Kaiserslautern Bemühtes Ministerium – Verärgerter Dirigent

Es herrscht Funkstille zwischen Mainz und Ludwigshafen. Nachdem die Situation in der vergangenen Woche mit der Absage von 20 Konzerten durch Staatsphilharmonie-Chefdirigent Karl-Heinz Steffens eskaliert ist, schweigen im Moment alle. Steffens, weil er gegenüber dem Ministerium wohl alles gesagt hat, was aus seiner Sicht gesagt werden musste. Staatssekretär Walter Schumacher, weil er ohnehin wohl am allerliebsten gar nichts gesagt hätte. Gegenüber der RHEINPFALZ äußert sich Steffens nun erstmals.

„Bemühungszusage“ ist ein wunderbar-schreckliches Wort. Irgendwo zwischen Versprechen und heißer Luft. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Man habe der Deutschen Staatsphilharmonie eine „Bemühungszusage“ für drei halbe Stellen gegeben, so Kultusministerin Vera Reiß, die man aber leider nicht einhalten konnte. Man glaubt ihr durchaus, dass sie das bedauert. Nur hilft das Karl-Heinz Steffens und Intendant Michael Kaufmann auch nicht weiter. Denn die beiden haben – wie bestimmt auch die Musiker der Staatsphilharmonie – das Wort, das so viel verspricht, aber so wenig zu halten verpflichtet ist, sehr ernst genommen. Der eine, ehe er die Unterschrift unter seine Vertragsverlängerung als Chefdirigent setzte, die übrigens nicht zuletzt vom Staatssekretär selbst mit stolzgeschwellter Brust als Erfolg verbucht wurde; der andere, spätestens als er mit dem Chefdirigenten zusammen das Programm für die laufende Saison entwickelte. Doch man muss sich das ominöse Wort ja nur mal auf der Zunge zergehen lassen: Man sagt zu, sich um etwas zu bemühen. Mehr nicht. Man verspricht das Bemühen, kein greifbares Ergebnis. Und so bemüht man sich vielleicht mal mehr, mal weniger, um am Ende feststellen zu können: „Sorry, war leider nichts. Vielleicht beim nächsten Mal.“ Da kann einen vielleicht schon einmal der heilige Zorn packen. Und so ähnlich ist es vor allem Karl-Heinz Steffens auch gegangen: „Ich hätte meinen Vertrag niemals unterschrieben, wenn ich nicht fest davon ausgegangen wäre, dass die Dinge, die man mir versprochen hat, auch eingehalten werden“, erläutert Steffens gegenüber der RHEINPFALZ: Das Wort von der „Bemühungszusage“ entlarvt sich damit als genau das, was es auch ist: Politsprech oder Politikerdeutsch im besten Sinne des Wortes. Weitgehend substanzlos und vor allem nicht belastbar. Man wird sich in Mainz aber doch entscheiden, wird sich fragen müssen: Was wollen wir mit der Staatsphilharmonie? Und da kann sich dann auch eine Ministerin, die im RHEINPFALZ-Gespräch sagt, sie habe schon alles gemacht, außer Kultur, nicht mehr länger hinter ihrem Staatssekretär verstecken. Sicherlich kann sich die Politik nicht von Landesangestellten die Bedingungen ihres Handelns vorschreiben lassen, aber wenn ein Bekenntnis zu der Staatsphilharmonie und vor allem zu Karl-Heinz Steffens keine leere Worthülse sein soll, dann sollte man sich zumindest an gegebenen „Bemühungszusagen“ messen lassen, die ja eben auch als eine Art von Versprechen verstanden werden können. Andernfalls demontiert man einen überaus erfolgreichen Dirigenten, dessen Position im Orchester damit wie auch die des Intendanten unnötig geschwächt wird. Oder sollte Letzteres gerade die Intention der Landes-Kulturpolitik in diesem Fall sein? Es geht also nun schon seit geraumer Zeit um drei halbe Bläserstellen für das größte Orchester des Landes, geht um etwa 100.000 Euro. Man kann sich das irgendwie nicht vorstellen, dass es dafür keinen gangbaren Weg geben soll – wenn es denn den erklärten Wille dafür geben würde. Aber offensichtlich ist da ein Unterschied, zwischen Bekenntnis, erklärtem Willen und dem Wortungetüm „Bemühungszusage“. Politikerdeutsch ist eben doch irgendwie sprachliches Glatteis, auf dem man nur ausrutschen kann. Doch das ist ja nur der eine Teil dieser nicht wirklich schönen Geschichte, welche die rheinland-pfälzische Kulturpolitik in den vergangenen Monaten geschrieben hat. Es gab dann ja auch noch den laut RHEINPFALZ-Informationen von mehreren Gesprächsteilnehmern bestätigten Vorwurf an Karl-Heinz Steffens – geäußert vom Staatssekretär vor dem Orchestervorstand –, bei den Solistenbesetzungen seine Frau und seine Tochter zu berücksichtigen. Der Vorwurf zielt ins Leere, hätte sich zudem auch entkräften lassen – wenn man es denn gewollt hätte auf Seiten der Politik: „Ich hätte Herrn Schumacher gerne jede einzelne Solistenbesetzung aller unserer Konzerte erläutert, wenn er mich denn danach gefragt hätte“, so Steffens. Da aber nur der Vorwurf gegenüber Dritten geäußert wurde, habe er für sich beschlossen: „Ich kann so nicht mit mir umgehen lassen.“ Der Rest ist bekannt. Beim Beethovenfest nächste Woche in Speyer wird das Publikum weder den Dirigenten noch den Klarinettisten Karl-Heinz Steffens erleben können. Insgesamt drohen in dieser und der kommenden Saison bis zu 20 Konzert-Absagen des Chefs der Staatsphilharmonie. Doch Steffens, dessen Vertrag noch bis 2018 läuft, macht deutlich: „Ich war zwar für einen Augenblick kurz davor, alles hinzuschmeißen, aber natürlich möchte ich dem Orchester nicht schaden, schließlich können die Musiker am allerwenigsten für die ganze Angelegenheit.“ Er werde sich im Sommer mit Intendant Michael Kaufmann zusammensetzen und die jetzige Saison ebenso bewerten, wie auf die folgende vorausblicken. „Die wichtigsten Dinge werden erhalten bleiben.“ Steffens scheint ohnehin kein Interesse daran zu haben, dass die ganze Angelegenheit jetzt zum Politikum gemacht wird. Die CDU-Landtagsfraktion jedenfalls versucht, daraus Kapital zu schlagen und verlangt eine Entschuldigung Walter Schumachers. „Ich will jetzt meinen Frieden schließen. Und selbstverständlich kann man sich auch zusammensetzen und zu einer neuen Basis eines vertrauensvollen Miteinanders kommen, wie wir es vor dieser ganzen Affäre ja auch hatten.“ Damit liegt der Ball eindeutig im Feld des Kultusministeriums und des Staatssekretärs. Es wäre ein Leichtes, ihn aufzunehmen. Andernfalls könnte das Thema die Landesregierung viel länger begleiten, als ihr eigentlich lieb ist. Und daran dürfte doch auch Walter Schumacher, der mit Ende der Legislaturperiode in den wohlverdienten Ruhestand gehen wird, kein Interesse haben. Aber so richtig Lust scheint man in Mainz nicht zu haben. Auf RHEINPFALZ-Anfrage verweist man auf ein Gespräch der Ministerin und des Staatssekretärs mit Karl-Heinz Steffens und Michael Kaufmann. Dabei seien „die entstandenen Verstimmungen umfassend erörtert worden“. Die Ministerin habe betont, dass sie bedauere, wenn sich jemand persönlich verletzt fühle. Kulturstaatssekretär Schumacher habe dem „ausdrücklich zugestimmt“. „Der Gesprächsfaden zwischen dem Kulturministerium und der Staatsphilharmonie ist keineswegs abgeschnitten“, heißt es weiter. Nun, dann gibt es ja noch Hoffnung.

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