Frankenthal „Schilder aufzustellen, reicht nicht“

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Der Durchgangsverkehr allgemein und seine Geschwindigkeit speziell sind in Flomersheim und Eppstein das wichtigste kommunalpolitische Thema. Die zentralen Fragen dabei: Wie lässt sich Tempo 30 durchsetzen, ist dieses Limit überhaupt durchsetzbar? Polizei und Stadtverwaltung sind sich zwar einig über das gemeinsame Ziel, über den Weg dorthin nicht so ganz.

Polizeioberkommissar Christian Schwertfeger schaut in die Optik seines Tempomessgeräts, peilt auf Höhe der Volksbankfiliale das Nummernschild des auf ihn zukommenden Autos an. Die Laserpistole nimmt sozusagen Maß. Ein Piepsen. „52“, ruft der Beamte seinen Kollegen zu, die sich an der Ecke Eppsteiner Straße Schwarzwaldstraße postiert haben. Die junge Frau wird rausgewunken. Wie sich später herausstellt, ist sie mit 49 Stundenkilometern – drei werden standardmäßig abgezogen – diejenige, die es auf der langen Geraden gegenüber der Isenachsporthalle in Flomersheim am eiligsten hat. Heiko Arnd, Leiter der Polizeidirektion Frankenthal, beobachtet die Szene an diesem eisigen Morgen. Natürlich dokumentiert sie an erster Stelle individuelles Fehlverhalten, schließlich gilt in der Ortsdurchfahrt Flomersheim-Eppstein Tempo 30. Die Szene ist Arnds Empfinden nach allerdings auch ein Indiz dafür, wie schwierig es sein dürfte, dieses Tempolimit in dieser Straße durchzusetzen. „Die Straße vermittelt dem Fahrzeugführer auch optisch den Eindruck: Hier kann ich zügig fahren. Sie unterscheidet sich kaum von anderen Straßen, in denen 50 Stundenkilometer erlaubt sind“, sagt der Inspektionsleiter. Er meint damit insbesondere die bauliche Gestaltung der Eppsteiner Straße, die wenige Meter weiter zur Dürkheimer Straße wird. Arnds feste Überzeugung: „Es reicht nicht, Schilder aufzustellen.“ Will sagen: Zu den Schildern müssen weitere „Hindernisse“ treten, die den Fahrfluss bremsen: alternierendes Parken etwa oder optische Einengungen wie zum Beispiel ein Fahrradsicherheitsstreifen. Der hat aus Erfahrung der Beamten sogar einen doppelten Charme: Das Aufmalen ist nicht besonders teuer. Und er wirkt. „Obwohl das Überfahren des Streifens erlaubt ist, machen das die meisten Verkehrsteilnehmer automatisch nicht“, sagt Alexander Koch, Sachbearbeiter Verkehr der Frankenthaler Inspektion. Der Effekt ist dann ebenfalls ein doppelter: Die Radler sind sicherer unterwegs als ohne die Markierung, der restliche Verkehr macht etwas langsamer. Aktionen wie regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen werden nach Erfahrung der Polizei überbewertet: Wer das Verhalten von Verkehrsteilnehmern erfolgreich beeinflussen wolle, schaffe das mit über die Gestaltung des Verkehrsraums besser als mit repressiven Maßnahmen, sagt Koch. Letztere funktionierten ohnehin nur dann wirklich gut, wenn sie flächendeckend organisiert würden. „Das aber kann die Polizei auch mit Blick auf ihre weiteren Aufgaben nicht leisten“, sagt Heiko Arnd. Der Inspektionsleiter spielt den Ball beim Thema Tempokontrollen ins Feld der Stadtverwaltung: Andere Kommunen in Rheinland-Pfalz hätten die Geschwindigkeitsmessungen mit eigenem Personal und eigener technischer Ausrüstung übernommen. Dieser Weg stehe auch Frankenthal frei. Im Rathaus freilich hält sich die Begeisterung wegen der nicht eben rosigen Finanzsituation der Stadt angesichts solcher Ideen in engen Grenzen. Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) fürchtet zuvörderst die Investitionen: „Es wäre für Frankenthal relativ aufwendig, das selbst zu machen.“ Er glaubt allerdings ebenso wie die Polizei nicht an den durchschlagenden Erfolg von Tempokontrollen, auch wenn sie die Stadt selbst macht. „Wahrscheinlich würden sie dann überall gefordert. Ich finde, dass dieses Thema bei der Polizei grundsätzlich gut aufgehoben ist“, sagt Hebich. Wenngleich die Ordnungshüter dafür in Rheinland-Pfalz mehr moderne Technik zur Verfügung haben sollten. Die vorgeschlagenen baulichen Veränderungen respektive erzieherischen Maßnahmen lehnt Hebich nicht rundweg ab. „Wir haben ja auch in Eppstein alternierendes Parken in der Ortsdurchfahrt mitgetragen“, sagt er. Er bleibt dennoch skeptisch: Das genannte Konzept produziere teils einen „erheblichen Rückstau“. Und: „Die Gestaltung einer Straße müsse auch zu ihrer Funktion passen, findet der OB. Die Ortsdurchfahrt Flomersheim-Eppstein sei immer noch eine Landesstraße (L 524). „Insofern hat sie auch eine gewisse Erschließungsfunktion“, sagt Hebich. Der Bus müsse gut durchkommen ebenso wie der landwirtschaftliche Verkehr. Auch der Oberbürgermeister ist überzeugt: Im Dienste der Lebensqualität in den beiden Vororten müsse etwas passieren. „Wir stehen da in engem Austausch mit der Polizei.“ Deren Bilanz der eingangs beschriebenen Kontrolle: 107 Fahrzeuge gemessen, 13 Verwarnungen. Unter denjenigen, die sich nicht an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit halten mochten, waren übrigens sieben Anwohner. Nach Erfahrung der Polizei „unauffällig“, aber eben doch auch ein Fingerzeig. „Es sind nicht unbedingt immer die Auswärtigen, die zu flott unterwegs sind.“

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