Wissen Wie Eltern wissenschaftliches Denken von Kindern prägen

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Eine Studie der Universität Vechta weist erstmals einen langfristigen Einfluss der Eltern auf das wissenschaftliche Denken von Kindern außerhalb der Schule nach.

Die Förderung des wissenschaftlichen Denkens von Kindern sei bislang vor allem den Bildungseinrichtungen zugeschrieben worden. Christopher Osterhaus, Entwicklungspsychologie im Handlungsfeld Schule an der Universität Vechta, spricht von wegweisenden Ergebnissen zur Denkfähigkeit von Grundschulkindern, die hilfreich für die Bildung in und außerhalb der Schule seien.

„Beim wissenschaftlichen Denken geht es um spezielle Herangehensweisen: wenn Kinder beispielsweise experimentieren, Daten interpretieren oder wissenschaftliche Fragen beantworten“, erläutert Osterhaus. Die Kompetenz, auf diese Weise Probleme zu betrachten, werde in der modernen Gesellschaft mit globalen Herausforderungen immer wichtiger.

„Während bestimmte Kinder allerdings schon früh geschickt darin sind, sinnvolle Experimente durchzuführen, Muster in Daten zu deuten oder wissenschaftliche Fragen zu erkennen, offenbaren andere Kinder ein begrenztes Verständnis in diesen Bereichen. Wir wollten herausfinden, warum das so ist“, erläutert Christopher Osterhaus.

Über den Zeitraum von fünf Jahren seien dazu 161 Grundschulkinder im Alter von sechs bis zehn Jahren untersucht worden. Jährlich testeten die Forscherinnen und Forscher nach eigenen Angaben die Kinder auf ihre wissenschaftlichen Denkfähigkeiten sowie ihre Sprachkompetenz und Intelligenz. Gleichzeitig erfassten sie zentrale Merkmale der Familien, wie das Bildungsniveau der Erziehungsberechtigten, ihren sozioökonomischen Status sowie relevante Überzeugungen und Einstellungen. „Dabei stellte sich heraus, dass die Vorstellungen der Eltern über Wissen – was sie beispielsweise von Wissenschaft halten und was ein Mensch ihrer Meinung nach überhaupt wissen kann – sich darauf auswirken, wie gut ihre Kinder wissenschaftlich denken“, erläutert der Entwicklungspsychologe.

Dabei habe sich sich sogar noch belegen lassen, dass die elterlichen Überzeugungen einen Einfluss hatten, wenn die Bildung der Eltern und die kognitiven Fähigkeiten der Kinder berücksichtigt wurden.

Schule gleicht Elternhaus weniger aus als gedacht

„Was uns wirklich überrascht hat“, so Osterhaus, „war die langanhaltende Wirkung der elterlichen Einstellungen. Kinder, deren Eltern ein Verständnis davon hatten, dass sich Wissen ändern kann und dass es abhängig ist von sozialen und kulturellen Bedingungen, waren nicht nur vor Eintritt in die Schule besser, sondern zeigten über den gesamten Zeitraum der Studie eine bessere Entwicklung beim wissenschaftlichen Denken im Vergleich zu ihren Altersgenossen aus Familien mit weniger unterstützenden Einstellungen.“

Dies deute darauf hin, dass die Schule nicht in dem Maße ausgleichend zum Elternhaus wirke, wie allgemein angenommen werde. „Die Effekte der elterlichen Einstellungen auf das wissenschaftliche Denken werden durch schulische Einflüsse nicht vollständig ausgeglichen“, berichtet Osterhaus.

Mädchen nicht schlechter als Jungen

Im Gegensatz zum geläufigen Vorurteil weise die Studie keine Geschlechtsunterschiede nach: Mädchen hätten ebenso gut abgeschnitten wie Jungen.

Das Forscherteam unterstreicht die Bedeutung der Ergebnisse für Eltern und Erziehungsberechtigte. Die Studie zeige deutlich, dass es nicht allein darum gehe, was Kinder in der Schule lernen. Ein unterstützendes Umfeld könnte so besonders beim wissenschaftlichen Denken entscheidend sein, indem es das wissenschaftliche Entdecken zu Hause fördere und somit diese Denkfähigkeiten der Kinder erheblich stärke. Je bewusster sich Eltern und Betreuende über ihren jeweiligen Einfluss seien, umso besser könnten sie aktiv zur Entwicklung ihres Kindes beitragen.

„Wir haben die Kinder zum ersten Mal im Kindergarten interviewt und sie dann bis ans Ende der Grundschulzeit begleitet“, erläutert Osterhaus. „Dabei haben wir jährlich ihre Kompetenzentwicklung gemessen. Auf diese Weise lässt sich sehr genau verfolgen, wann Entwicklungsschritte auftreten und wovon diese abhängen.“

Die Grundschule habe nicht ausgleichend gewirkt sondern habe Unterschiede durch soziale Milieus eher sogar verfestigt. Zu Beginn der Grundschulzeit seien grundlegende Fähigkeiten vorhanden, vieles aber entwickele sich noch. So müssten Lehrkräfte und Eltern die Kinder gezielt fördern, damit sich ihr wissenschaftliches Denken entfalten kann. Kindergarten und Schule müssten also hier ansetzen, um diesen Unterschieden entgegenzuwirken. „Bis zum Ende der Grundschulzeit scheint es ein enormes Potenzial zur Entwicklung des wissenschaftlichen Denkens zu geben“, erläutert Christopher Osterhaus.

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