Kaiserslautern Für die Katz

Wein und Wald und Wiesen und Wingerte und Wurstmarkt – eigentlich hat Bad Dürkheim alles, was man für ein schönes Leben braucht. Nur eine Sache fehlt, eine wichtige allerdings. Ein Kino. Dass es durchaus einmal existiert hat: Die Zugezogene hört es mit großen Augen und offenem Mund von Alteingesessenen. Jedenfalls musste die in Bad Dürkheim gedrehte und euphemistisch als „Krimikomödie“ vermarktete Fernsehklamotte „Frauchen und die Deiwelsmilch“ jetzt im Ludwigshafener Kino Vorpremiere, nun ja, feiern wäre übertrieben. Man müsste noch nicht mal das Fass oder die Saline zweckentfremden. Auch aus der nicht ganz so wahrzeichenhaften Brunnenhalle könnte man ein hübsches kleines Lichtspielhaus machen. Im Film spielt das Vielzweckgebäude die Rolle einer Bank und Daniela Katzenberger die der Bankangestellten Miri. Von „der Katze“, wie sie der gemeine Fan gerne nennt, unterscheidet sich „die Miri“ durch minimal mehr Rocksaum und dadurch, dass sie sich in die superblonden Haare immer irgendwelche bunten Tücher wickelt. Die Miri sitzt im Film entweder an einem mit pinkfarbenem Plüsch umwickelten Computer oder ist in einem roten Auto unterwegs im fiktiven Hattenstein, um mit hanebüchenen Methoden die ungeheuerlichen Vorgänge im Rathaus aufzudecken, das in der von der echten Dürkheimer Bevölkerung wegen der hübschen Farbe „Senffabrik“ genannten Kreisverwaltung angesiedelt ist. Der dort arbeitende, nein: herrschende Bürgermeister ist zwar ein intrigantes Schwein, spricht aber immerhin ein ziemlich authentisches Pfälzisch. Achtung, angesichts der Komplexität der Story des Films „Frauchen und die Deiwelsmilch“ und der Hauptcharaktere bitte kurz ganz genau aufpassen. „Frauchen“ ist der Rauhaardackel des Bürgermeisters und so lieb, dass er aus dem Rathaus fort- und der Miri zurennt. „Deiwelsmilch“ ist eine Riesling-Lage mit roten Trauben. Man muss diesen nicht aufgelösten Widerspruch als Zuschauer großer Kunst aushalten können. Ein anderer ist das großformatige Porträt Helmut Kohls in der Amtsstube. Sollte es etwa ein subtiler Hinweis auf die Oggersheimer Herkunft der Hauptdarstellerin sein? Bei ihrem Auftritt vorgestern Abend im Ludwigshafener Kino konnte man von der 27-jährigen Jetzt-also-Schauspielerin dazu keine Antwort erwarten. Sie war viel zu sehr mit ihren Brüsten beschäftigt. Immer wenn sie auf die Bühne musste oder zum Autogrammegeben oder zum Posieren mit Fans, ging der Griff ganz schnell ans Dekolleté, das manuell nachjustiert werden musste, da das Kleid weder über Träger noch über Ärmel oder andere für Auftritte in der Öffentlichkeit durchaus praktische Utensilien verfügte. Es war wie bei einem schlimmen Unfall: Man musste immer hinschauen, auch wenn man schon vorher wusste, hinterher würde man sich wieder ganz elend fühlen. Ein emotionaler Zustand, der im Übrigen auf den ganzen Film zutrifft. Einerseits ist die Stadt Bad Dürkheim wunderschön in Szene gesetzt, und man wolle angesichts des in allen Farben des Herbstes schimmernden Weinbergs und der in der Abendsonne leuchtenden Limburg gerne direkt vom Kinosessel aus sämtliche Verwandte und Freunde von außerhalb darüber informieren, dass man gerade wieder einmal festgestellt hat, in einer sehr schönen Stadt zu wohnen. Und dass sie am Donnerstag um 20.15 Uhr die ARD einschalten sollen, um daran teilzuhaben. Und dann tauchten in diesen impressionistischen Gemälden gleichen Landschaftsaufnahmen keine Wiesenblumenmädchen beim Picknick auf, sondern die Katzenberger auf High Heels durch den Weinberg stöckelnd. Zunächst war es die Scham, die über die Freude gesiegt hat. Ganz am Ende aber – da hat die Langeweile alle überholt und haushoch gewonnen.

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