Leitartikel Höhere Schienen-Maut: Absurde Entwicklung

Der Schienenverkehr ist deutlich klimaschonender als der Lkw-Transport. Für die Wahl des Verkehrsmittels ist aber meist der Prei
Der Schienenverkehr ist deutlich klimaschonender als der Lkw-Transport. Für die Wahl des Verkehrsmittels ist aber meist der Preis entscheidend.

Für den Klimaschutz muss dringend Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Wenn nun die Maut für das Befahren des Bahn-Netzes massiv steigt, wird das zum genauen Gegenteil führen. Der Bund ist gefordert.

Seit der Bahnreform von 1993/94 gab es immer wieder Diskussionen darüber, ob das Schienennetz von der Deutschen Bahn (DB) abgetrennt werden sollte. Dafür sind FDP und Grüne, die Union meist nur dann, wenn sie in der Opposition ist, aber eher nicht, wenn sie regiert. Die SPD ist unter dem Einfluss der größten Eisenbahnergewerkschaft EVG strikt dagegen. Die Ampelkoalition hat als Kompromiss die Gründung einer neuen Netzgesellschaft innerhalb des DB-Konzerns vereinbart, die es inzwischen unter dem Namen InfraGo gibt. Das „Go“ steht für gemeinwohlorientiert.

Das neue Unternehmen soll sich also primär am Gemeinwohl orientieren, was aber angesichts der jahrzehntelangen Unterfinanzierung des Netzes leichter gefordert als getan ist. Für alle, die sich von der Gemeinwohlorientierung bessere Konditionen für den Schienenverkehr erhofft haben, gibt es nun ein böses Erwachen. InfraGo hat für das kommende Jahre eine Erhöhung der Trassenpreise (sozusagen der Schienen-Maut) in bisher beispiellosem Ausmaß bei der Bundesnetzagentur als zuständiger Regulierungsbehörde beantragt und auch genehmigt bekommen. Im Schienengüterverkehr steigen die Trassenpreise ab Dezember 2024 um 16,2 Prozent, im Personenfernverkehr sogar um 17,7 Prozent. Weil der Bund auch noch Mittel massiv gekürzt hat, mit denen bisher die eigentlich zuvor schon als zu hoch geltenden Trassenpreise etwas reduziert wurden, ergibt sich ab Mitte Dezember 2024 im Vergleich zu Anfang Dezember 2023 im Schienengüterverkehr sogar eine Erhöhung um 121 Prozent, also mehr als eine Verdoppelung. Es ist absehbar, dass dies im besonders kostensensiblen Güterverkehr zu einer Verlagerung von Transporten von der Schiene auf die Straße führen wird – also das Gegenteil von dem, was im Sinne des Klimaschutzes dringend geboten ist.

Konkurrenzfähigkeit der Schiene sinkt

Leider ist zu befürchten, dass sich das Problem künftig sogar noch weiter verschärfen wird. Zusätzliche Mittel, die die DB dringend für die Netz-Sanierung braucht, soll sie nämlich durch eine Eigenkapitalerhöhung bekommen, weil dann die dafür aufgewendeten Mittel nicht in die Berechnung für die Schuldenbremse eingehen. Dadurch ergeben sich für Infrago zusätzliche Renditeansprüche, weil dafür ein Betrag von bis zu 4,3 Prozent auf den gesamten Kapitalstock des Schienennetzes festgelegt wurde. Das Bundesfinanzministerium drängt offenbar die DB, diesen Anspruch auch voll auszuschöpfen.

Wenn hier nicht noch durch eine höhere Trassenpreisförderung gegengesteuert wird, bedeutet dies letztlich eine sinkende Konkurrenzfähigkeit der Schiene im Güterverkehr und Einschnitte ins Fernzugangebot sowie steigende Ticketpreise. Beides dürfte dazu führen, dass die Attraktivität von Bahnreisen sinkt. Pläne, das Fernzugangebot auch auf der Strecke von Saarbrücken durch die Pfalz nach Mannheim deutlich auszubauen, dürften dann Makulatur sein. Gift sind die steigenden Trassenpreise auch für den geplanten Deutschlandtakt. Er sieht mittelfristig eigentlich eine deutliche Ausweitung des Zugangebots vor. Schon bisher war unklar, wer die Finanzierung dieser zusätzlichen Züge sicherstellen soll. Bisher gab es in Eigenregie der DB immerhin kleinere Fortschritte in Richtung Deutschlandtakt. Bei einer massiven Erhöhung der Trassenpreise wäre es damit wohl vorbei.

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