Streikdauer von sechs Tagen würden die Kosten nicht mehr linear steigen, sondern sich teils multiplizieren. „Wir sind da schnell bei einer Milliarde Euro Schaden.“

Ähnlich schätzte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer bei „Spiegel.de“ die Lage ein. Durch den Streik dürfte die Wertschöpfung im Transportsektor pro Tag zwar schätzungsweise nur um 30 Millionen Euro sinken. Viel größere wirtschaftliche Schäden entstünden, wenn Fabriken ihre Produktion wegen Nachschubproblemen runterfahren müssten, warnte Krämer. Hinzu komme, dass der Bahnstreik am ohnehin angeschlagenen Image des Wirtschaftsstandorts Deutschland kratze.

Siegfried Russwurm, der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), hatte bei einem früheren GDL-Streik auf ein weiteres gravierendes Problem hingewiesen: Bei Transportketten, die jetzt streikbedingt auf die Straße umgestellt werden, werde es die Schiene schwer haben, diese später für sich zurückzugewinnen. „So erweist die GDL dem System Schiene insgesamt und dem Ziel, auch aus Klimaschutzgründen künftig mehr Güter auf die Schiene zu bringen, einen Bärendienst“, sagte Russwurm. Auch der Vorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Detlef Neuß, kritisierte den langen Streik. „Angesichts dieser sechs Tage muss man sich wirklich fragen, ob die GDL noch angemessen agiert“, sagte er.

In der aktuellen Tarifrunde, die Anfang November begonnen hatte, ist der Mega-Streik bereits der vierte. Lokführer werden in Deutschland eher etwas besser bezahlt als andere Facharbeiter und deutlich besser als Busfahrer oder Lkw-Fahrer. Das durchschnittliche Jahreseinkommen, das allerdings stark von Zulagen beispielsweise für Arbeit am Wochenende abhängt, liegt bei rund 50.000 Euro (siehe Grafik).

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