Kaiserslautern Häälbeeremännche gibt Liebesständchen

Mit herzallerliebsten Songs am Start: Marina Tamassy.
Mit herzallerliebsten Songs am Start: Marina Tamassy.

„Für’s Göschle“ und „für’s Ärschle“: Die Untiere weckten am Donnerstagabend bei ihrer regelmäßigen Stippvisite im Edith-Stein-Haus Frühlingsgefühle. In ihrem neuen Programm „Im Märzen das Untier…“ gingen sie wieder pointenreich an die Missstände in Politik und Gesellschaft und begeisterten wieder mit blitzgescheiten Wortgewittern und anspruchsvoll-bissigen Gesellschaftsanalysen.

„Im Märzen das Untier sich niemals entspannt, es heget und pfleget Satire im Land...“ – und das nun seit geraumen sieben Jahren. Aber wie sang der britische Musiker Barry Ryan so schön: „Die Zeit macht nur vor dem Teufel Halt.“ Kein Wunder, dass auch die Untiere zwischen all dem satirischen Unmut gerne einen Blick zurück werfen. Der Untier-Urvater und „praktizierende Erinnerungs-Nostalgiker“ Wolfgang Marschall nahm das Publikum mit zurück zu den Zeiten, als die Marktstraße noch eine Straße und keine Zone war und auf dem Stiftsplatz noch der „Milchpilz“ stand. Als das „Häälbeeremännche“ (pfälzisch für Heidelbeeren-Männchen) durch die Straßen läutete, das VIM-Scheuerpulver noch in jedem Haushalt stand und das Mohnhörnchen noch beherzt in den Caro-Kaffee getunkt wurde. Und ganz besonders zu den Zeiten, als eine Badewanne-Füllung noch für eine vierköpfige Familie reichte und der gute alte Waschlappen noch effizient gebraucht wurde – ein Mal „fürs Göschle“ und einmal „fürs Ärschle“. Mit schwerem Gemüt blickte das Chef-Untier dagegen auf die heutige Politik, die einen solch beschrifteten Waschlappen gut gebrauchen könne. Während sich der kommunale Verwaltungsapparat darüber streite, ob ein gewaltsam herausgerissenes Buchsbäumchen in der Stadt nun in die Zuständigkeit des Amtes für Stadtbildpflege falle oder doch als wiedereinzupflanzendes Grüngut in die Zuständigkeit der „Koniferen“ im Grünflächenamt, konkurriere die Polit-Riege mit inhaltsleeren Phrasen. Der spitzzüngige Texter des Satire-Rudels reagiere bei solch inhaltsleeren „formpolitischen Statements“ seit Jahren mit „Mundtrockenheit und hartem Stuhl“ – zusätzlich zu seinem „Dobrindt-Diarrhö“. Solch schöne satirische Ausschweifungen weckten beim Publikum in der Tat Frühlingsgefühle. Mit gewohnt seismographischer Genauigkeit nahm Marschall die Gesellschaft ins kabarettistische Visier und sezierte akribisch das Kalkül des Polit-Personals. Hart und erbarmungslos ging das Satire-Schlitzohr mit der „Merkel-GroKo“ ins Gericht, deren Devise da laute: „Nicht das Erreichte zählt, sondern das Erzählte reicht.“ Insofern assoziiert der Satiriker mit der „GroKo“ einen Dackel – „wegen der kurzen Lügenbeine.“ Und die Entwicklungsrichtung der SPD innerhalb der Koalition bleibe auch spannend. Vielleicht sei „weniger Schnittmenge“ und „mehr Streitmenge“ mit der CDU auf lange Sicht besser für die Partei. Dass die deutsche Leitkultur immer noch mit zweierlei Maß messe, bewies Marschall mit einem Spiegel-Auszug aus dem Jahre 1990. Ein Artikel über die damaligen Übersiedler aus der DDR, dessen Wortlaut doch stark dem der aktuellen Berichterstattungen über die geflüchteten Asylanten ähnelte. Die Lautrer Lästerzungen – wie sich die Untiere selbst bezeichnen – hatten also wieder viel Stoff zum Aufregen. Nur Oberbürgermeister Klaus Weichel kam an diesem Abend glimpflich davon. Denn das Jung-Untier und „Klausi“-Alter-Ego Philipp Tulius war auf „mentaler Entschlackungskur“. Im April sei er aber in alter und neuer Frische wieder dabei. Dafür hatte man die Ludwigshafener Schauspielerin Petra Mott alias Adelheid Still in Boot geholt. Seit 2015 als regelmäßiger Gast bei den Untieren, wo sie unter anderem in den Klausi Chroniken mitwirkte, wurde sie nun zur neuen – unbezahlten – Untier-Praktikantin befördert. Mit feuchter Aussprache und einer Trommelfell-durchbrechenden Lache sorgte die adrett gekleidete Dame für einiges an Situationskomik. Zum Beispiel mit ihrem charmanten Liebesständchen an Martin Schulz oder der grazilen Tanz-Choreographie im Hintergrund beim traditionellen Amtsbesuch von Mutti Merkel – wiedermal perfekt persifliert von Untier-Lady Marina Tamassy. Das (un)tierische Treiben im März hatte die Erwartungen also wieder rundum erfüllt. Die Spielfreude gewohnt ausgelassen, die scharfzüngigen Attacken Marschalls gewohnt treffsicher und rhetorisch erstklassig – getreu dem Motto: Das Untier – „es hebt seine Stimme mal ernst, mal beschwingt“, aber immer auf den Punkt.

Gerngesehener Gast aus der Vorderpfalz: die Ludwigshafener Schauspielerin Petra Mott.
Gerngesehener Gast aus der Vorderpfalz: die Ludwigshafener Schauspielerin Petra Mott.
Tauscht schon mal gerne seinen „Seziertisch“ gegen das Schlagzeug ein: Untier-Mastermind Wolfgang Marschall.
Tauscht schon mal gerne seinen »Seziertisch« gegen das Schlagzeug ein: Untier-Mastermind Wolfgang Marschall.
x