Bad Dürkheim Zuflucht oder Gefängnis?

Lisa und Gilles (Johanna Regenauer und Tobias Brohammer) sind verheiratet, doch Gilles erinnert sich nach einem Unfall an nichts
Lisa und Gilles (Johanna Regenauer und Tobias Brohammer) sind verheiratet, doch Gilles erinnert sich nach einem Unfall an nichts mehr.

Mit „Kleine Eheverbrechen“, einem Beziehungsthriller des französisch-belgischen Schriftstellers Eric-Emmanuel Schmitt, feiert am Freitag die neueste Eigenproduktion des Hambacher „Theaters in der Kurve“ Premiere. Regie führt wieder Theaterleiterin Hedda Brockmeyer selbst. Die beiden Darsteller sind Johanna Regenauer und Tobias Brohammer, die schon mit „Some Girl(s)“ an gleicher Stelle bewiesen, dass sie ein gutes Team auf der Bühne sind.

Die Ausgangssituation des Stückes, das man sowohl als Drama als auch Komödie verstehen kann, erscheint auf den ersten Blick harmlos: Gilles kehrt nach einem Unfall mit Kopfverletzung aus dem Krankenhaus nach Hause zurück und wird von seiner Frau Lisa liebevoll empfangen. Doch weil er sein Gedächtnis völlig verloren hat, möchte er von Lisa mehr über ihre gemeinsame Vergangenheit wissen. War die Ehe wirklich so glücklich, wie sie beschreibt? Zweifel tun sich auf. Denn wenn tatsächlich alles so harmonisch gewesen ist, woher kommen dann zum Beispiel die vielen Schnapsflaschen, die hinter dem Bücherregal versteckt sind? Bei unserem Probenbesuch zweieinhalb Wochen vor der Premiere ist die Bühne noch in vielem ein Provisorium. So wird anstelle eines Koffers beispielsweise kurzerhand ein gerade besorgter Putzeimer verwendet, Sprudel ersetzt die Schnapsflaschen. Trotzdem wird mit hoher Konzentration gearbeitet, aber auch immer wieder mit Humor und Lachen gemeinsam an den Spannungsbögen gefeilt, nachgefühlt, wie die Dialoge am besten umzusetzen sind. So entspinnt sich eine Diskussion, ob Lisa Gilles in einer Szene hinterhergehen oder er ihr eher entgegenkommen soll. Jede Nuance an Betonung, Leichtigkeit, Intensität, Zeitpunkt ist wichtig, um einen Satz in seiner beabsichtigten Bedeutung rüberzubringen. Sowohl die Regisseurin als auch ihre beiden Schauspieler zeigen dabei ein großes Maß an Einfühlungsvermögen. Die Szene in der Probe beginnt mit einer Ausgehsituation zunächst scheinbar entspannt, kippt dann aber schlagartig in einen Streit, in dessen Verlauf Lisa überraschend auch einige eher fragwürdige Erkenntnisse über die Ehe äußerst: „Männer und Frauen bleiben nur aus den niederträchtigsten Motiven zusammen: Eigennutz, Angst vor Veränderung, Furcht vor dem Alleinsein.“ Sie weiß plötzlich auch nicht mehr genau, ob ihre Ehe für sie „Zuflucht“ oder doch eher ein „Gefängnis“ war. Es ist kein Zufall, dass Johanna Regenauer gerade dieses Stück spielt: Bereits 2015 führte sie selbst Regie in der Tragikomödie „Oskar, und die Dame in Rosa“ des preisgekrönten französisch-belgischen Dramatikers Eric-Emmanuel Schmitt (58), die mit der Verfilmung „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Korans“ 2003 mit Omar Sharif einen großen internationalen Erfolg feierte. Die 33 Jahre junge Schauspielerin steht nach ihrer Ausbildung an der Wiesbadener Schule für Schauspiel bereits seit zehn Jahren auf der Bühne und lebt heute mit ihrem Mann und vier Hunden in Neuhofen. Zum Teil kennt Regenauer die Spannung zwischen Tragik und Humor auch durch ihre anderen Tätigkeiten, etwa wenn sie in einer Theatergruppe in Frankenthal Regie führt, bei der auch psychisch Kranke mitspielen und oder von ihren Seminaren mit dem Personal des Frankfurter Flughafens, in denen Extremsituationen durchgespielt werden. Die Rolle des Gilles übernimmt Tobias Brohammer, der in Ockersheim lebt, bereits als Elfjähriger als „Schnawwlkind“ im Jungen Mannheimer Nationaltheater auf der Bühne stand und anschließend gleich dort blieb. Neben seiner Theaterlaufbahn arbeitete er des Nachts in den unterschiedlichsten Bereichen, sei es im Kiosk oder als Croupier im Dürkheimer Spielcasino und spielt heute als freier Schauspieler wie Regenauer regelmäßig im Theater „Alte Werkstatt“ in Frankenthal. Ebenso wie seine Partnerin strahlt er auf der Bühne, auch und gerade in ruhigeren Szenen, eine ungeheure Präsenz und Lebendigkeit aus. Termine „Kleine Eheverbrechen“ feiert am Freitag, 16. November, um 20 Uhr im Hambacher „Theater in der Kurve“ Premiere. Weitere Vorstellungen sind am Samstag, 17. November, um 20 Uhr, am Sonntag, 18. November, um 17 Uhr, am 23. und 24. November, jeweils um 20 Uhr sowie am 25. November um 17 Uhr. Karten (15/10 Euro) unter 063212147.

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