Grünstadt „Jungen Leuten Perspektiven bieten“

Sie ist die höchste Ehrung, die einem ausländischen Mitbürger in China zuteilwerden kann – nun ist ein Battenberger stolzer Preisträger des National Friendship Award der chinesischen Regierung. Seit 2005 engagiert sich Helmut Becker für die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung in der Stadt Tianjin und stößt damit zudem landesweit im „Reich der Mitte“ auf offene Ohren. Neben der Stadt selbst würdigte auch der chinesische Staatsrat den Einsatz des Pädagogen bei einer Zeremonie im Rahmen der 65-Jahr-Feier der Volksrepublik in Peking.

Allein seit seiner Pensionierung 2011 reist der ehemalige Referatsleiter des Bereiches Fort- und Weiterbildung in der beruflichen Bildung am Speyrer Pädagogischen Landesinstitut zweimal im Jahr nach China. Dort berät und begleitet er ehrenamtlich die Bildungseinrichtung „Sino-German Vocational Technical College“ in Tianjin. „Die Institutsleitung ist enorm auf Qualitätsverbesserung von Unterricht und Ausbildung bedacht“, so der 63-Jährige. Viele Lehrer in China hätten keine pädagogische Ausbildung, sondern seien „nur“ Hochschulabsolventen, die als Lehrkräfte eingestellt würden. „Diese Lehrer machen dann genau das, was sie selbst als Schüler erlebt haben – den für China typischen Frontalunterricht.“ Umso wichtiger sei es, sich auf die Hintergründe der Chinesen einzulassen und Lehrer wie auch Schüler behutsam an neue Konzepte, etwa Gruppenarbeit oder das aktive Einbinden der Studenten in den Unterricht, heranzuführen. Dass Deutschland in China ein sehr hohes Ansehen genießt, spielt dem Battenberger dabei in die Hände: „Das deutsche Berufsbildungssystem gilt in China als das beste überhaupt“, erklärt Helmut Becker. Vor allem das Duale System mit seiner praxisorientierten Ausrichtung sei Vorbild für viele chinesische Bildungseinrichtungen. Dessen Umsetzung allerdings habe es in sich: „Kontakte zwischen Schulen und Betrieben gibt es in China kaum, aber man muss Ahnung von der Arbeitswelt haben, wenn man die Ausbildung praxisnah gestalten möchte.“ Deshalb bemüht sich Becker um kooperationswillige Betriebe in und um Tianjin, stimmt sich mit der Außenhandelskammer zu Prüfungsregelungen ab und fördert den Austausch zwischen Arbeitswelt und Bildungsinstitut. Auch am Aufbau neuer Studiengänge ist er maßgeblich beteiligt. So wurde bereits ein Logistik-Studiengang als Pilotprojekt gestartet, der auch das Interesse anderer Ausbildungseinrichtungen in ganz China auf sich zog: „Ich bin zu Vorträgen an viele Orte im Land gereist, die Resonanz ist sehr groß.“ Auch anlässlich der Preisverleihung der Stadt Tianjin wurde Helmut Becker um eine Rede zum Thema gebeten, die letztlich ganz anders ausfiel, als geplant, so Becker: „Chinesen reden gerne um den heißen Brei herum und würden nie direkt etwas kritisieren. Also habe ich auch meine Rede zurückhaltend formuliert.“ Die bekam er jedoch postwendend von der Stadt zurück, mit der Bitte, ganz konkret zu benennen, was sich in Zukunft noch bessern könne und müsse. Der Wille, etwas zu ändern, sich zu verbessern, sei einfach „enorm stark“. Absolute Krönung seines jahrelangen Einsatzes war die Ehrung mit dem National Friendship Award: „So eine Auszeichnung bekommt man nicht alle Tage“, meint Helmut Becker. Auf Einladung der chinesischen Regierung reiste er mit Ehefrau Beate nach Peking, um den Preis entgegenzunehmen – ein unvergessliches Erlebnis für die beiden und Motivation genug für den Battenberger: „Den jungen Leuten eine Perspektive zu geben, macht mir viel Freude, und solange ich Spaß daran habe, mache ich auch weiter.“ (kcs)

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