Kaiserslautern Kaiserslautern: Zum Träumen schöne Balladen mit Stephan Flesch in der Fruchthalle

Bot ein gefühlvolles Balladenprogramm in der Fruchthalle: Stephan Flesch.
Bot ein gefühlvolles Balladenprogramm in der Fruchthalle: Stephan Flesch. Foto: VIEW

„Balladen sind für mich die Königsklasse“, sagt Stephan Flesch. Genau solche langsame, emotionsgeladene Songs, die mehr Freiheit für Ausdruck und Gefühl lassen, interpretierte die „Stimme Kaiserslauterns“ am Samstag in der Fruchthalle. Dazu hatte er die schönsten Balladen aus dem Pop-, Soul- und Jazzbereich ausgesucht. Begleitet wurde er von dem WND-Trio um Wolfgang Norman Dalheimer. Special Guest: Isabel Fuchs.

Gänsehaut schon gleich zu Beginn. Dalheimer, jahrelang Kopf der TV-Total-Band von Stefan Raab und derzeit musikalischer Leiter des deutschen ESC-Vorentscheids, erzeugt Sternenstaub am Keyboard und Max Müller am Sopransaxophon zauberhafte Silberfäden. Aus dem Bühnenhintergrund vernimmt man eine Stimme. Unverwechselbar die Stimme von Stephan Flesch, mittlerweile in Würde ergraut und mit leichtem Kinnbärtchen. „Somewhere“ aus Bernsteins Musical „West Side Story“ singt er mit so viel Gefühl, dass der Hörer die Hauptrolle des Musicals, Maria, vor Augen hat, wie sie den erschossenen Tony in ihren Armen hält.

Flesch befindet sich wieder in Hochform. Agil und voller Verve ist seine Stimme, von unglaublicher physischer und spiritueller Präsenz. Wenn er Elton Johns „Can you feel the love tonight“ intoniert, changiert seine Stimme zwischen Kehlkopfakrobatik und Engelszunge. Gekonnt dosiert er die Dynamik zwischen Pianissimo und Forte, erreicht, wie in „When the light go down“, höchste Höhen, und trotzdem bleibt seine Stimme makellos.

Es ist aber nicht nur die Stimmkraft und der große Stimmenumfang, die den Hörer staunen lassen. Flesch versteht auch was von dynamischem Abstufen und, je nach Stimmungslage, vom Wechseln der Klangfarben. Das zeigt sich besonders in einem seiner Lieblingsstücke, „Your Song“ von Elton John. Zum Träumen schön kommt das Phil-Collins-Lied „Separate lives“ daher, den er mit Isabel Fuchs singt. Wenn die beiden sich abwechseln und sich wunderbar ergänzen, spürt man Gänsehaut den Rücken runter rieseln.

Fuchs und Flesch erzeugen Gänsehaut

Eine Ballade ist schöner als die andere. „Don't know why“ von Nora Jones ist ein Smooth-Jazz, jazziger als die Pop-Balladen. Isabel Fuchs intoniert diesen Song auf subtilste Weise. Auch ihre Interpretation ist gespickt mit atmosphärischen Wechselbädern und unerwarteten Stimmungsumschwüngen. Müllers Balladenstil auf dem Tenorsaxophon schmeichelt den Gehörgängen und ist voll Melancholie und längst verlorenem Zauber. Dalheimers differenzierte Anschlagskultur auf dem Klavier kann Töne beseelen: von gerade noch über dem Schweigen schwebenden Harfen-Arpeggien bis hin zu fingerbrechender Expressivität. Äußerst nuanciert begleitet Bennie Koch am Schlagzeug, während Claus Fischer mit erdiger, tiefdunkler Trockenheit im Ton den Bass spielt.

Als Stimmungskollage aus Erhabenheit, Pathos, Humor und Depression interpretiert Stephan Flesch den Song „Caruso“ von Lucio Dalla und wirft dabei seine ganzen Emotionen hinein in diese Hommage an den Jahrhundert-Tenor Enrico Caruso. Wunderbar perlend begleitet Dalheimer am Klavier, und während Fleschs Stimme am Schluss schier im Nichts verklingt, liefert er noch eine pianistische Kür –unspektakulär, aber von bleibender Wirkung.

Einer der absoluten Höhepunkte unter so herrlichen Songs wie „When we were young“ von Adele, „Was wirklich zählt“ von Heinz Rudolf Kunze, oder „Spain“ von Chick Corea ist „Put the weight on my shoulders“ von Gino Vanelli. Samt, Feuer und Stahl legte Flesch in dieses Lied, begleitet von Dalheimer: mal schwebend, voll anmutiger Schönheit, dann wieder aufreizend exaltiert.

Mit spröder Schönheit navigieren Dalheimer und Band. Niemand verfällt bei diesem Konzert in effekthaschenden Aktionismus. Die Ausgewogenheit der Instrumente untereinander, verbunden mit der Qualität des genauen Aufeinanderhörens, bekommt diesem Konzert bestens. Begeisterter Beifall. Zwei Zugaben.

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