Frankenthal Ein Leben lang unfallfrei

Bricht morgen zu seiner letzten Bustour als Fahrer auf: Benno Dürk.
Bricht morgen zu seiner letzten Bustour als Fahrer auf: Benno Dürk.

Am Dienstag ist er 80 Jahre alt geworden. Morgen gibt er ein letztes Mal Gas. Diese Busreise will Benno Dürk noch machen. Dann ist Schluss für den Seniorpartner vom Reisebüro Dürk. Ein später Ruhestand nach einem halben Jahrhundert am Steuer mit rund sechs Millionen Kilometern durch ganz Europa.

Im Studernheimer Domizil der Dürks hängen zwei Hufeisen. Noch nie haben die eisernen Glücksbringer versagt – der Reiseunternehmer war sein gesamtes Berufsleben lang unfallfrei unterwegs. Was früher einfacher war als heute. „Heutzutage sind viel mehr Blöde unterwegs. Die Leute nehmen weniger Rücksicht im Verkehr, der immer dichter wird. Man muss aufpassen wie ein Luchs“, sagt der Jubilar. Als er 1962 seinen ersten Bus fuhr, damals noch als Angestellter, waren laut dem Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg circa zehn Millionen Fahrzeuge in Deutschland zugelassen. Jetzt sind bundesweit knapp 60 Millionen Fahrzeuge in Deutschland registriert. Dürk denkt gerne an die alten Zeiten zurück, als die Straßen noch überschaubar waren und man Pferdefuhrwerken begegnete. „Es gab auch weniger Straßenschilder und Autobahnen. Man fuhr beschaulich auf Landstraßen. Die Landkarte hatte man im Kopf und nicht auf dem Navigationsgerät.“ 1974 wurde der gebürtige Frankenthaler sein eigener Herr und gründete ein Reisebüro. Stolz war der damals 36-jährige Sohn eines Wagnermeisters auf seinen ersten eigenen Bus, ein Mercedes-Benz O 302 im Bauhausstil mit verchromten Fenstereinfassungen. In demselben Jahr war die deutsche Fußballnationalmannschaft mit diesem Modell nach München gefahren, wo sie mit dem legendären 2:1 gegen die Niederlande den zweiten Weltmeistertitel für die Bundesrepublik gewann. In Dürks Bus saßen weniger prominente Passagiere: Frankenthaler, die sich noch keinen eigenen fahrbaren Untersatz leisten konnten. Dürk kutschierte sie durch ganz Europa und gewann seine Kunden mit einem besonderen Geschäftskonzept – Reisen mit Musik. Er besaß ein Akkordeon, ein rot funkelndes Instrument des renommierten Herstellers Hohner mit 120 Bässen. Damit unterhielt er abends die Fahrgäste. Bei Busreisen in die Region musste die ganze Familie ran: Ehefrau Else, deren Herz Benno übrigens am Steuer eines Lkw gewann, packte die Söhne in den VW Bulli. „Wir mussten uns auf die Gepäckablage quetschen, weil die Sitzplätze mit zahlenden Gästen belegt waren“, erinnert sich Sohn Bernhard, der heute das Unternehmen in zweiter Generation mit mittlerweile 28 Angestellten führt. Papa Benno am Schifferklavier, Bernhard an der Gitarre und Thomas am Schlagzeug – zu den Gassenhauern der Musikkapelle Dürk schwangen die Reisegäste gern das Tanzbein. Bei den geselligen Runden habe des Öfteren Amors Pfeil mitten ins Herz getroffen, erzählt Benno Dürk und schmunzelt. „Es waren sicher über 100 Paare, die sich in der ganzen Zeit durch unsere Reisekonzerte kennengelernt haben.“ Traditionell wurde beim Tanztee ein Sketch aufgeführt: Dürk spielte den Pfarrer, der Touristen traute, die aneinander Gefallen gefunden hatten. Danach gab’s für das Paar einen Walzer als Ehrentanz. Seinen Spitznamen hatte Dürk damit schnell weg – die Passagiere nannten ihn „unseren Kuppler“. „Ich habe es mit Lust und Liebe gemacht“, sagt Dürk über die Jahrzehnte als Reiseleiter und Busfahrer. „Es war nie langweilig!“ Gesundheitlich ist er zwar noch topfit und würde gern weiter am Steuer seiner Busse sitzen. „Aber in meinem Alter ist das Risiko doch zu groß, dass mir etwas passiert. Ich trage ja auch Verantwortung für die Reisenden.“ Morgen geht es zur letzten Busreise, zu der 150 Stammkunden des Unternehmens aufbrechen. Wohin die Halbtagestour geht, soll eine Überraschung sein. Seine alte Hohner wird der Jubilar einpacken. „Es wird genauso sein wie früher“, freut er sich auf die Abschiedsfahrt. Für das Lied „Nehmt Abschied Brüder“ hat er schon geübt.

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