Grünstadt Beim Wohnraum für Senioren herrscht Einigkeit

«Bockenheim.» Am kommenden Sonntag entscheidet sich, wer neuer Ortsbürgermeister von Bockenheim wird. Nach den Kommunalwahlen am 26. Mai gibt es eine Stichwahl zwischen den Bürgermeisterkandidaten Gunther Bechtel (SPD) und Uli Keidel (parteilos), der von der FWG unterstützt wird. Der selbstständige Kaufmann Bechtel (62 Jahre) erhielt im ersten Wahlgang 41,7 Prozent (562 Stimmen), der selbstständige Brenner Uli Keidel (54 Jahre) 36,0 Prozent (485 Stimmen). Ausgeschieden ist Dieter Rösener (68 Jahre, parteilos) mit 300 Stimmen (22,3 Prozent). Wir befragten die Kandidaten Gunther Bechtel und Uli Keidel zu ihren Positionen.

1. Was sehen Sie in den nächsten fünf Jahren als größte Herausforderung in Ihrer Gemeinde? Gunther Bechtel:

All das, was in den letzten fünf Jahren versäumt wurde. Es gilt – nachdem es statt zweien noch einen Arzt vor Ort gibt –, sich weiterhin für eine ärztliche Versorgung stark zu machen. Dazu haben wir bereits mit der kassenärztlichen Vereinigung gesprochen und unseren Arzt vor Ort in die Gespräche mit einbezogen. Wir brauchen alternative Wohnformen für unsere Senioren, das heißt ein Seniorenheim oder einen Mehrgenerationenhof. Nach wie vor wollen wir einen Nahversorger ins Dorf bekommen und wir wollen den Tourismus samt Fremdenverkehr und Übernachtungsmöglichkeiten weiter nach vorne bringen. Beim Mehrgenerationenplatz muss das Konzept dahingehend geändert werden, dass wir daraus einen naturnahen Erholungsplatz machen, der weniger Geld kostet als ursprünglich geplant und trotzdem ansprechend gestaltet werden kann. Auf jeden Fall dran bleiben werden wir an der Umgehungsstraße zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität im Dorf. Uli Keidel: Eine gute Zusammenarbeit im Gemeinderat ohne Fraktionszwang. Es sollte freie Meinungsäußerung geben. Aber gegen etwas stimmen, nur weil man einer anderen Fraktion oder Partei angehört, finde ich nicht gut. Es sollte Anträgen der anderen politischen Gruppen zugestimmt werden, wenn es dem Dorf nützt. Zur großen Herausforderung gehört die Sanierung der Gemeindestraßen. Hier haben wir einen Sanierungsstau. Das muss angepackt werden, das ist auch nicht von heute auf morgen abzuwickeln. Das kann Jahre dauern. Und es kostet einiges. Es muss so günstig wie möglich gemacht werden für beide Seiten, für die Bürger und die Gemeinde. Zu einem guten Dorfleben gehört dazu, dass junge Leute und Familien hinzukommen, etwa durch ein weiteres Neubaugebiet. Oder dass bestehende Immobilen um- und weitergenutzt werden könnten. Dies gilt gleichermaßen für Senioren, die im Dorf bleiben sollen und für die ebenfalls Wohnraum geschaffen werden muss. Ich wäre dafür, dass der geplante Mehrgenerationenplatz in die bereits vorhandene Substanz integriert wird, der Platz am Bockenheimer See muss nicht total umgekrempelt werden. Eine schöne Umgestaltung wäre auch möglich, ohne viel Geld auszugeben. An einer Umgehung dranbleiben ist wichtig. Die muss allerdings weiträumig mit anderen Gemeinden wie Obrigheim und Neuoffstein/Südzucker, Hohensülzen, Monsheim geplant werden. 2. Welche Lösungsvorschläge haben Sie dafür? Bechtel: Wir haben für alle Vorhaben bereits vorgearbeitet, indem wir Kontakte zu Investoren und Fachleuten geknüpft haben. Wegen der Umgehungsstraße haben wir die besten Kontakte nach Mainz. Vor drei Wochen waren wir wieder dort, um uns über die weitere Vorgehensweise beraten zu lassen. Das Ziel einer Umsetzung verfolgen wir weiterhin. Bei der Ärzteversorgung haben wir bereits über die Ansiedelung eines weiteren Arztes nachgedacht und mit Investoren über ein medizinisches Versorgerzentrum gesprochen. Bei Investoren nachgefragt haben wir auch wegen eines Seniorenheimes oder alternativem Wohnraum für ältere Menschen. Lösungsansätze dafür gibt es. Wegen eines Nahversorgermarktes haben wir fünf Unternehmen angeschrieben. Ungeklärt ist die Standortfrage, weil Märkte die Dorfmitte favorisieren. Zur Stärkung des Tourismus wollen wir ein Konzept erstellen, zusammen mit den Winzern, Gaststätten und Übernachtungsbetrieben. Keidel: Vor allem muss mit den Fraktionen im Rat gesprochen und auch mal Kompromisse gefunden werden, um etwas zu erreichen. Im Rat könnten die Aufgaben für bestimmte Projekte aufgeteilt werden. Und wer Aufgaben übernimmt, sollte dafür Verantwortung übernehmen. Das würde meines Erachtens den Zusammenhalt des Gemeinderates fördern und stärken. Jeder im Gemeinderat sollte sich mit dem Dorf und der Gemeinschaft identifizieren und nicht mit einer Partei. 3. Stichwort Klimawandel/Grünflächenmanagement: Welche konkreten Beiträge zum Klima- und Naturschutz könnte Ihre Gemeinde leisten? Wo sehen Sie den größten Nachholbedarf? Bechtel: Die SPD hat bereits vor Jahren beantragt, auf allen gemeindlichen Dächern Photovoltaikanlagen errichten zu lassen. Nach längeren Diskussionen wurde das auch umgesetzt. Seit langem fordern und forcieren wir die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED. Allerdings wollten wir das für die Bürger beitragsfrei haben, was aber durch ein Gerichtsurteil verhindert wurde. Wir werden mehr Grün ins Dorf holen mit Neuanpflanzungen von Bäumen ähnlich der Grünstadter Aktion 1000 Bäume für die Stadt. Öffentliche Grünflächen können beispielsweise mit Blumensamen in Insektenweiden umgewandelt werden. Ganz wichtig ist uns zudem, dass wir für pilz- und mehltau-resistente Reben und Wingerte appellieren, die mit 80 Prozent weniger Spritzmittel auskommen. Als Beispiel dient uns der Patriciawingert. Keidel: Grünflächen könnten so gestaltet werden, dass zum Beispiel Randstreifen in der Flur nicht abgemäht werden. Eine Verwilderung wäre allerdings auch nicht wünschenswert. Ich denke, ein bisschen Pflege braucht auch die Natur. Es müsste ein gesunder Mittelweg gefunden werden zwischen den Pflanzenkulturen und der Natur. Die Grünflächen im Ort könnten wieder von Paten, mit Unterstützung der Gemeinde, bepflanzt und gepflegt werden. Vielleicht gibt es Leute, die eventuell vor ihrem Grundstück wieder Grüninseln mitpflegen könnten. Generell sollten sich die Menschen wieder mehr mit der Natur arrangieren und akzeptieren, dass Bienen, Insekten und Tiere Lebensräume brauchen. 4. Durch das neue Kita-Gesetz könnte der Platzbedarf in den Kitas steigen. Ist Ihre Gemeinde dafür gerüstet? Welche Möglichkeiten sehen Sie, größeren Anforderungen Rechnung zutragen ? Bechtel: Wir haben schon lange vor Beginn des geplanten Neubaugebietes „An der Jakob-Böshenz-Straße, Schule und Kindergarten “ beantragt, eine Erweiterungsfläche für die Kindertagesstätte mit einzubeziehen. Das ist uns gelungen. Der Investor hat nach langen Verhandlungen eine etwa 600 Quadratmeter große Grundstückfläche der Gemeinde kostenfrei abgegeben. Damit konnte sie 70.000 Euro einsparen. Weil diese Fläche, wie wir festgestellt haben, nicht ausreicht, haben wir im Gemeinderat einen Antrag gestellt, eine weitere Fläche für das Kitaspielgelände vom Investor zu erwerben. In diesen Verhandlungen sind wir noch. Leider gibt es noch keine schriftlichen Ergebnisse. Wir haben deswegen eine schriftliche Zusage beantragt. Durch die Neubaugebiete könnte eventuell die Kinderanzahl steigen. Bräuchten wir eine bauliche Aufstockung oder Erweiterung des Gebäudes, sind Gespräche mit dem Land über Zuschüsse zu führen. Zum neuen Kitagesetz wäre zu sagen, dass auf keinen Fall Personal eingespart werden darf. Keidel: Zurzeit ist unsere Kindertagesstätte laut dem Gesetz ausreichend. Aber in naher Zukunft müssen wir das Gebäude erweitern, das Personal aufstocken oder entlasten und das Angebot ausbauen. Beispielsweise mit einem Hort, wo Kinder von Berufstätigen durchgängig betreut werden können. Für größere Kinder müsste es mehr Freizeit- und Ferienangebote geben, die von den Vereinen und der Gemeinde unterstützt werden sollten. Dabei sollte die Zusammenarbeit mit der Grundschule und der Verbandsgemeinde als Trägerin der Schule angestrebt werden. Vielleicht wäre es möglich, mit Hilfe von Ehrenamtlichen Betreuungsangebote zu erweitern, etwa im sportlichen Bereich.

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