Kaiserslautern Kein Glanz, kein Gloria

Ob er freiwillig geht oder am Ende gegangen wird – für Alexander Koch scheint das Kapitel Berlin beendet zu sein. Der Präsident des Deutschen Historischen Museums (DHM) im barocken Zeughaus Unter den Linden hat das Vertrauen des Kuratoriums und der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) verloren. Dem früheren Leiter des Historischen Museums der Pfalz in Speyer wird eine autoritäre Amtsführung und ein willkürliches Ausstellungsprogramm nachgesagt.

Ein „wunderbares Haus mit wunderbaren Aufgaben“, ein tolles Team („dialogbereit“) und eine Stadt, in der er mittlerweile „angekommen“ sei. So beschrieb Alexander Koch 2011 bei seiner ersten Pressekonferenz als neuer DHM-Präsident seine Eindrücke. Koch vermittelte damals vor allem eine Botschaft, nämlich dass er Großes vorhabe. Er wollte seine Wirkungsstätte in der Hauptstadt zu „dem“ deutschen Geschichtsmuseum machen. Auf die Frage, wie das geschehen möge, blieb Koch eine Antwort schuldig. Bis heute, übrigens. Man muss dem 49-Jährigen zugestehen, dass sein Start in der Hauptstadt nicht einfach war. Zum einen hatte sein Vorgänger, Hans Ottomeyer, ein Haus zurückgelassen, in dem Missgunst und Vetternwirtschaft herrschten. Zum andern schlug Koch die Häme der Hauptstadtmedien entgegen, die in ihm den „Museumsleiter aus der Provinz“ sahen. Dass Koch mit seiner arrogant wirkenden Art die Sache nicht besser machte, liegt nahe. Wissenschaftlichen Mitarbeitern gegenüber pflegt Koch die Welt in formelhaften Wendungen zu erklären, die alles und nichts bedeuten können. Es hat sogar einen Mediationsversuch gegeben, um die Beziehung des Direktors zu seinem Personal zu kitten. Der Ausdruck „Schaumschläger“ soll gefallen sein, von Mobbing war die Rede. Konzeptionell blieb Koch im Vagen. Bei jener ersten, rückblickend bizarr zu nennenden Pressekonferenz kam der gebürtige Bremer zu der schlichten Erkenntnis, dass die um das Jahr 2000 konzipierte Dauerausstellung zur deutschen Geschichte einer gewissen Renovierung bedürfe, einer „Akzentuierung und Fokussierung“. Bis heute ist nicht klar, was Koch damit meinte, zumal er die Dauerausstellung im Wesentlichen unverändert ließ. „Er hat nicht geliefert“, heißt es aus Mitarbeiterkreisen. Ein weiteres Problem: Koch als Frühgeschichtler und Archäologe publizierte über Fibeln der Merowingerzeit, Mausoleen der chinesischen Tang-Dynastie und über die Westgoten. Dafür mag er in Fachkreisen Anerkennung geerntet haben, in Berlin aber ist ein Faible für die Neuzeit gefragt und ein Konzept für die historische Selbstreflexion der Bundesrepublik. Um dieses Manko auszugleichen, holte Koch aktuelle Ausstellungen anderer Häuser ins DHM – oft zusammen mit den dortigen Kuratoren. Das wiederum erfüllte die hauseigenen, nunmehr in die Zuschauerrolle gedrängten Wissenschaftler mit wenig Begeisterung. Noch in diesem Monat wollte Koch erneut eine eingekaufte Schau eröffnen. Es ist die vom Bonner Haus der Geschichte der Bundesrepublik vor zwei Jahren konzipierte Ausstellung „Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland“. Was Kulturstaatsministerin Grütters offenbar schwer belastet, ist das Nebulöse an Kochs Konzept. Denn das nationale Vorzeigemuseum mit einem üppigen Etat von 49 Millionen Euro jährlich wird in naher Zukunft in Konkurrenz stehen zum Humboldt-Forum im rekonstruierten Stadtschloss. Der renommierte britische Museumsexperte Neil MacGregor wird Leiter der Gründungsintendanz. Schon jetzt gilt die geplante Einrichtung als Kulturprojekt von höchster Güte, während auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Deutsche Historische Museum als Haus ohne Glanz und Gloria firmiert. Selbst eine eigens angestellte PR-Expertin vermochte den Ruf Kochs nicht aufzupolieren. Sie kündigte nach wenigen Wochen. (Foto: Lenz)

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