Donnersbergkreis „Wer nicht schreibt, bleibt dumm“

Passend zum kürzlich erschienenen Bildungsreport in der RHEINPFALZ hatte die CDU-Landtagsfraktion am Freitagabend zum Thema „Verlernen unsere Kinder das Schreiben?“ ins Haus Gylnheim nach Göllheim eingeladen. Die Landtagsabgeordnete Simone Huth-Haage begrüßte die zirka 30 Personen, die der Einladung gefolgt waren.

Huth-Haage

verwies zu Beginn auf die Ergebnisse einer aktuellen Studie. Demnach erfüllt ein Drittel der Schüler der dritten Klassen die Mindestanforderungen an das Schreiben nicht mehr, ein weiteres Drittel erfüllt sie nur gerade so. „Es kann nicht sein, dass daraufhin ein Ministerium empfiehlt, künftig die Rechtschreibung einfach nicht mehr zu bewerten“, kritisierte die Abgeordnete. Referentin des Abends war die in Hamm in Westfalen arbeitende Lehrerin Maria-Anna Schulze-Brüning. Sie stellte ihre im Buch „Wer nicht schreibt bleibt dumm – Warum unsere Kinder ohne Handschrift das Denken verlernen“ veröffentlichte Studie zu den Schreibschwierigkeiten heutiger Schüler vor. Mit zahlreichen Schriftproben vermittelte sie die ihrer Überzeugung nach verheerende Wirkung der verschiedenen vereinfachten Schulschriften, die in den vergangenen Jahren in den Grundschulen eingeführt wurden. „Auf das Problem bin ich gestoßen, als ich in den Betreuungsstunden wahrnahm, dass viele Kinder ihre eigene Schrift kaum lesen konnten“, sagte Schulze-Brüning. Dabei gelinge das Lernen ganz anders, wenn die Handschrift flüssig laufe. „Für Kinder ist es eine Belastung, wenn sie Schwierigkeiten mit dem Schreiben haben“, sagte die Kunst- und Französisch-Lehrerin. Nach ihrer Entdeckung habe sie alle Schüler der fünften Klassen ihrer Schule und benachbarter Schulen gebeten, einen vorgegebenen Text abzuschreiben, und anschließend die Schriftproben analysiert. Dabei habe sie festgestellt, dass sich die Handschriften etwa hälftig aus Schreib- und Druckschriftelementen zusammengesetzt hätten und zu etwa 20 Prozent vollkommen unzulänglich gewesen seien. Auf Fotos zeigte sie auch typische Stifthaltungen von Schülern, die flüssiges Schreiben behindern und sogar Verspannungen, Kopfschmerzen und Konzentrationsprobleme verursachen können. Danach machte sie mit Belegen aus ihren Schriftproben deutlich, dass die Ursache der Probleme ihrer Auffassung nach in den unklaren, unlogischen Buchstabenverbindungen in den vereinfachten Schulschriften zu finden sei. „Damit Schriften gut lesbar sind, müssen die Buchstaben form-, abstands- und größenkonstant sein“, führte sie aus. Heutige Schüler schrieben aber nicht so. Vielmehr bastelten sie sich die Buchstaben zusammen. „Sie schreiben keine Wörter, sondern hängen Buchstaben irgendwie aneinander und können so keine Linien einhalten. Das liegt daran, dass die vereinfachte Ausgangsschrift über 700 Verbindungsmöglichkeiten der Buchstaben zulässt, den Schülern diese aber nicht vermittelt werden.“ Alleingelassen lösten die Kinder dieses Problem dann jeder für sich auf individuell-kreative Weise. „Dabei ist Schreiben ein Kulturgut, das für unser Bildungssystem und unsere Gesellschaft grundlegend ist“, sagte Schulze-Brüning. Nachfolgend plädierte sie leidenschaftlich für die klassische Schreibschrift, die die logischsten und einfachsten Buchstabenverbindungen bereithalte, zwar intensiv geübt werden müsse, dann aber zu flüssigem und lesbarem Schreiben führe. Auch warnte sie eindrücklich davor, im Kindergarten oder in der Grundschule mit Tablets zu arbeiten, bevor nicht die Schreibschrift automatisiert wurde, denn „die Individualisierung des Lernens sowie die Eigentätigkeit und Selbstverantwortung sind im Grundschulalter noch gar nicht wirklich möglich“. Die Kinder lernten vom Vorbild und brauchten klare Rückmeldungen. Die Individualisierung des Unterrichts führe dazu, dass Schule als Event und unverbindliches Angebot wahrgenommen werde. Das entwerte die Rolle des Lehrers und verunsichere Schüler genauso wie Eltern und Lehrer. „Wir fordern seit langem, dass in der Grundschule die Vermittlung der grundlegenden Kulturtechniken wieder verstärkt wird“, unterstützte Petra Müller als Vertreterin des Landeselternbeirats nachdrücklich die Ansichten der Referentin. „Wenn die Kinder aus der Grundschule kommen, sollen sie Lesen, Schreiben und Rechnen können. Damit ist die Grundschule genug gefordert.“ Wortmeldungen von anwesenden Lehrkräften oder Kindergartenvertretern gingen in die gleiche Richtung und untermauerten damit das Anliegen, das die Referentin ebenso wie die Veranstalter mit diesem Abend bezweckten: den Kindern eine anwendbare Schrift zu vermitteln.

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