Kaiserslautern Gummizug und Fadenlauf

In den hohen, historischen Räumen des Wirtschaftshauses am Unterhammer sind zur Zeit außergewöhnliche Grafiken und Bilder zu sehen. Nahe an der Collage und dem Relief, verbleiben die Arbeiten von Claudine Kiefer informell und abstrakt, streckenweise nahe der Farbfeldmalerei. Oft sind es übernähte Schnittmusterbögen für Kleider, mal dazu noch mit Zeichnungen versehen, mal sparsam und pointiert übermalt.

Die 1974 in Saarlouis geborene, diplomierte Künstlerin hat sich etwas Neues einfallen lassen. Was im Bereich der Kunst schwer genug ist. Wirft man zunächst einen distanzierten Blick auf die mittelgroßen Arbeiten von Claudine Kiefer, so sieht man abstrakte Bilder, sparsam gefärbt in Schwarz, Ocker- und Brauntönen. Mal nahe der Farbfeldmalerei, mal nahe dem Fauvismus. Stimmige Formen, trefflich zueinander in Beziehung gesetzt und angeordnet, farblich nicht minder überzeugend angelegt. So weit, so gut. Doch es gibt noch eine weitere Ebene, auf der die bisher etwa in Saarbrücken, Homburg oder Wadern gezeigte Kunst Kiefers wirkt. Und diese Ebene verlangt einen sehr nahen Blick – von kurzsichtigen und weniger kurzsichtigen Zeitgenossen. Dann nämlich entdeckt man feine Nähungen auf Kleider-Schnittplänen. Und aufgedruckte Worte wie „Gummizug“, „Falte“ oder „Fadenlauf“. Koordinatengleich überziehen die Schnittlinien die Bilder und ergeben zusammen mit aufgedröselten, löchrigen und hochgewölbten Planteilen so etwas wie verschlüsselte Landschaftspläne. Reliefähnlich sind etliche der Werke ausgelegt, mit Berg- und Talfahrten zwischen all den strikten Anweisungen, die normalerweise dafür nötig sind, dass die genähten Kleider später nicht wie die eher rustikalen Überwürfe der Familie Feuerstein aussehen. Hier jedoch sind die Begriffe „Abnäher“, „Bruchlinie“ oder „Gummizug“ ihres eigentlichen Sinnes beraubt. Sie verleihen der Kunst von Claudine Kiefer einen durchaus skurrilen und schrägen Touch. Weiter ergeben die übernähten Teile, wieder auf Abstand betrachtet, diffuse und changierende Effekte. Die wiederum der Gesamtwirkung der Bilder durch ihre Wandelbarkeit etwas Lebendiges verleihen. Die seltene Zusammenstellung der über Strecken auch collagenhaften Arbeiten erscheint reizvoll und vielleicht sogar ein bisschen humorvoll. Was im Bereich der hehren Kunst ja nun auch nicht so häufig vorkommt. So lohnt sich der Ausflug ins schöne Karlstal in den kommenden Wochen nicht nur für Natur-, sondern auch für Kunstfreunde. Ausstellung Die Schau „Kleider machen Leute“ mit den Arbeiten von Claudine Kiefer ist bis zum 12. September, immer mittwochs bis sonntags von 12 bis 18 Uhr, im Wirtschaftshaus Unterhammer im Karlstal zu sehen.

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