Kaiserslautern Geist der Vergangenheit

91-94666290.jpg

„Rückkehr nach Montauk“ von Volker Schlöndorff ist der dritte deutsche Beitrag im diesjährigen Berlinale-Wettbewerb: Der melancholisch-nachdenkliche und ein wenig selbstverliebte Film führt allerdings in die USA und widmet sich einem universellen Thema: Lässt sich eine verlorene große Liebe neu beleben?

Einen Film ohne literarische oder politische Ambitionen wollte Volker Schlöndorff drehen. Das ist ihm – fast – gelungen. „Rückkehr nach Montauk“ ist die Selbstbefragung eines Mannes am Ende seiner Lebensreise, ein Blick zurück in Wehmut. Um nicht zu sagen: eine Altherrenfantasie. Denn in diesem Film, „dem Andenken an Max Frisch gewidmet“, steht ein Autor Anfang 60 zwischen zwei jüngeren Frauen. Und je länger der elegische Film voranschreitet, desto mehr fragen sich gerade Zuschauerinnen, was die beiden starken unabhängigen Frauen an diesem doch eher weinerlichen Kerl finden. Volker Schlöndorff, der Max Frisch nicht zuletzt durch seine Verfilmung von „Homo Faber“ gut kannte, hat mit dem irischen Autor Colm Tóibín Frischs autobiografische Erzählung „Montauk“ neu interpretiert: Der Schweizer erzählte von einer Wochenendaffäre eines Schriftstellers im Staate New York, in Montauk auf Long Island. In „Rückkehr nach Montauk“ (koproduziert von Til Schweiger) geht es nun um eine Wiederbegegnung: Der skandinavische Autor Max Zorn (Stellan Skarsgård) ist auf Lesereise in New York, um seinen Roman „The Hunter And The Hunted“ vorzustellen. Ein autobiografischer Stoff über verpasste Chancen. Genauer: über den Verlust der großen Liebe aus eigenem Versagen. Max ist zwar mit seiner Lebensgefährtin Clara (Susanne Wolff), die an der US-Veröffentlichung als PR-Spezialistin mitgewirkt hat, in New York. Doch vor allem will er Rebecca (Nina Hoss) treffen: Von ihr handelt das Buch, und er möchte sie nach 17 Jahren um eine zweite Chance bitten. Darüber, was im Leben wichtig ist, lässt Schlöndorff seinen Max eingangs mit direktem Blick in die Kamera sinnieren: Sind es genau zwei Momente? Jener, in dem man einen Fehler begeht, der sich nicht wieder gut machen lässt, sowie jener, in dem man etwas nicht wagt und dies später bereut? Aus der Grübelei, die zunächst noch nachdenklich stimmt, entwickelt sich jedoch ein bisweilen wehleidiges, eitles und egozentrisches Handeln: Diesem Max sind vor allem die eigenen Gefühle wichtig, nicht die seiner Frau(en), selbst wenn er gegenüber Rebecca später beteuert, für sie alles aufgeben zu wollen. Doch die Staranwältin hat ihr eigenes Päckchen zu tragen, lässt sich nicht so leicht manipulieren in diesem Versöhnungsversuch. Zweite Chancen gibt es nicht, lautet die vielleicht doch durchaus realistische Botschaft des Films, der zu viel über die sanfte winterliche Strandlandschaft erzählen möchte. „An diesem Ort ist man losgelöst von allem – der hohe Himmel, der flache Strand. Und auf einmal tauchen die Geister auf“, schwärmt Schlöndorff selbst von seinem ganz in sandbeige und blaugrau getauchten Schauplatz. Nina Hoss erscheint seltsam unwirklich in dieser Kulisse, ihr Spiel irritiert, wirkt wenig wahrhaftig. Stellan Skarsgård überzeugt weitaus mehr, besonders in den kurzen Momenten, wo dann doch der politische Filmemacher Schlöndorff aufscheint: Max Zorn darf – nicht zornig, aber bestimmt und menschenfreundlicher als zunächst gedacht – in einem Interview seine Sicht der aktuellen Lage Europas darlegen. Und so gelingt ein schönes Plädoyer für Europa als gemeinschaftlicher Kulturraum der Dichter, Denker und Künstler, die eine Vorliebe haben für gebrochene Helden. Ein US-Amerikaner, der von Glorie und Wirtschaftskraft träume, könne dieses Fundament schwerlich begreifen, sagt dieser sperrige Intellektuelle. Und: „Der Geist Europas wird überleben.“ Darüber verzeiht man Schlöndorff dann doch das sich entfaltende Liebesmelodram.

x