Kaiserslautern Fahrrad – Wurstmarkt – Grauburgunder

Und über allem thront „Mutti“Merkel: Die Untiere Wolfgang Marschall (als Schlagzeuger), Marina Tamassy (als Andrea Nahles), Phil
Und über allem thront »Mutti«Merkel: Die Untiere Wolfgang Marschall (als Schlagzeuger), Marina Tamassy (als Andrea Nahles), Philipp Tulius (als Horst Seehofer), Petra Mott (als Annegret Kramp-Karrenbauer) und David Punstein (als Pianist).

Die Untiere stürmen mit neuem Programm in den November und fegen den Herbst-Winter-Blues in gekonnter Manier hinweg. Das fast voll besetzte Edith-Stein-Haus frönte am Donnerstagabend der 13. Ausgabe ihres „politeramusischen“ Kabarettabends.

Es beginnt klassisch opulent und dramatisch mit der berühmten Bach-Toccata d-moll (David Punstein an den Tasten), und zum ersten Mal sieht sich das satirische Alpha-Untier Wolfgang Marschall zu seinem Bühnenaufgang entsprechend gewürdigt. Er lässt sich auch nicht lange bitten und beginnt sogleich mit unvergleichlichen Vergleichen der beiden Metropolen Kaiserslautern und Wien, um letzten Endes feszustellen, dass beide OBs sowohl Zoologen, als auch weinlaunige Frohnaturen sind. Und mit scharfer Zunge geht es sodann kreuz und quer durch politische Gefilde, werden die FWG’ler in Bayern als bloße Dissidenten der CSU enttarnt und das kommunale Bau-Peterle als apokalyptische Version eines „Bundesstauministers“. Das „Fachpublikum“ im Saal johlt zustimmend. Gleich darauf erobern Seehofer (Philipp Tulius), Kramp-Karrenbauer (Petra Mott) und Nahles (Marina Tamassy) die aktuelle politische Bühne, um den musikalischen Auszug der Merkel-Ära zu besingen. Bei der bewussten Imitation der kratzig-heiseren Nahles-Stimme muss man fast schon um die schöne Gesangsstimme von Tamassy bangen – doch der fehlt es an nichts, wie sich im Lauf des Abends zeigen sollte. In weiteren Nummern geht es um mögliche Nachfolger und Merkels „Restlaufzeit“. Und der unverblümt agierende „Horsti“ Seehofer lässt seine Meinung auf Bayerisch-Pfälzisch unmissverständlich platzen: „Vom Schwelles bis zum Sterz – ein A...loch ist der Friedrich Merz!“ Währenddessen schwingt sich der Streit der beiden Damen über bessere Fähigkeiten für die angestrebte Machtposition zu ohrenbetäubendem Falsett auf. Aber „Horsti“ kann es auch dezenter und besingt in feiner Lyrik den „Salmonell auf seinem Fleischsalat“ als metaphorisch-merkelschen Abgesang und bedankt sich im Refrain mit „Merci, dass du bald gehst!“ (Anleihe an Udo Jürgens). Dies wird sogleich konterkariert von Kramp-Karrenbauer, die eine balladenschwangere Hymne auf die „Mutti der Nation“ singt (in Anlehnung an „Your Song“, Elton John). Das Satire-Schwert Marschalls saust quer über alle möglichen politischen Köpfe, um beim hiesigen „Bau-Peterle“ Peter Kiefer mit einem verkehrspolitischen Spartrick zu verharren: Die „Ampel-Transplantation“ vom Opel-Kreisel an die Zollamtstraße erntet lautstarke Zustimmung. Die neue Bürgermeisterin Beate Kimmel galoppiert dem Kabarett-Hengst Marschall schon in Richtung eines durch Politessen-Verwarnungseinnahmen finanzierten Untier-Treuhandkontos. Aber wieder muss der Baudezernent Kiefer herhalten bei der Klärung der Frage, was eigentlich FWG bedeute: Fahrräder – Wurstmarkt – Grauburgunder. Szenenwechsel. Über Garten-Nazis in seiner Nachbarschaft sucht Wolfgang Marschall das tiefe Fass der Parallelgesellschaften zu ergründen und entdeckt so allerlei. Bis er schließlich bei der hauseigenen landet: das eigene Ich und die eigene Steuererklärung. Endlich betritt Frau Merkel in Person von Marina Tamassy die Bühne und greift fortschrittliche Themen auf, etwa die Digitalisierung. Bei diesem Stichwort eilt auch Klausi, OB der „prosperierenden Westpfalz-Metropole“, hinzu und bringt seine Kontakte von KL.digital ins Spiel. Der „Groove-Master“ vom 12. Stock schwingt seine grasgrüne Gitarre wie ein passendes Accessoire zu Merkels grünem Blazer und besingt „Wie sehr die Mutti ihm mal fehlt“. Der sonst in seiner Doppelrolle als Kabarettist und Musiker brillierende Tulius zeigt sich jedoch an diesem Abend an der Gitarre nicht ganz so lässig wie gewohnt. Die Krönung und gleichzeitig das Show-Ende ist das rockige Songduett Weichel/Merkel. Die Queen-Vorlage („The Show Must Go On“) wird kurzerhand zu „Wer nach mir kommt“. Wieder mal (un)tierisch gut gelungen!

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