Donnersbergkreis Plötzlich war er da

Steinbach. Sie nennen ihn „Tormaschine“ oder „Bomber vom Donnersberg“. Weil er trifft, trifft, trifft – am laufenden Fließband. Kevin Bernhardt war und ist für den TuS 07 Steinbach ein reiner Glücksfall. Als der 24 Jahre alte Vorderpfälzer im Sommer plötzlich an die Tür des zukünftigen B-Klasse-Meisters klopfte, war er im ganzen Kreis der große Unbekannte. Bis er loslegte zu knipsen. Unglaubliche 60 Tore schoss die Sturmkante in nur 26 Partien! Der Neustädter scheint einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt zu haben.

Eigentlich will ihn niemand bewachen. Eine undankbare Bürde. Kevin Bernhardt reiht sich in die Kategorie von Stürmern, die Schrecken verbreiten. Nicht nur in einer B-Klasse. Er ist groß, bullig, ein Muskelprotz. Das schlimmste aber: Er ist blitzschnell. Und wendig – auch, wenn man es ihm ob seiner Statur nicht ansieht. „Wenn ich einmal den Ball am Fuß hab′, dann laufe ich“, sagt der blonde Recke über sich selbst. „Er ist unglaublich schnell, technisch stark und kann den Ball behaupten. Wenn er einmal dran ist, ist er kaum zu trennen“, wertschätzt Timothy Hanauer, Steinbachs Trainer. An diesem strahlenden Sonntag Ende September muss das auch der TuS Bolanden erfahren. Schmerzlich. Die Anfangsphase auf dem Kunstrasen des TuS: Bernhardt, zu diesem Zeitpunkt (noch) ein „No-Name“ im Kreis, trottet gemächlich durch die Bolander Hälfte. Wie ein Phantom taucht er plötzlich auf. Ein Blick, ein kraftvoller Antritt, weg ist er. Instinkt. Als der Pass aus der Tiefe kommt, rennt Bernhardt. Und er rennt und rennt und rennt. Den wuchtigen Körper schiebt er locker an der Abwehr vorbei, die hechelt nur verdutzt hinterher. Eiskalt stochert der Goalgetter zum 1:0 ein (3.) – ein typischer Bernhardt. Aus dem Nichts. Der TuS 07 Steinbach demontiert den späteren „Vize“ mit 7:2. Alleine Bernhardts Ausbeute: vier Treffer. „Er weiß, wo das Tor steht“, meint Hanauer über seinen Meister-Helden. „Diese Qualität ist auf dieser Ebene phänomenal. Die wird selbst in der A-Klasse keiner mitbringen. Welcher Verein den nicht auf dem Zettel hat, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.“ Da bleibt natürlich eine Frage im Raum: Wieso entschied sich der Stürmer für die B-Klasse, wieso für Steinbach? Bernhardt kann mehr Schuld, schmunzelt er selbst, war „die Frau“. Vergangenen Sommer zog der Neustädter zu seiner Lebensgefährtin nach Börrstadt. Natascha Wetzel war es auch, die ihn letztlich an den TuS vermittelte. Sie kannte die Leute hier, Bernhardt hingegen niemanden. „Ich wusste nicht, wo ich hin sollte. Ich habe mir einige Sportplätze angeschaut, Steinbach war ansprechend. Ich hab’ mir gesagt: Hier probiere ich’s, als Einstieg in den Kreis“, erinnert sich der Vorderpfälzer. Das halbe Jahr zuvor kickte er in der Bezirksliga für den VfB Haßloch. Davor wiederum netzte er für Hertha Kirrweiler (B-Klasse) 25 Mal ein – nur in einer Halbrunde. Coach Hanauer weiß noch, als das Kraftpaket vorstellig wurde. Keiner hatte je von ihm gehört, er stand einfach da. „Wir saßen vor der Saison im Sportheim, und er hat gefragt, ob er bei uns mitspielen darf. Ich hab’ geantwortet, er soll erst einmal ins Training kommen“, muss der Trainer heute darüber lachen. Die Qualität blitzte sofort auf. Gleich in seinem Debüt, ein 5:1 am 31. August in Stetten, traf Bernhardt – als Joker, die ersten vier Wochen hatte er ausgesetzt. Eine Woche drauf siegte der TuS 2:1 im Topspiel gegen den FC Sippersfeld, dank seines Doppelschlags. Die Bilanz des Rekordschützen ist traumhaft: Meistens traf er doppelt oder dreifach, fünfmal gelang ihm gar ein Vierer-, zweimal ein Fünferpack. Am Saisonende standen 60 Tore. Neue Bestmarke, wohl unerreichbar. Nur selten überschreiten Torjäger in der B-Klasse die 40er-Marke. „Er ist noch nicht bei 100 Prozent. Das hört sich zwar seltsam an. Aber 80 Treffer waren ohne Problem möglich“, weiß Hanauer. Dass andere Klubs längst von der Tor-Garantie gefesselt sind, versteht sich. „Aber ich will bleiben“, sagt Bernhardt, der die komplette Jugendabteilung des VfL Neustadt durchlief. Er hätte einfach höher kommen können – doch er verzichtete. Nicht, weil er keinen Ehrgeiz habe. Die Arbeitszeiten hätten dem gelernten Kaufmann jedoch die Flexibilität geraubt. So wurde es B-Klasse, so ist es ab jetzt A-Klasse. Übrigens: Die Kanone, betont er, sei ihm eigentlich schnuppe. „Klar bin ich stolz, das ist eine geile Sache. Aber es hätte mir nichts gebracht, wenn wir nicht aufgestiegen wären.“

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