Kaiserslautern Engel trifft Engelmann

Wenn ein Engel auf einen Engelmann trifft, dann kann ja nichts schiefgehen. „Jazzbühne meets France“ lautete das Motto der 48. Ausgabe dieser Reihe am Freitagabend in der gut besuchten Fruchthalle. Dabei trafen Stefan Engelmann, Martin Preiser und Michael Lakatos von der Stammbesetzung auf die Chansonsängerin Margit Engel und die beliebte Akkordeonistin Alexandra Maas.

Französische Chansons und Jazz – ein reizvolles Unterfangen. Spannend wird es, wenn sich die Chansons mit ihren ungeahnten Farben und Nuancen in einer genuinen Weise zu einem klanglichen Abenteuer entwickeln. Das kann aber auch problematisch werden, weil hier zwei artfremde Genres aufeinandertreffen. So war es keineswegs überraschend, dass sich die Protagonisten in den ersten Runden abtasteten wie zwei Sparringspartner im Boxring. Vor allem: Margit Engel ist eine großartige Chansonsängerin, aber keine Jazzsängerin. Die Meisterschaft der Jazzer zeigt sich darin, die Spannung, die zwischen der Sprachmelodie als solcher und einem spezifischen Songtext besteht, niedrig zu halten. Mehr erfühlt wird diese Sprachmelodie, wozu auch die eigentümliche vibratolose Gesangsweise gehört. Das heißt, dass sie glatt gesungen wird und trotzdem voll brennender Expression ist. Da aber Engel, wie gesagt, vom Chanson geprägt ist, liefen in den ersten Songs, wie Charles Trenets „La mer“ oder „D’Allemagne“ von Patricia Kaas die Jazzer und die Sängerin quasi nebeneinander her. Umwerfend jedoch war von Beginn an Engels dunkel gefärbte Stimme. Aber zu schön war sie für eine Jazzsängerin. An Intensität gewann sie mit Jacques Brels „Amsterdam“, das lediglich Alexandra Maas mit dem Akkordeon großartig begleitete. Da ließ Engel die Konsonanten knallen und dehnte die Vokale, und die Dynamik gewann immer mehr an Intensität und Dichte. Den gemeinsamen Nenner erreichten Jazztrio und Sängerin dann doch noch. Die ganze dynamische Skala zwischen Piano und Forte zeigte sie dabei und war fast nicht mehr zu bremsen. Ihr Gesang lebte auch von ihrem facettenreichen Timbre und ihrer ungekünstelten Intensität. Das Trio trug sie aber auch zu Höhen empor. Vor allem Martin Preiser am Flügel erhielt immer wieder Szenenapplaus für seine Soli. Er versteht es, über die ganze Tastatur zu gebieten und sein Instrument orchestral zum Klingen zu bringen. Und bei seinen Pianokaskaden meinte man gar, das Rauschen der Meereswogen zu hören. Kreative Spannung aufzubauen, verstand auch Stefan Engelmann am Bass. Was er auch spielte, seine Soli waren stets spontan und voller Überraschungen und dabei völlig integriert. Einen leichten Fuß hatte Lakatos’ Beat. Er betonte das melodische Potenzial seines Schlagzeugs, auch für die Begleitarbeit, und überraschte immer wieder mit besonderen Effekten. Das Chanson mit dem Jazz zu verschränken, verstand Alexandra Maas auf wunderbare Weise, wie sich in dem Walzer „Maigrets letzter Fall“ zeigte. Zum Träumen schön war das. Maas hat dem Akkordeon in unserer Region ein eigenes Profil, einen eigenen Charakter, ihm bisher noch nicht gekannte Möglichkeiten klanglicher und technischer Art gegeben. So steuerte sie auch in dem von Serge Gainsbourg geschriebenen „Accordion“ der Technik und dem Musizieren ein Element bei, das mit Leichtigkeit und Brillanz des Tons zu tun hat. Hier wuchs auch Margit Engel über sich hinaus, wobei ihr Temperament fast mit ihr durchging. Die Melancholie greifbar war schließlich in der zweiten Zugabe bei dem Lied „Les feuilles mortes“ (Die welken Blätter). Da weinte das Akkordeon, war jede perlende Note des Klaviers wie eine Träne, sang Engel sehr nuanciert und Lakatos hielt sich mit seismographisch empfundener Besenarbeit zurück. So traurig-schön kann Jazz auch sein.

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