Donnersbergkreis „Hat’s faustdick hinter den Ohren“

Voll konzentriert: Die Jury-Mitglieder Andreas Schmidt, Markus Stutzenberger und Dirk Freier (von links) beim Verkosten der Rebe
Voll konzentriert: Die Jury-Mitglieder Andreas Schmidt, Markus Stutzenberger und Dirk Freier (von links) beim Verkosten der Rebensäfte im Rahmen der Nordpfälzer Weinprämierung. Die Experten müssen über eine gute Kondition verfügen: Gleich mehrfach fällt die Entscheidung in den vier Kategorien erst im Stechen.

„Das ist die beste Palette an Weinen, die ich als Mitglied dieser Jury je erlebt habe“, schwärmt Udo Bamberger, Weinbauexperte aus Bad Kreuznach. Und er muss es wissen, ist er doch von Anfang an – also seit 1991 – Vorsitzender des Gremiums, das immer im Spätsommer Weine aus Betrieben im pfälzischen Bereich des Naheweingebietes bei einer verdeckten Verkostung testet und prämiert. In diesem Jahr sind die Weingüter Keller (Niedermoschel), Klostermühle (Odernheim) und gleich zweimal das Weingut Barth (Meisenheim) als Erstplatzierte der Nordpfälzer Weinprämierung erfolgreich.

Im Bistro der Rockenhausener Donnersberghalle warten die freundlichen Assistenten Miriam Mersinger (Organisatorin), Johanna Pfaff und Steven Pfeil von der Verbandsgemeinde Rockenhausen auf ihren Einsatz. Die Tischrunde haben sie längst vorbereitet, polierte Gläser, Gefäße für die vielen Probierschlucke und Körbe mit Brötchen stehen bereit, Mappen mit Informationen und Stifte für das Notieren von Punktwerten auf einer Skala von eins bis 20 liegen auf den Plätzen der vierköpfigen Jury. Und nach der Begrüßung durch Bürgermeister Karl-Heinz Seebald, Initiator dieser Veranstaltung, kann es auch losgehen. Es ist zwar „The same procedure as every year“ (Die selbe Prozedur wie jedes Jahr), aber jedes Mal wieder spannend und lehrreich. Immerhin 51 Weine gilt es zu begutachten, die sich in vier Gruppen präsentieren: Silvaner, Weiß- und Grauburgunder, trockene Rieslinge und halbtrockene beziehungsweise liebliche Rieslinge. Sommelier Dirk Freier aus Mehlingen fragt zunächst nach der Anwendung eines bewährten Verfahrens: „Ist die erste Runde wieder zum Eichen?“ Heißt, der erste verkostete Wein wird quasi als Maßstab für die Beurteilungskriterien offen und ausführlich besprochen. Alle stimmen zu, und in der ersten Gruppe – das sind fünf Silvaner – ist man sich über die Rangfolge recht schnell einig. Udo Bamberger erläutert die Eigenart dieser Rebsorte: „Der Silvaner ist ein harmonischer Wein, er hat zurückhaltende Aromen – ein wenig Banane vielleicht –, bleibt in der Säure dezent, schmeckt schlank und klar, lebt von einer eher grünen Note in Richtung Kräuter, ist ein richtig guter ’Schlotzwein’...“ Da fallen die Burgunder schon anders aus, und Bamberger fährt beim Übergang zur nächsten Gruppe fort: „Der Weißburgunder ist beim Trinkerlebnis recht früh gefällig, kommt säurebetonter als der Silvaner daher, dabei aber weich und ausgeglichen. Wenn er in Holz ausgebaut ist, kann er markante Aromen entwickeln wie Birne oder Banane und dann füllig und kraftvoll wirken. Sollte der Wein zu weich ausfallen, ist es allerdings nicht ganz einfach, das Holz in die Balance ’einzupacken’. Das klappt beim Grauburgunder oft besser, weil der fordernder ist, von sich aus mehr Kraft mitbringt als der Weißburgunder. So kann er mit seinen nussigen Aromen die Holztöne ausgewogener einbinden.“ Das eventuell zu stark Holzige spielt dann bei der Einschätzung des breiten Spektrums der zwölf Burgunderweine eine nicht unerhebliche Rolle; das gustatorische Niveau insgesamt sei beeindruckend, wie Markus Stutzenberger, Leiter der Weinabteilung beim Lebensmittel-Großhandel C+C Kaiserslautern, feststellt. Das macht auch das Ende dieser Runde deutlich, bei der es sogar zwei „Stechen“ braucht – zunächst zwischen sechs, dann zwischen vier ausgezeichneten Weinen; anschließend gibt es klare und konturierte Gewichtungen. Nun widmet sich die Jury einer ebenso großen Auswahl an trockenen Rieslingen. Bamberger, der sich ob des glänzenden Angebots rückhaltlos begeistert zeigt, markiert ihre Position innerhalb des Rebsortenrepertoires: „Der Riesling ist unendlich vielfältig. Die trockenen sind nicht überbordend, aber deutlich säurebetont, haben oft grüne Aromen, aber auch gelbe wie Pfirsich und Aprikose, in der Spitze manchmal auch Honigmelone. Es sind nachhaltige Weine, die – wenn sie noch sehr jung getrunken werden – ab und zu etwas ruppig daherkommen, sich später aber als Langläufer profilieren. Da ist es beim Verkosten wichtig zu erkennen, welcher noch Entwicklungspotential hat.“ Die Leistungsdichte, die auch Winzer Andreas Schmidt aus Obermoschel bewundert, macht hier ebenfalls ein Stechen nötig. Am Schluss gewinnt der Wein „Gold“, über den Bamberger mit Genießermiene sagt: „Der hat es faustdick hinter den Ohren!“ Gut zweieinhalb Stunden sind vergangen und immer noch warten 17 halbtrockene und liebliche Rieslinge auf ihre Begutachtung. Jetzt gilt es für die Jury, die noch vorhandenen Reserven an Konzentration und Kondition zu aktivieren. „Halbtrockene sind häufig charaktervolle Weine, die sich beim Trinken in ihren geschmacklichen Dimensionen früh öffnen und deren Süße eine besänftigende Allianz mit der Säure eingeht. Sie eignen sich als Begleitung zum Essen oft besser als die trockenen“, führt Bamberger zu dieser letzten Kategorie aus. Und fast bewundernswert am Ende und der Seriosität geschuldet: Obwohl das Gremium schon gut drei Stunden beschäftigt ist, muss auch jetzt noch ein Stechen her, um zu einem veritablen Ergebnis zu kommen. Ein klein wenig erschöpft, aber zufrieden mit ihrer Arbeit können die Weinexperten das anschließend angebotene Menu im Schlossrestaurant genießen. Dabei dürfte sich Jurymitglied Andreas Schmidt besonders wohl gefühlt haben: Immerhin haben seine beiden Weingüter (Schmidt und Wolf & Gut) fünf Preise im Bereich „Silber“ und „Bronze“ in das heimatliche Obermoschel holen können. Info Die Siegerweine des Jahrgangs 2016 werden mit ihren besonderen Etiketten beim 68. Nordpfälzer Herbstfest vom 8. bis 11. September im Rahmen einer Verkostung den Besuchern vorgestellt.

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