Donnersbergkreis Ein Nordpfälzer Wein-Bote

Ein über Jahrzehnte eingespieltes Team: Seniorchef Herbert Schmidt (links) und Wolfgang Glass.
Ein über Jahrzehnte eingespieltes Team: Seniorchef Herbert Schmidt (links) und Wolfgang Glass.

Seinen letzten Arbeitstag beim Weingut Schmidt in Obermoschel hat Wolfgang Glass jüngst hinter sich gebracht. Seit dieser Woche ist der Mann vom Hoferhof in Rente – nach fast 39 Jahren im Dienst des Obermoscheler Weingutes. So ganz loslassen will der Neurentner aber noch nicht – zu viel hat er in seinem Beruf erlebt.

Seinen Abschied sieht der bald 64-Jährige mit einem lachenden, aber auch mit einem weinenden Auge. Schließlich hat er in seiner Zeit beim Weingut Schmidt ganz Deutschland kennengelernt, kennt nahezu jeden Weinkunden persönlich und ist dank seiner Freundlichkeit, seiner bodenständigen, zuvorkommenden Art und seiner enormen Hilfsbereitschaft bei den Kunden äußerst beliebt, wie Seniorchef Herbert Schmidt lobt. Dabei hätten er und seine Frau Marlies 1979 sich bei der Vergabe der Stelle zunächst für einen anderen Bewerber entschieden – obwohl Glass schon damals zum Bewerberkreis zählte. Glass arbeitete somit weiter im Dreischichtbetrieb im Labor der Michelin-Werke in Bad Kreuznach – zunächst. Denn nur vier Wochen später war die Stelle bei Schmidts schon wieder frei. Glass bewarb sich erneut, und diesmal klappte es mit dem Wunschjob. Seit dem 7. August 1979 arbeitet er mittlerweile in Obermoschel. „Er ist er uns wie ein eigener Sohn ans Herz gewachsen“, sagen Marlies und Herbert Schmidt. Nach Volksschule und kaufmännischer Handelsschule absolvierte Glass von 1971 bis 1974 eine Ausbil-dung zum Steuerfachgehilfen in Kaiserslautern. Dem 15-monatigen Wehrdienst in Idar-Oberstein folgten Stationen bei regionalen Firmen, bevor er 1977 beim Kreuznacher Reifenhersteller Michelin anfing. Doch als der Betrieb dort auf ein Drei-Schicht-System mit Früh-, Spät- und Nachtschicht umstellte, gefiel das Glass dauerhaft nicht. Schließlich spielte er lange Zeit Fußball beim TSV Gaugrehweiler und übernahm als Trainer sowie Spielleiter Führungsaufgaben im Verein. Die dazu passende Stelle fand er im Weingut Schmidt. „Ich habe überall in Deutschland Wein ausgeliefert, wo andere Urlaub machen“, erzählt Glass. Gut kann er sich an so manche Tour erinnern. Etwa seine erste „Weinausfahrt“, die ihn und seinen damaligen Chef Herbert Schmidt nach Hannover führte. Oder seine häufigen Ausfahrten mit Gert Lieser, einem aus Schiersfeld stammenden früheren Mitarbeiter der Schmidts. In der Lüneburger Heide hatte Glass dabei einmal das Nachsehen: Während er dem letzten Kunden seinen Wein übergab und die Rechnungsformalitäten besprach, fuhr Lieser los – er hatte seinen Kollegen Glass schlichtweg vergessen. Einige Kilometer später bemerkte Lieser das Fehlen seines Kollegen aber noch und holte Glass ab. Manchmal machte aber auch das Wetter Glass einen Strich durch die Rechnung. In Hessen, genauer gesagt in der Nähe von Herborn, hatte er sich einmal bei Schneeglätte festgefahren. Nachdem er stundenlang vergeblich auf den Schneepflug gewartet hatte, übernachtete Glass kurzerhand bei einem in der Nähe wohnenden Kunden. „Verdurstet wäre ich sicherlich nicht, der Hänger war noch voll mit Wein“, so Glass lachend. Wie viele Hunderttausende Kilometer Wolfgang Glass im Lauf seines Berufslebens gefahren ist, weiß er nicht genau. Aber er kenne alle Straßen und Verkehrswege wie aus dem „Eff-Eff“, brauche eigentlich kein Navigationssystem. Selbst in den Großstädten kenne er sich durch die vielen Belieferungsfahrten recht gut aus. Besonders anspruchsvoll wurde es, wenn die Kunden in Hochhäusern in den oberen Stockwerken wohnten. „Früher gab es noch nicht so viele Aufzüge wie heute“, weiß Glass. In Hamburg etwa habe er den Wein in den fünften Stock verfrachten müssen. „Das hat mich fit gehalten. Wir haben’s irgendwie immer geschafft und die Kunden sehr zufriedenstellen können.“ Bei vielen, die tagsüber nicht zu Hause waren, war ein Platz für den hinterlegten Schlüssel ausgemacht oder Glass wusste, in welche Garage oder Keller der Wein hin sollte. Nur einmal wurde die Garage vertauscht, nicht wenige Kisten waren falsch abgestellt worden – Doppelarbeit. Dass er nun in Rente geht, ist für Wolfgang Glass nicht ganz einfach. „Ich brauche da noch einige Zeit, um Abstand zu gewinnen.“ Wenn die neuen Chefs Andreas und Sebastian Schmidt es wollen und „Not am Mann“ ist, will er gerne bei der ein oder anderen Weintour einspringen. Der Obermoscheler Wein gilt es schließlich auch weiterhin, deutschlandweit an die Frau oder den Mann zu bringen. Zumal die Weinbergsflächen der Schmidts nicht kleiner geworden sind und Andreas’ Sohn Sebastian, gerade in der Endphase seines Studiums, die Winzerära in Obermoschel in der neunten Generation fortsetzen wird.

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