Frankenthal „Es war nicht böse gemeint“

Der wegen versuchten Einbruchdiebstahls in eine Wohnung und einen Döner-Imbiss in Lambsheim angeklagte Mann (wir berichteten) ist Mittwoch vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Frankenthal zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Richter Thomas Henn folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft und verhängte ein Urteil von einem Jahr und vier Monaten. In der Verhandlung kam es zu versöhnlichen Gesten zwischen dem Angeklagten und den als Zeugen geladenen Geschädigten.

Was von den Schilderungen des Angeklagten ist reale Erinnerung und an welche Dinge glaubt er nur sich zu erinnern? Dieser Frage versuchte Richter Henn bei der gestrigen Verhandlung auf den Grund zu gehen. Licht ins Dunkel sollten die Aussagen der beiden Lambsheimer bringen, an deren Fenster sich der Mann am 20. Oktober 2018 zu schaffen gemacht hatte, bevor er versuchte in eine Dönerbude einzubrechen. Der Angeklagte hatte ausgesagt, die Haustür für einen Hintereingang des Imbisses gehalten zu haben. Das Lambsheimer Ehepaar gab an, in der fraglichen Nacht durch ein schepperndes Geräusch wach geworden zu sein. Beim Blick aus dem Fenster hätten sie auf dem angrenzenden Parkplatz einen Mann liegen sehen. „Ich bin Krankenschwester und unser erster Gedanke war, dass er Hilfe braucht“, sagte die Zeugin. Der Mann sei dann allerdings aufgesprungen und davongelaufen, die beiden Zeugen folgten ihm und ertappen ihn um die Ecke an der Tür der Dönerbude. „Hey, was machst du da?“, will ihm der Zeuge zugerufen haben. Der so Angesprochene sei daraufhin geflüchtet, die beiden Anwohner verständigten die Polizei. Vom Einbruchsversuch an ihrem Haus hätten sie erst später durch die Beamten erfahren. „Da ist uns dann ein bisschen schlecht geworden“, sagte der Zeuge. Die Aussage des Angeklagten, er habe die Tür für einen Hintereingang des Imbisses gehalten, ist für den Zeugen plausibel: „Wir haben einen hohen Zaun, direkt nebenan hätte er es viel leichter gehabt.“ „Wir kennen uns nicht persönlich, aber ich möchte Ihnen sagen, dass es mir leidtut, Ihnen Angst gemacht zu haben“, sprach der Angeklagte den Zeugen direkt an. Dieser akzeptierte die Entschuldigung mit dem versöhnlichen Hinweis, er hoffe, der Angeklagte bekomme nun „bald mal die Kurve“. Die Ehefrau des Zeugen schilderte auf Nachfrage der Staatsanwältin, wie sie noch heute unter der Tat leidet. Im Gegensatz zu ihrem Mann konnte sie ihre Gefühle nicht verbergen, mehrmals brach ihre Stimme. Vor allem die Tatsache, dass die beiden dem Angeklagten ursprünglich helfen wollten, schien diesen zu treffen. „Das zu hören, hat mir gerade sehr weh getan“, sagte er in Richtung der Zeugin und bat auch sie um Verzeihung: „Es war wirklich nicht böse gemeint.“ Zentrale Frage der Verhandlung war, wie betrunken der Angeklagte zum Tatzeitpunkt gewesen ist. So hatte die Anwohnerin angegeben, der Mann habe beim Laufen geschwankt, ihr Mann will nichts dergleichen wahrgenommen haben. Die als Zeugen geladenen Polizisten sagten, der Mann habe nach Alkohol gerochen und sei nach seiner Festnahme „emotional“ geworden, habe geweint und gewimmert. Sie bestätigten, dass der Atemalkoholtest, der 1,49 Promille ergab, mehrere Stunden nach der Festnahme erfolgte, die Blutuntersuchung erst rund fünf Stunden später. Die Staatsanwaltschaft wertete das Teilgeständnis und die Entschuldigungen positiv, schenkte der Version des Angeklagten jedoch keinen Glauben: Der Garten der Eheleute sei eindeutig als Garten eines Wohnhauses erkennbar gewesen, außerdem sei es nicht glaubhaft, ein derart langes Gebäude für eine Dönerbude gehalten zu haben. Die Tatsache, dass der Mann gerade vier Wochen vorher aus der Haft entlassen wurde, lasse auf ein hohes Maß an Gleichgültigkeit schließen, sagte Staatsanwältin Anne Wolf und forderte ein Jahr und zehn Monate Haft. Die Verteidigung gab zu bedenken, dass der 34-Jährige durch Spielschulden in einer Notsituation gesteckt habe und betrunken gewesen sei. Er empfahl ein Strafmaß von nicht mehr als sechs Monaten. Richter Henn folgte letztlich der Argumentation der Staatsanwaltschaft, der 34-Jährige habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass in dem Gebäude Menschen seien, ob er sich nun daran erinnere oder nicht. Er wünsche sich ein normales Leben, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort. Er habe erst jetzt begriffen, was er den Opfern angetan habe, sagte er. „Es gibt nichts, was ich mehr bereue, als diesen Tag.“

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