Donnersbergkreis Zeit, dass sich was dreht

Gerade in Rockenhausen mit dem nach ihr benannten Museum hat das Thema Zeit eine besondere Bedeutung. Sie in einer weiteren Facette erlebbar zu machen, ist das Ziel eines vor rund drei Jahren von dem Bürger Udo Lang angestoßenen Projektes: dem Einbau eines Foucaultschen Pendels im ehemaligen Wasserturm am Bahnhof. Der Verwirklichung dieser physikalischen Attraktion, mit der die Erdrotation im wahrsten Wortsinn anschaulich wird, ist die Stadt einen großen Schritt näher gekommen. Doch ausgerechnet ein Faktor bereitet ein wenig Grund zur Sorge: die Zeit.

Die Idee

Das vom französischen Physiker Jean Bernard Lèon Foucault 1851 entwickelte Pendel (siehe Stichwort) bringt Udo Lang stets aufs Neue ins Staunen. „Es ist faszinierend, dass so die Erdrotation ablesbar ist“, hatte der heute 81-Jährige 2017 erzählt, als er der RHEINPFALZ seine Pläne vorgestellt hat. Im Pariser Panthéon hat er selbst vor einem Nachbau von Foucaults Entwicklung gestanden – „andächtig, eine Dreiviertel Stunde lang“, so der Rockenhausener, der früher in einem Architekturbüro arbeitete. Heimlich habe er schon länger mit dem Gedanken geliebäugelt, selbst ein solches Pendel zu bauen – konkret wurde das Vorhaben aber erst, als Lang den passenden Ort für seinen Traum gefunden hat: den Wasserturm. Der Ort Das Türmchen ist 1871 im Zuge der Errichtung der Alsenztalbahn gebaut worden. Hier „tankten“ die mit Wasserdampf betriebenen Lokomotiven nach, wenn ihnen die Flüssigkeit ausging. Nach vielen ungenutzten Jahren ist das Bauwerk zusammen mit dem Gelände der ehemaligen Bahnmeisterei und dem Bahnhofsgebäude 2008 in den Besitz der Stadt übergegangen. Der Stadtrat hatte damals entschieden, das historische Gebäude zu erhalten – obwohl das Obergeschoss samt Dach 2003 bei einem Brand stark beschädigt worden war. In den Folgejahren war der Turm immer weiter heruntergekommen, ehe 2010 das Dach erneuert wurde. Lang ist überzeugt, dass „der Turm wieder ein Schmuckstück werden kann“, gerade das Sandsteinmauerwerk sei erhaltenswert. Vor einigen Jahren war dann bei einem Ideenwettbewerb der Stadt vorgeschlagen worden, hier ein Café einzurichten. Mit Blick auf die Kosten und die nur rund 17 Quadratmeter große Grundfläche hat sich das zerschlagen – heute kann man sagen zum Glück: Danach hat Lang seine Gedanken an die Stadt herangetragen. Die Pläne Installieren möchte er im Wasserturm ein 10,30 Meter langes Pendel, an dessen Ende sich eine Messingkugel mit einem Durchmesser von 20 Zentimetern befindet. Diese soll – ausgelöst durch die Erdrotation – nach und nach Messingkegel umwerfen, die auf einer am Boden befindlichen Rosettenbahn angeordnet werden. Was wichtig ist: „Jedes Pendel wirkt sich mit steigendem Breitengrad anders aus“, erklärt Lang. In Rockenhausen dauert es 31,5 Stunden, bis alle Kegel des Kreises einmal umgeworfen worden sind. Das Pendel soll von außen rund um die Uhr zu sehen sein – durch bodentiefe Fenster. Zudem ist geplant, dass Bildschirme und Schauftafeln im Inneren sowie ein Display an der Außenseite Besuchern die Funktionsweise vermitteln. Wie Lang ist auch Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald überzeugt, dass dieses Projekt eine ideale Ergänzung zum weithin bekannten Museum für Zeit darstellt. Nicht zuletzt weist Lang auf die vielen der Jugendlichen hin, die täglich in Rockenhausen zur Schule gehen: „Wir könnten auch ihnen dieses physikalische Experiment demonstrieren.“ Bereits im Februar 2017 hat der städtische Ausschuss für Umwelt, Planen und Bauen sein Einverständnis zu dem Vorhaben erteilt. Im September des gleichen Jahres sind die erforderlichen Finanzmittel in den Nachtragshaushalt eingestellt worden. Bis heute ist aber von dem Pendel nichts zu sehen. Die Frage ist: warum? Die Probleme Wie meistens gehts ums Geld. Auf 95.000 Euro waren 2017 die Kosten für die notwendigen Arbeiten beziffert worden – der geringste Anteil entfällt dabei mit zirka 6,5 Prozent auf das Pendel selbst. Viel teurer ist, den Turm selbst wieder instandzusetzen: Alleine für die Sanierung der Fassade sind 35.000 Euro veranschlagt. Die Stadt wollte deshalb eine Förderung über das EU-Programm „Leader“ erreichen. Notwendig dafür ist „eine zustimmende, empfehlende Beschlussfassung im LAG-Vorstand“, wie Seebald in der Sitzung des Stadtrates erläutert hat. LAG steht für „Lokale Aktionsgruppe Donnersberger und Lautrer Land“, sozusagen der regionale Arm des Leader-Programms. Sie entscheidet anhand eines Punktesystems darüber, welche Projekte vor Ort gefördert werden. Zweimal hat die Stadt vergeblich versucht, auf diesem Weg einen Zuschuss zu bekommen. Die Lösung Im dritten Anlauf sind die Aussichten nun gut, dass die Stadt doch zum Zuge kommt. „EULLE“ heißt das Leader-Entwicklungsprogramm, für das im Januar ein Förderantrag gestellt wurde – mit guten Aussichten, wie Seebald mitteilte: „Es war nicht ganz einfach, aber nach mehreren Gesprächen mit dem LAG-Vorstand haben wir die geforderte Punktzahl weit überschritten.“ Die endgültige Entscheidung trifft nun die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion. Bei inzwischen auf 105.000 Euro gestiegenen Gesamtkosten und einem 75-prozentigem Zuschuss hätte die Stadt einen Eigenanteil von 26.000 Euro zu tragen. Der Stadtchef hofft auf eine rasche Bewilligung – aus mehreren Gründen. Der Faktor Zeit Auch Seebald selbst möchte, dass die Arbeiten so schnell wie möglich starten können. Mehr aber geht es ihm um Lang und seine Mitstreiter: „Sie haben so lange gewartet, es wird Zeit, dass wir endlich an die Realisierung gehen können.“ Hinzu kommt, dass sich die Ideengeber dabei mit Eigenleistung in erheblichem Umfang einbringen möchten: Lang geht von rund 300 Stunden aus. Doch der – momentan noch topfite – 81-Jährige wird wie seine Helfer nicht jünger. Die Stadt habe deshalb bei der ADD einen „förderunschädlichen vorzeitigen Maßnahmenbeginn“ beantragt, so Seebald. Wird dieser genehmigt, soll sofort mit dem Pendel-Bau begonnen werden – grünes Licht dafür hat der Bürgermeister bei zwei Nein-Stimmen (FDP) nun vom Stadtrat erhalten. FDP-Fraktionsvorsitzender Michael Vettermann hatte zuvor gefragt, was bei einem vorzeitigen Baubeginn passiert, „wenn es von EULLE doch kein Geld gibt“. Seebalds Antwort: „Dann müssen wir die Kosten zu 100 Prozent tragen.“ Davon gehen allerdings weder er noch Udo Lang aus. Der verfolgte die Abstimmung im Stadtrat von den Zuschauerstühlen aus und erwiderte auf Seebalds Aussage, dass er sicher schon „mit den Füßen scharre“, schmunzelnd mit den Worten: „Derzeit bin ich ganz cool.“ Die Erde dreht sich schließlich weiter – vielleicht ist dies ja auch bald im Wasserturm am Rockenhausener Bahnhof zu sehen.

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