Ratgeber Rente plus Job: Keine Sozialbeiträge verschenken

Die Sozialbeiträge werden den jobbenden Ruheständlern zum einen vom Arbeitgeber, zum anderen von der gesetzlichen Rentenversiche
Die Sozialbeiträge werden den jobbenden Ruheständlern zum einen vom Arbeitgeber, zum anderen von der gesetzlichen Rentenversicherung abgezogen.

Wer vorgezogen in Ruhestand geht, kann seit 2023 unbegrenzt dazuverdienen und zahlt auf Rente als auch Gehalt Sozialversicherungsbeiträge – und womöglich mehr, als nötig.

Rechtlich müssen gesetzliche Versicherte nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (BBG) Beiträge an die Kranken- und Pflegeversicherung abführen. Diese Grenze ändert sich jedes Jahr und lag 2023 bei 59.850 Euro oder 4987,50 Euro im Monat. Wer mit Rente und Gehalt darüber liegt, zahlt zu hohe Beiträge – denn das über die BBG hinausschießende Einkommen ist beitragsfrei. Das betrifft vor allem Versicherte, die ihre Arbeitszeit ab dem Rentenbeginn nicht oder nur teilweise einschränkten. Aber auch bei kleinem Nebenjob rutscht das gesamte Einkommen mitunter über die BBG, wenn zur gesetzlichen Rente etwa noch eine Betriebsrente oder andere Versorgungsbezüge kommen.

Zum Hintergrund: Das Weiterarbeiten ist für Bezieher einer Frührente seit 2023 besonders lukrativ, da der Hinzuverdienst – anders als früher – nicht mehr auf die gesetzliche Rente zu 40 Prozent angerechnet wird, sobald er eine bestimmte Einkommensgrenze überschreitet. Bis 2019 lag diese Grenze bei gerade einmal 6300 Euro im Jahr. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde sie befristet für die Jahre 2020 bis 2022 auf rund 46.000 Euro angehoben. Statt wie geplant danach wieder die 6300-Euro-Grenze anzuwenden, hat sie der Gesetzgeber ab 2023 ersatzlos abgeschafft.

Wie kommt es zur Überzahlung?
Die Sozialbeiträge werden den jobbenden Ruheständlern zum einen vom Arbeitgeber, zum anderen von der gesetzlichen Rentenversicherung abgezogen – ohne dass die beiden Stellen wissen, wie hoch das Gesamteinkommen ist. So berechnen die Arbeitgeber die Beiträge auf Basis des Arbeitsentgelts und möglicher Versorgungsbezüge bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze. Von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wiederum wird nur der Zahlbetrag der Rente betrachtet „und eigenständig bis zur Beitragsbemessungsgrenze voll verbeitragt“, wie ein Sprecher des Verbands der Ersatzkassen (vdek) auf Anfrage erklärte.

Beispiel: Ein Rentner mit einem Jahresgehalt 2023 von brutto 48.000 Euro und einer gesetzlichen Rente von 24.000 Euro hat von der Rentenversicherung etwa 2700 Euro an Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen abgezogen bekommen – das sind rund 1400 Euro zu viel, wie Rolf Winkel, Autor des DRV-Portals „Ihre Vorsorge“, ermittelte.

Die Überzahlung ergibt sich, weil das Gehalt zwar um 11.850 Euro unter der Bemessungsgrenze von 59.850 Euro lag, das gesamte Einkommen – zusammen mit der Rente – aber darüber, ohne dass dies bei der Beitragsberechnung berücksichtigt worden wäre. Dazu Autor Winkel: „Das ist kein Fehler der Deutschen Rentenversicherung. Und auch kein Fehler der Krankenkasse. Im laufenden Jahr liegen die entsprechenden Informationen den Sozialversicherungen einfach nicht vor.“ Er weist allerdings auch auf die Konsequenzen hin: Da immer mehr ältere Arbeitnehmer neben ihrem Gehalt auch bereits eine Rente beziehen, kommt es „inzwischen immer häufiger zu einer Überzahlung“.

Wie kriege ich mein Geld zurück?
Das muss beantragt werden. „Bezieht jemand gleichzeitig Arbeitsentgelt und Rente und überschreitet so die Beitragsbemessungsgrenze, werden die Beiträge aus der Rente, die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze entrichtet wurden, auf Antrag von der Krankenkasse erstattet“, teilte der vdek-Sprecher mit. Außerdem informierten die Krankenkassen ihre Mitglieder über die Überschreitung. „Über einen entsprechenden Vordruck erfragen sie die Einnahmen und entscheiden anschließend über die Beitragserstattung“, so der Sprecher. Seinen Angaben zufolge gibt es keine gesetzliche Frist, bis wann die Kassen betroffene Mitglieder informieren müssen. Sie verfügten in der Regel aber über die erforderlichen Informationen, sobald sie von den Arbeitgebern die Jahresmeldung erhalten hätten, „also in der Regel spätestens Mitte Februar des folgenden Jahres“.

Tipp: Ob sie die Beitragsbemessungsgrenze überschritten haben, können die Versicherten auch selbst ausrechnen, durch Addition ihres Brutto-Arbeitsentgelts und ihrer Brutto-Rente, also vor Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Laut Sozialexperte Winkel kann der Antrag auf Beitragserstattung formlos gestellt werden. Wichtig: Zuständig ist die Kranken- nicht die Rentenversicherung.

Bis wann muss Antrag gestellt sein?
Laut vdek haben die Versicherten vier Jahre nach Ablauf eines Kalenderjahres Anspruch auf Beitragserstattung. Das heißt, wer 2020 zu viel Beiträge abgezogen bekam, kann auch jetzt noch eine Rückerstattung verlangen. Ältere Ansprüche sind jedoch verjährt. Für das Jahr 2023 können Beiträge noch bis Ende 2027 zurückverlangt werden.

Info: Mehr Frührentner verdienen dazu

Nach jüngsten Zahlen der DRV sind im Jahr 2022 rund 1,36 Millionen Bezieherinnen und Bezieher einer Altersrente gleichzeitig einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen. Das waren 8,3 Prozent mehr als im Vorjahr, wie das DRV-Portal „Ihre Vorsorge“ berichtet. Der größte Zuwachs entfiel demnach auf Beschäftigte, die vor der regulären Altersgrenze von damals knapp 66 Jahren in Rente gingen und mit ihrem Job mehr als 5400 Euro (ab Oktober 2022: mehr als 6240 Euro) und weniger als rund 46.000 Euro verdienten. Als eine Ursache der zunehmenden Beschäftigung in dieser Altersgruppe wird die auf rund 46.000 Euro angehobene Hinzuverdienstgrenze für Frührentnerinnen und Frührentner angeführt.

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