Frankenthal Gefühle starker Frauen

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Große Gefühle starker Frauen standen im Mittelpunkt des Theaterabends „Heldinnen“, zu dem die Laienspielgemeinschaft (LSG) Beindersheim am Samstag anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens ins Bürgerhaus Heßheim eingeladen hatte. Die anspruchsvolle Collage aus Schauspiel-Monologen und klassischen Opern-Arien überzeugte durch zwei herausragende Solo-Künstlerinnen.

Der Abend skizzierte die Emanzipationsgeschichte von Frauen anhand ausgewählter Theaterrollen. Erläuternde Zwischentexte von Herbert Hügenell, die auch im Programmheft zu finden waren, erleichterten das Hineindenken in die Charaktere. Die Stuttgarter Schauspielerin Valentina Sadiku kehrte an diesem Abend als Gast zurück zu ihren Anfängen bei der LSG. Ihr ausgefeiltes Spiel überzeugte mit emotionaler Dichte und hoher darstellerischer Präsenz. Macht, Eifersucht und Selbstsucht beherrschten den ersten Teil des Programms. Als Elisabeth I. in Schillers Drama „Maria Stuart“ das Todesurteil für die Konkurrentin um die Krone unterschreibt, schwankt sie zwischen Zögern und Entschlossenheit. Eine ihrer Liebe wegen innerlich zerrissene Phädra bricht durch das Aussprechen ihrer Situation in Racines gleichnamiger Tragödie ein Tabu und besiegelt damit ihren Untergang. Wie Frauen im Aufbegehren gegen die Männerwelt scheitern können, wurde im Monolog der Petra von Kant in Fassbinders Filmdrama „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ deutlich, um in der Figur der Blanche du Bois in Tennessee Williams „Endstation Sehnsucht“ auf die Spitze getrieben zu werden. Mit zwei berühmten Arien brillierte die sibirische Opernsängerin Svetlana Kushnerova. In „Che Faro Senza Euridice“ (Was mach ich ohne Eurydike) aus Glucks Oper „Orpheus und Eurydike“ ließ sie die lyrischen Facetten ihres Mezzosoprans strahlen. Dramatische Dimensionen entwickelte sie in der berühmten „Habanera“ („Die Liebe ist ein wilder Vogel“) aus Bizets Oper „Carmen“. Das Aufbegehren in die Freiheit und die Freiheit der Verweigerung standen im Zentrum des zweiten Teils. Hochdramatisch und ergreifend gestaltete Valentina Sadiku die Figur der Haitang in Klabunds „Kreidekreis“. In ihrem Monolog im Schnee reift in ihr der Entschluss, aus Liebe auf ihr Kind zu verzichten. In der Gestalt der Gräfin Orsina in Lessings „Emilia Galotti“ betritt eine Frau die Bühne, die ihre geistige Überlegenheit über einen Mann ausspielt mit sarkastischer Ironie und beißender Verzweiflung. Was im Zeitalter der Aufklärung noch ein Skandal war, führt in Ibsens „Nora“ zum Aufbruch aus dem goldenen Käfig der patriarchalen Ehe in die Freiheit. Als Desdemona aus Brückners „Hättest Du geredet, Desdemona“ verweigert sie sich der Rache Otellos, dreht die Situation um und konfrontiert den Eifersüchtigen mit dem Verlust seines eigenen Taschentuchs als Untreue-Indiz. Erlösendes Lachen führt in diesem Konfliktfall zur Befreiung und sichert Desdemonas Überleben. Gänsehaut-Momente beim Thema Liebestod bescherte die Opernsängerin Svetlana Kushnerova. In der Arie „Casta Diva“ (keusche Göttin) der Druidenpriesterin aus Bellinis Oper „Norma“ entfaltete sie eine zarte Intensität, die sich in Isoldes Liebestod aus Wagners Oper „Tristan und Isolde“ zum strahlend entfalteten und kunstvoll versiegenden Sopran rundete. Seinem Motto „Theater mit Niveau“ verpflichtet, bot der Verein einen Abend mit anspruchsvoller Kultur. Leider fanden dafür nur rund 50 Zuschauer den Weg nach Heßheim. Für die beiden Künstlerinnen gab es Ende stehenden Applaus.

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